Haba geht offensiv ins Heimspiel
Autor: Berthold Köhler
Bad Rodach, Samstag, 28. Januar 2017
Vertriebs-Geschäftsleiter Michael Hopf setzt auf "Kullerbü" und "Little Friends" als Schwerpunkte bei der Spielwarenmesse.
Es stehen stressige Tage an für Michael Hopf, den Geschäftsleiter Vertrieb und Marketing bei Haba: Am kommenden Mittwoch beginnt die Spielwarenmesse in Nürnberg, für einen führenden Spielzeughersteller natürlich eine Pflichtveranstaltung.
Im Gespräch mit dem Tageblatt erzählt Hopf, warum Haba gerne nach Nürnberg fährt und warum Holzspielzeug immer seinen Platz im Kinderzimmer haben wird.
Wie steht die Spielwarenmesse im internationalen Vergleich da?
Michael Hopf: Messen verlieren in allen Branchen zunehmend an Bedeutung, alle kämpfen mit einem leichten Minus bei den Besucherzahlen. In unserem Markt gibt es eine riesige Konzentration, die Zahl der Einzelhändler sinkt stetig. Aber das alles sagt nichts über die Qualität der Spielwarenmesse aus. Sie ist, trotz ähnlicher Veranstaltungen in Hongkong und New York, weltweit die absolute Leitmesse und hat eine enorme Bedeutung für die Branche.
Werden auf der Spielwarenmesse noch große Aufträge geschrieben?
Die Spielwarenmesse ist keine Ordermesse mehr. Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation finden quasi keine Spontanbestellungen mehr statt. Vor 15 Jahren haben wir noch zehn Prozent unseres Umsatzes auf der Spielwarenmesse gemacht, heute ist das nicht einmal mehr ein Wochenumsatz. Pauschal gesagt: Je größer die Firma, desto kleiner die Aufträge. Bei kleinen Unternehmen, die entdeckt werden wollen, kann es also durchaus anders sein als bei uns.
Wie groß ist der personelle und finanzielle Aufwand für ein Unternehmen wie Haba?
Riesig. Die finanzielle Seite kann ich nur grob umreißen - 150 000 Euro werden es sicher sein. Unser Stand hat 600 Quadratmeter und repräsentiert natürlich auch von der Dekoration her unsere Marke. Wir sind mit 35 Mitarbeitern vor Ort, die ersten Vorbereitungen beginnen rund ein halbes Jahr vor der Messe. Wir machen uns dabei viele Gedanken, weil wir mit dem Stand den Händlern Ideen geben wollen, wie sie mit unseren Produktion ihre Schaufenster gestalten können. Aber eines ist klar: Diesen Umfang könnten wir nirgendwo anders auf dieser Welt fahren!
Warum ist das so?
Weil wir in Nürnberg Heimvorteil haben. Dank unserer eigenen Möbelfertigung haben wir auch eine Musterbau-Abteilung, mit der wir unseren Stand komplett alleine fertigen - vom Teppichboden bis zur letzten Glühbirne quasi. Der enorme logistische Aufwand wäre woanders für uns nicht bezahlbar. Nur durch die Nähe zu Nürnberg bleibt das alles für uns machbar. Bis auf ganz wenige Personen, die wir schon in der Früh und am Abend am Stand brauchen, fahren auch alle Mitarbeiter täglich mit einem Shuttle-Bus nach Nürnberg und wieder zurück.
Es klingt so, als würde sich Haba in Nürnberg pudelwohl fühlen?
Absolut. Wir sind ja nicht umsonst seit 1950 als Aussteller dabei. Die Geschäftsführung der Spielwarenmesse macht einen super Job und arbeitet hochprofessionell. Es gibt für mich keinen Anlass zur Kritik.
Wagen Sie auch einen Blick in die langfristige Zukunft der Spielwarenmesse?
Der ist schwierig. Sowohl bei den Herstellern als auch beim Handel gibt es riesige Konzentrationstendenzen. Da ist es ehrlich gesagt unmöglich, eine Prognose abzugeben.
Welche Neuvorstellungen wird Haba auf der Spielwarenmesse präsentieren?
Wir setzen zwei Schwerpunkte. "Kullerbü" ist Systemspielzeug aus Holz. Systemspielzeug hat den Vorteil, dass man mit ihm einen breiten Raum im Markt abdecken kann. Genau deshalb haben Firmen wie Playmobil und Lego in den vergangenen Jahren sehr gute Zahlen geschrieben. Mit "Little Friends", das sind Figuren aus Kunststoff, haben wir vor anderthalb Jahren angefangen, bei der Spielwarenmesse wollen wir dieses Produkt forcieren. Hier entstehen ganze Spiel-Landschaften, weil über Jahre ein Nachkauf möglich ist. Wir sind von "Little Friends" so überzeugt, dass wir damit sogar im November und Dezember in die Fernsehwerbung gehen werden. Deshalb bekommen "Kullerbü" und "Little Friends" auch am meisten Platz in unserem Messestand.
