Handwerk, Herz und harte Arbeit
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Freitag, 20. August 2021
Ramona Brehm kandidiert im Wahlkreis Coburg/Kronach für die SPD. Als "Frau aus der Mitte der Gesellschaft" will sie nun politisch richtig durchstarten.
Wenn Ramona Brehm an ihre 2020 verstorbene Mutter denkt, dann hört sie sie auch immer den Satz sagen: "Mach das, was Dich glücklich macht! Du hast nur das eine Leben!" Ihren Traumberuf, der sie glücklich macht, hat sie als Schornsteinfegerin längst gefunden. Nun will die 31-Jährige auch in der Politik richtig durchstarten. Den ersten Schritt hat sie schon 2020 getan. Seit den Kommunalwahlen im März sitzt sie für die SPD im Coburger Stadtrat. Nun tritt sie - als einzige Frau im Kandidaten-Reigen - auch zur Bundestagswahl am 26. September an.
Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr erzielte sie auf Anhieb das viertbeste Ergebnis der SPD-Stadtratsfraktion. "Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Doch auch wenn sie damals noch nicht politisch in Erscheinung getreten war, kannten die Coburger schon ihr Gesicht. 2018 war Ramona Brehm zur "Miss Handwerk" gekürt worden und daraufhin als Botschafterin des Handwerks und des Coburger Landes ein Jahr lang in ganz Deutschland unterwegs gewesen.
SPD-Oberbürgermeister Dominik Sauerteig war derjenige, der sie letztlich animierte, ihre Bekanntheit für die Bundestagswahl zu nutzen. "Wir saßen im September 2020 zusammen und haben uns über den Wahlkampf unterhalten", erinnert sich Ramona Brehm. "Du bist die perfekte Kandidatin", habe ihr der OB versichert. "Wir sind eine Arbeiterpartei, Du bist Handwerkerin, weißt, was harte Arbeit bedeutet, bist jeden Tag bei den Menschen und hörst, was los ist." Die 31-Jährige musste bei so viel Lob erst einmal lachen, wie sie erzählt - und dann in aller Ruhe darüber nachdenken.
Ihre Familie habe ihr sofort ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesagt, erzählt Ramona Brehm. Auch aus dem Freundeskreis habe sie viel Zuspruch erhalten. Und natürlich kamen ihr auch wieder die Worte ihrer Mutter in den Sinn. "Und dann dachte ich, wann, wenn nicht jetzt?"
Im vergangenen Februar erhielt Ramona Brehm, die ohne Gegenkandidaten angetreten war, in einer virtuellen Nominierungskonferenz 96 Prozent der rund 70 Delegiertenstimmen. So einfach wird es bei der Bundestagswahl selbst wohl nicht werden. Auf der Bayern-Liste der SPD rangiert sie im Mittelfeld auf Platz 26. "Das wird sportlich!", sagt sie. Andererseits glaube sie, dass viele Wähler erst am Wahltag selbst entscheiden werden, wem sie ihre Stimme geben. "Das wird noch spannend!"
Wie die Wahl am 26. September ausgeht, darüber will Ramona Brehm nicht spekulieren. Wo sieht sie selbst ihre Vorteile? "Im Vergleich zu den anderen Kandidaten bin ich näher am Bürger dran", sagt die 31-Jährige. Als Schornsteinfegerin betreut sie im Coburger Kehrbezirk 5 rund 3500 Haushalte. "Ich bin bei den Menschen zu Hause und da wird eben nicht nur über die Heizung gesprochen. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht die typische Handwerkerin bin, die nur ihren Job macht." Zeit für einen kleinen Schwatz bleibe immer. "Diese Art der Kundenpflege brauche ich!"
Lehrjahre machten sie stark
Geboren ist Ramona Brehm 1990 in Sonneberg. Ihr Vater war dort Lehrer, ihre Mutter schulte nach der Wende um und arbeitete viele Jahre als examinierte Altenpflegerin, wie Ramona Brehm erzählt. Sie habe eine sehr schöne Kindheit gehabt, sei behütet und naturnah aufgewachsen, bis 1998 in Sonneberg, dann in Effelder.