Gute Basis für das Bad Rodacher Ökokonzept
Autor: Martin Rebhan
Bad Rodach, Dienstag, 29. Sept. 2020
Der Diplom-Biologe Frank Reißenweber sieht die Stadt Bad Rodach im Hinblick auf das neue Naturschutzgesetz gut aufgestellt.
Umwelt- und Klimaschutzthemen beherrschten die jüngste Sitzung des Ausschusses für Bau, Umwelt und Digitalisierung des Stadtrates. Dem gesamten Gremium war der unbedingte Wille anzumerken, nicht nur über brisante Themen zu sprechen, sondern diese auch aktiv anzugehen. Als erstes Zeichen dafür sprach man sich einstimmig dafür aus, einen Klimaschutzbeirat ins Leben zu rufen. Die Verwaltung wurde beauftragt, eine Vorlage zu erarbeiten, in der die Besetzung des Beirates, dessen Aufgaben und auch der offizielle Name verankert sind. Diese soll dann dem Stadtrat bei der nächsten Sitzung zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Seit dieser Legislaturperiode hat die Kurstadt mit Werner Zoufal (Grüne/offener Kreis) einen Beauftragten für Umwelt- und Klimaschutz. Dieser zeigte dem Ausschuss auf, dass er klare Vorstellungen von seiner Arbeit und seiner Stellung innerhalb der gemeindlichen Administration hat. So stellte Werner Zoufal fest: "Der Beauftragte für Umwelt- und Klimaschutz unterliegt keinen fachlichen Weisungen der Stadt Bad Rodach. Er entscheidet selbst über Art und Umfang der Beteiligungsmöglichkeiten im Rahmen seiner Tätigkeit." Außerdem sieht er den Beauftragten berechtigt, sich bei städtischen Dienststellen und Einrichtung Informationen einzuholen, die für seine Tätigkeit von Belang sind.
Noch einen Schritt weiter ging er, indem er verlangte, dass der Beauftragte von Anfang an bei umwelt- und klimaschutzrelevanten Themen zu beteiligen sei. Explizit forderte er diese Beteiligung bei Bauleitplanungen, Änderung von Wohnbebauung, Gewerbeansiedlungen, Straßen- und Wegeausbau sowie bei den Themen Mobilität und energetische Sanierung ein.
Für ergebnisorientierte Arbeit
Zoufal sprach sich auch für eine effiziente Öffentlichkeitsarbeit aus. Diese darf aus seiner Sicht nicht zu einer Produktion von Schlagzeilen führen, sondern soll in eine ergebnisorientierte Arbeit münden. Dazu gehört nach seinen Vorstellungen auch die Vorbereitung und Durchführung von Informationsabenden zum Thema Umwelt- und Klimaschutz. "Wichtig ist eine rechtzeitige und gründliche Information der Bürger", betonte Zoufal.
Am Anfang der Sitzung stand ein umfangreiches Referat des Diplom-Biologen und Geschäftsführers des Landschaftspflegeverbandes (LPV), Frank Reißenweber, zum Thema "Ökokonzept der Stadt Bad Rodach". Bevor er sich der speziellen Situation der Kurstadt widmete, ging er auf das neue Naturschutzgesetz ein, das in der Folge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" entstanden ist.
Umfangreiche Verpflichtungen
Reißenweber betonte, dass nach dem Gesetz den Kommunen eine besondere Vorbildfunktion bei der Bewirtschaftung ihrer Grundstücke zukommt. Dem Gremium führte er vor Augen, welche umfangreichen Verpflichtungen sich aus dem Gesetz nicht nur für die Kommunen ergeben. Die Kurstadt sieht er hierbei "nicht schlecht aufgestellt". "Es gibt ökologisch hochwertige Flächen, die bereits vom LPV gepflegt werden", betonte er.