Hat Holzspielzeug eine Zukunft auf dem Markt?
Die Wurzeln von Haba liegen im Holzspielzeug, das verleugnen wir gewiss nicht. Aber wir sind einer der letzten Hersteller, die noch in Deutschland fertigen. Der Marktanteil von Holzspielzeug liegt nur bei stabilen drei Prozent vom Spielwarenmarkt. Daher sind die Wachstumschancen in diesem Bereich sehr überschaubar. Man kann sich also nicht ausschließlich auf diesen eingeschränkten Markt konzentrieren.
In den vergangenen Jahren hat sich Haba einen zunehmend guten Ruf mit seinen Brettspielen gemacht. Wie wichtig ist diese Sparte für Sie?
Spiele sind besonders im Export eine wichtige Säule. Wir haben oft fünf bis sechs Länder-Ausgaben pro Spiel im Programm, manche Spiele haben eine Exportquote von bis zu 50 Prozent.
Welche Entwicklung in der Spielwarenbranche sehen Sie als besondere Herausforderung für die Zukunft?
Klar ist: Alles wird schnelllebiger, die Lebenszyklen von Spielwaren werden zunehmend kürzer. Früher blieb ein erfolgreiches Produkt auch mal sechs, sieben Jahre auf dem Markt. Das gibt es heute nicht mehr. Wir präsentieren jährlich rund 300 Neuheiten, die dann rund einen Drittel des Jahresumsatzes ausmachen. Das ist der Druck, dem wir uns heute stellen müssen.
Gibt es eine Art von Spielzeug, an der das Herz von Michael Hopf besonders hängt?
Ich habe vor 35 Jahren hier bei Haba angefangen, schon da waren wir der Spezialist bei Holzspielzeug. Da sind wir auch heute noch top, aber die Bedeutung dieser Elementarspielwaren, zum Beispiel Holzbausteine, lässt nach. Ich finde das nicht schön, aber wir müssen uns eben nach dem Markt richten.
Steht das klassische Spielzeug über kurz oder lang vor dem Aus?
Sicher nicht! Traditionelles Spielzeug hat sich auf dem Markt zuletzt sehr gut behauptet und seine Bedeutung gewiss nicht verloren. Es ist nämlich nicht so, dass Kinder heute ihre Freizeit komplett vor dem Computer verbringen. Natürlich: Kinder wachsen heute mit Elektronik auf, aber Interaktion mit anderen Menschen und Kreativität sind Elemente, bei denen das traditionelle Spielzeug auch heute noch nicht zu schlagen ist.
Hat man als Geschäftsleiter für Marketing und Vertrieb die Chance, während der Spielwarenmesse einmal den eigenen Stand zu verlassen und schauen, was denn die Mitbewerber so zu bieten haben?
Auf jeden Fall. Einmal durch die Messe zu laufen, das gehört für mich zum Pflichtprogramm. Die Spielwarenmesse ist eine wichtige Plattform, um auch mit anderen Herstellern ins Gespräch zu kommen. Der Dialog von Hersteller zu Hersteller ist mir sehr wichtig. Mit den Jahren lernt man viele Leute kennen, die man immer wieder gerne trifft.
Das Gespräch führte
Berthold Köhler.
Fakten und Zahlen zur Spielwarenmesse
Die Messe Über 2800 Aussteller aus mehr als 60 Ländern sind vertreten, davon 820 Aussteller, die auf keiner anderen Messe vertreten sind. Die Spielwarenmesse hat mehr als 70 000 Besucher aus 120 Ländern. Zu sehen sind auf der Messe rund eine Million Produkte, darunter 75 000 Neuheiten.
Coburger Land Folgende Firmen aus dem Coburger Land sind vom 1. bis 6. Februar bei der Internationalen Spielwarenmesse vertreten; Hornby Deutschland (Rödental), Andreas Weichelt (Ahorn), Howa Spielwaren (Neustadt), Roba Baumann (Ebersdorf bei Coburg), Haba (Bad Rodach), Fehn, Hauck (Sonnefeld), Götz (Rödental), Heunec (Neustadt), Müller Festartikel (Neustadt), Oberfränkische Glas & Design (Neustadt), Eduplay (Lautertal), Rolly Toys (Neustadt) und Hermann Spielwaren (Coburg).