Häftlinge als Zeugen bei Neustadter Brandstifter-Prozess
Autor: Gabi Arnold
Neustadt bei Coburg, Freitag, 24. Juli 2015
Am dritten Verhandlungstag um die Straftaten des mutmaßlichen Brandstifters aus Neustadt wurden mehrere Zeugen vernommen, die direkt aus dem Gefängnis in den Zeugenstand geführt wurden. Manches bleibt verworren.
Der Prozess gegen einen 36-jährigen Neustadter, der unter anderem wegen Brandstiftung vor Gericht steht, geht weiter. Am dritten Verhandlungstag stand die Vernehmung weiterer Zeugen im Fokus. Die Aussagen sollen Aufschluss über den Gesundheitszustand und die Schuldfähigkeit des Leiharbeiters geben.
Zeugin: Zwiespältige Beziehung
Sehr ausführlich befragten Richter Gerhard Amend, Staatsanwalt Michael Koch und vor allem Psychiater Cornelis Stadtland aus München eine 37-jährige Bankangestellte. Die Neustadterin war mit dem Angeklagten von 2008 bis zum November 2009 befreundet. Sie beschrieb die Beziehung als zwiespältig; es habe sehr schöne, ruhige und harmonische Momente gegeben, aber auch Situationen, in denen er völlig grundlos ausgerastet sei. "Ein falsches Wort und er war eine andere Person", erinnerte sie sich. Er habe kein Vertrauen gehabt, sich von seiner Umgebung und Personen, die ihm nahestanden, belogen und betrogen gefühlt.
Selbstmordabsichten geäußert
Auf Nachfrage erzählt sie, er habe Selbstmordabsichten geäußert und sich einen Strick geknüpft. "Es war nicht im normalen Rahmen, für mich war es eindeutig, dass er Hilfe braucht." Als die Situation eskalierte und er sich gewaltsam Zugang zu ihrer Wohnung beschaffen wollte, rief sie die Polizei zur Hilfe.
Ein Beamter berichtete, der Beschuldigte habe im Polizeifahrzeug getobt, man habe ihm auf der Wache Fesseln anlegen müssen, da er immer wieder versucht habe, sich selbst zu verletzten. " Er ist regelrecht ausgetickt, trotz Fesseln hat er versucht, seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen."
Eine weitere Freundin erzählte, dass sie mehrere Haftstrafen verbüßt habe, nun seit dem 1. Juli dieses Jahres auf freiem Fuß und wieder mit dem Angeklagten in einer Beziehung sei. Mit dem 36-Jährigen habe sie bis zu ihrem Gang ins Gefängnis zusammengelebt. Damals seien sie beide arbeitslos gewesen, sie habe Crystal konsumiert. Auf die Frage nach Alkoholkonsum antwortete sie: "Klar haben wir gesoffen, Bier und Schnaps, einen halben bis einem dreiviertel Kasten Bier am Abend."
Ihr Partner habe ihres Wissens nach keine Drogen zu sich genommen, aber das ärztlich verordnete Antidepressivum Tavor. Diese Tabletten habe sie einmal in Verbindung mit Crystal ausprobiert und sei danach ausgerastet - mit der Folge: "Da kann man sich nicht mehr erinnern."
Verschiedene Drogen zugleich
Richter Amend fragte, warum sie die Medikamente ihres Freundes einnehme. Sie antwortete: "Ich bin doch polytox, da probiert man das halt aus."
Die Mitinhaftierten aus dem Knast wurden teils in Fußfesseln in den Zeugenstand geführt, alle beschrieben den Angeklagten als ganz normal, sehr ruhig, als einen, der nicht viel von sich erzähle. "Er hat nur gesagt, dass er wegen Brandstiftung sitzt, aber er könne sich nicht erinnern."
An die Wand gestarrt
Auch über die Herkunft seiner Bauchverletzung habe er nichts erzählt. Eine auffällige Situation beschrieben die Zellengenossen und ein Vollzugsbeamter dann doch. Nach dem Erhalt eines Briefes habe sich der Angeklagte stundenlang von 20 Uhr bis Mitternacht in der Toilette eingeschlossen und gegen die Wand gestarrt.