Helmut Vorndran will grausam werden
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Freitag, 25. August 2017
Der fränkisch-kabarettistische Autor stellte seinen siebten Krimi vor. "Der Jade-Sauropsid" bleibt skurril wie eh und je.
Leute umbringen und den Kriminalfall dann lösen lassen - das kann doch jeder. Jeder Krimiautor, meint Helmut Vorndran. Das viel Schönere ist doch das, was drum herum und nebenbei passiert, mit den Bamberger Ermittlern Haderlein und Lagerfeld und Riemenschneider, ja, ganz besonders: Was macht das nie größer werdende Ermittlerschweinchen Riemenschneider?
Man wird auch bei den Lesungen zu Helmut Vorndrans siebtem Frankenkrimi, die jetzt zur Freude seiner großen Fangemeinde wieder im ganzen Frankenlande anstehen, nicht erfahren, worum es eigentlich geht. Auch wer wissen will, was "Der Jade-Sauropsid", so der Titel, ist, der muss das Buch schon selber lesen.
Is' aber sowieso "wurscht", wie Vorndran zu sagen pflegt und trifft in der Einschätzung seiner eigenen kriminaltechnischen Literaturambitionen voll ins Schwarze. Denn dem ehemaligen Kabarettisten von TBC geht es doch viel mehr um die Skurrilitäten dieser Welt, der Menschen an sich und der Franken insbesondere. Und die wiederum von ihm selbst vorgetragen zu erleben, sind noch einmal eine Kategorie mehr als selbst zu lesen. - Das gibt eine hartnäckige Verehrerin des Buches und nichts als des Buches zu.
Dieser Vorndran-Kabarett-Krimi spielt ganz viel in Coburg und Umgebung, und erstmals erfreute der Autor mit Vorliebe auch für ungewöhnliche Leseorte die Neustadter mit einer Premiere. Der Chef der Buchhandlung Markus Stache hatte in seinen romantischen Hinterhof, in den halboffenen Schuppen geladen und freute sich, "dass wir Neustadter diesmal vor den Coburgern dran sind." Bei der Premiere im trügerisch friedlich schwindenden Sommerabendlicht folgte also eine kabarettistische Einlage, eine aus sich selbst lebende kleine Szene der anderen:
"Lagerfeld", mittlerweile Vater geworden, hält es nicht mehr aus unter dem Gesundheits- und Regulierungswahn seiner Ute. Das Soja-Schäufele mit Knochen aus gepresstem Bioholz, das war zu viel für den eingefleischten Franken. Er will sein altes Leben wieder haben.
Die komplett digitale Frau
Die Verstörung geht so weit, dass Lagerfeld im Traum der längst verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs erscheint und seine allergenialste neue Erfindung vorstellt: die erste komplett digitale Frau der Welt, "IWoman". Sie räkelt sich an Lagerfeld heran und flüstert ihm ins Ohr: "Ich hasse Tofu."Riemenschneider soll im Wildpark Tambach seine wilden Artgenossen kennenlernen, ist von deren Aussehen erst entsetzt ("Haben die kein Bad?"), verliebt sich aber umgehend, weshalb Lagerfeld dem offensichtlich doch irgendwie geschlechtsreif gewordenen Schweinchen später ein Date verschaffen will. Um aber Folgen zu verhindern, präpariert er Lauensteiner Pralinen mit Antibaby-Pillen. Die Lauensteiner sind allerdings die Lieblingspralinen seines Chefs Robert Suckfüll, der die Schachtel in einem Zugriff leert. Es kommt zu dramatischen hormonellen Turbulenzen.
Der Trend geht zum Grausamen
Und so fort mit den Blödeleien. Was bei Vorndran offensichtlich selbst Irritation ausgelöst hat. Da im Literaturkrimitechnischen der Trend gegenwärtig verstärkt zum Grausamen geht, will auch er nicht zurückstehen: "Es werd fei desmol scho hard, gell", kündigt er an, "zwischen lustig und ganz schlimm", während seine Zuhörer weiter im Grinse-Modus verharren. Doch gleich die Eingangsszene, in der dem talentlosen Hobbyzauberer Markus Wild von einer weiß vermummten Gestalt die Augen herausgeschnitten werden, und wie sich später herausstellt, nicht nur die, also, die is fei scho... Und dass dann aus dem beim Rechtsmediziner Siebenstätter in Erlangen als "unvollständiges Ersatzteillager" angelieferten Leichnam ein Handy aus dem Torso klingelt...
Helmut Vorndran scheint seine pikierte Formulierungsweise, mit der er Situationen zerlegt und minutiös beschreibt, immer weiter zu treiben. Dafür muss man beim Lesen durchaus Geduld aufbringen. Doch je mehr Vorndran, desto schräger guckt man dann selbst auf seine Umwelt und seine Umgebung.
Der Autor kündigte zum Abschluss der ausdauernden Lesung an, dass er nächstes Jahr zuverlässig seinen nächsten Krimi bringen werde, sein zehntes Buch dann, das auf jeden Fall etwas ganz Besonderes werde, wenn er auch noch nicht wisse, was. Da seine Krimititel dem Alphabet folgen und das K dran ist, wird es "Kamuel 10" heißen. Eine Geschichte zum Titel wird sich schon ergeben. Bei Vorndran garantiert.
Helmut Vorndran, geboren 1961 in Bad Neustadt an der Saale, lernte Schreiner und begann Sozialpädagogik zu studieren. Mit dem Totalen Bamberger Cabaret, das er 1984 mitbegründete, begann die Kabarettkarriere Vorndrans, vielen auch als "Stöcker" bekannt. Daneben arbeitete er als Autor unter anderem für Antenne Bayern und das Bayerische Fernsehen. Vorndran lebt in einer alten Mühle an der Itz in Rattelsdorf, wo er einen Kanuverleih betreibt und Ferienwohnungen vermietet. 2009 erschien beim renommierten Emons Verlag in Köln sein erster Frankenkrimi "Das Alabastergrab".
WEITERE LESUNGEN
Untermerzbach am 31.August um 19 Uhr im Garten der Familie Kirchner, Schlossstraße.
Ahorn am 27. September um 20 Uhr in der Alten Schäferei (Vorverkauf (10 Euro) in der Coburger Buchhandlung Riemann.
Bad Rodach am 26. Oktober um 19 Uhr in der Evangelischen Bücherei am Schlossplatz
Helmut Vorndran: Der Jade-Sauropsid. Franken Krimi. Emons Verlag Köln, 297 Seiten, 11,90 Euro.