Dem Gremium zeigte er auf, welche Maßnahmen er sich für städtische Flächen vorstellen könnte. So befürwortete er unter anderem, die erste Mahd nicht vor Mitte Juni durchzuführen, auf Düngung und Pflanzenschutz grundsätzlich zu verzichten, innerörtliche "Wildnisflächen" anzulegen und in Regenrückhaltebecken kleine Tiefzonen auszubaggern.
Ein Hauptaugenmerk soll die Stadt nach seinen Worten auf Bildung und Beratung legen. Auch sprach er sich eindeutig für die Weiterbildung eines Bauhofmitarbeiters zum "Geprüften Landschaftspfleger" aus, wohlwissend, dass ein entsprechender Antrag von Matthias Thumser (ÖDP) bereits abgelehnt wurde.
Auf Nachfrage von Christoph Herold (CSU) erklärte Frank Reißenweber, dass für die Stadt lediglich bei investiven Maßnahmen ein Eigenanteil von 15 Prozent der Kosten entstehe. Derzeit übernehme der Landkreis Coburg diesen Part.
"Die Bevölkerung mitnehmen"
Michael Pertsch (SPD) stellte fest, dass in dem Vortrag von Reißenweber "der Weg zum Dialog" fehle. Es ist nach seinen Worten unerlässlich, bei der Umsetzung die Bevölkerung mitzunehmen. "Grüne Kreuze und Ökokonzept - ich verstehe beide Seiten", betonte Pertsch und verdeutlichte, dass man miteinander und nicht gegeneinander arbeiten dürfe, um zum Erfolg zu kommen.
So sah es auch Werner Zoufal: "Wir müssen die Leute zum Dialog einladen."
"Wie kommen wir mit schnellen Schritten voran?", fragte Christoph Herold, ohne eine sofortige Antwort zu erwarten.
"Wir müssen was tun, nix geht net", stellte Bürgermeister Tobias Ehrlicher fest.
Die Arbeit des Klimaschutzmanagements stellte der Klimaschutzbeauftragte des Landkreises Coburg, Christian Gunsenheimer, vor. Dabei machte er deutlich, dass der Landkreis den Kommunen nichts überstülpen wolle. "Das würde nie funktionieren, da jede einzelne Gemeinde andere Voraussetzungen und Bedürfnisse hat", betonte er und ergänzte, dass mit der Klimamanagerin Ujvesa Pronaj das ganze Thema auf eine professionelle Ebene gehoben worden sei.
Wie wichtig es ist, den Klimaschutz sofort anzugehen, arbeitete Gunsenheimer in seinem Referat unmissverständlich heraus: "Wenn wir es nicht schaffen, bis 2050 den Kohlendioxid-Ausstoß auf null Tonnen zu senken, käme dies einer Selbstaufgabe gleich."
Nach seinen Worten können die ersten 80 Prozent in den ersten 15 Jahren auf der Zeitschiene erreicht werden, für die restlichen 20 Prozent rechnet er die letzten 15 Jahre ein. Vor Augen führte er, wie wichtig es daher sei, sich jetzt auf den Weg zu begeben um die erste Etappe zu erreichen, damit man rechtzeitig am Ziel ist. "Klimaschutz ist nicht verhandelbar", betonte Gunsenheimer.
"Konkrete Ziele definieren"
Mit einer interessanten Zahl überraschte er die Stadträte allesamt: Unter Berücksichtigung des eigenen Stromverbrauchs, des Verbrauchs von Betrieben, der öffentlichen Hand und sonstiger Stromabnehmer kommt jeder einzelne Bürger auf einen Bedarf von 6500 Kilowattstunden (kwh). "In 20 Jahren wird der Verbrauch bei 10 000 kwh liegen", prophezeite Gunsenheimer. "Für Bad Rodach sind das 63 Millionen kwh", rechnete er weiter und schloss mit der Frage: "Wo sollen die herkommen?"
Den Stadträten rief er zu: "Ihr müsst konkrete Ziele definieren."