Große Ehre für Coburgs Opern-Diva Betsy Horne
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 27. November 2012
Die Sopranistin Betsy Horne spricht über Traumrollen, Dirigenten und ihren ganz persönlichen Weg zum Erfolg.
In München erhält die seit Herbst 2010 am Landestheater engagierte Sopranistin Betsy Horne am Mittwoch den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Darstellende Kunst. Als jugendlich-dramatischer Sopran überzeugte sie die Jury durch große darstellerische Intensität, expressive Unmittelbarkeit und differenziertes Ausdrucksvermögen.
infranken.de: Wie hat Ihr Weg zum Gesang begonnen? Sind Sie familiär vorbelastet?
Betsy Horne: Meine Familie ist musikalisch, aber trotzdem konnte sich niemand so richtig vorstellen, dass man mit Singen Geld verdienen kann. Ich war nie ein schüchternes Kind, habe gern Theater gespielt, hatte nie Angst, vor Leuten aufzutreten.
Wann wussten Sie, dass Sie Sängerin werden wollten? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Das war Ende der 90er Jahre bei einer Musicalaufführung von "Show Boat" in Los Angeles. Da war ein Sänger dabei, von dessen Stimme mein Sitz vibriert hat. Da wusste ich, dass ich Sängerin werden wollte, auch wenn ich selbst damals gar nicht gut gesungen habe.
Wie wichtig sind Wettbewerbserfolge, wie wichtig ist Ihnen dieser Förderpreis des Freistaats?
An sich sind Wettbewerbserfolge gar nicht so wichtig. Denn es gibt Sänger, die sich bei Wettbewerben ganz toll präsentieren können, die aber eigentlich nicht recht in ein Ensemble passen. Letztlich ist dieser Preis für mich eine Anerkennung und ein Ansporn. Schließlich habe ich auf meinem künstlerischen Weg schon auch kämpfen müssen. Bei meinem Gesangsstudium in Amerika hätte damals niemand geglaubt, dass ich Erfolg haben könnte.
Was reizt Sie an ihrem Beruf als Opernsängerin?
Dass man jeden Tag etwas Neues erlebt. Das ist wie ein Puzzle, auch der Kontakt mit den Kollegen. Immer geht es darum, die Balance zu finden mit der Stimme, mit den Kollegen. Das ist wirklich ein sehr abwechslungsreicher Beruf.
Worauf müssen Sie als Sängerin besonders achten?
Viel schlafen, viel trinken, nicht zu laut und zu lange gegen einen Geräuschpegel anreden. Gleichzeitig aber sollte man sich davor hüten, irgendwelche Macken zu entwickeln. Letztlich weiß ich für mich eigentlich ziemlich genau, was gut ist für mich.
Was sind Ihre Lieblingsrollen? Gibt es Wunschrollen für die Zukunft?
Ich würde mir gerne weitere Rollen im tschechischen Repertoire erarbeiten - nach Katja Kabanowa in der letzten Spielzeit. Die Jenufa von Janácek würde ich sehr gerne singen. Und ich freue mich schon jetzt auf die Tatjana in "Eugen Onegin" am Ende dieser Spielzeit. Die Marschallin im "Rosenkavalier" - bei dieser Partie denke ich, die ist wie für mich geschrieben. Ich freue mich sehr, dass ich im nächsten Herbst damit in Klagenfurt gastieren kann.
Wo soll die Entwicklung Ihrer Meinung nach außerdem noch hingehen?
Ein bisschen in Richtung Wagner würde ich gerne machen - aber zunächst nur die blonden Partien, also Elisabeth, Elsa und Evchen.
Katja Kabanowa auf Tschechisch, Tatjana auf Russisch - wie schwierig lernen sich solche Partien?
Das ist eigentlich gar nicht so schwierig. Wenn der Text mit der Musik verbunden ist, geht er eigentlich schnell ins Ohr.
Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf Ihrer Karriere?
Ich bin eigentlich ganz zufrieden. Das schlimmste für eine Sängerin ist, wenn man sich mit anderen vergleicht. Damit habe ich schon im Studium aufgehört. Ich musste sehr viel arbeiten, um mir das Studium zu finanzieren. Aber ich habe mir gesagt: Das ist mein Geschäft, das ist mein Leben. Ich denke, dass ich jetzt eine gute Basis habe. Aber ich weiß auch, dass das alles sehr vergänglich sein kann.
Was machen Sie am liebsten, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen oder eine neue Rolle erarbeiten?
Ich bin sehr gerne in der Natur. Aber ich merke: Ich habe eigentlich keine Hobbys, das ist wirklich schade. Früher war Singen mein Hobby, aber das habe ich ja inzwischen zum Beruf gemacht. Allerdings bleibt auch nicht viel Zeit für Hobbys. Die letzten Sommerferien habe ich immer für neue Einstudierungen und für Unterricht bei meiner Gesangslehrerin verwendet.
Sie haben Ihre Karriere am Staatstheater Wiesbaden als Mezzosopran begonnen. Inzwischen haben Sie den Fachwechsel zum lyrischen Sopran vollzogen. Was war der Auslöser?
Beim Hilde-Zadek-Wettbewerb 2007 habe ich Christa Ludwig vorgesungen. Und sie meinte dann zu mir: "Sie wissen schon dass Sie ein Sopran sind." Anfangs hatte ich ein wenig Angst vor dem Wechsel. Und rückblickend war es sicher gut, dass ich den Wechsel nicht schon mit 25 vollzogen habe. Auf diese Weise habe ich viel besser in den Beruf hineinfinden können. Letztlich war das ein sehr langer Prozess. Im Grunde unterscheiden sich Sopran und Mezzosopran nicht so sehr durch den Tonumfang, sondern darin, in welcher Lage die Stimme am besten ihren Klang entfaltet. Im Grunde ist der Fachwechsel vor allem ein psychologisches Umgewöhnen.
Was macht - aus Sicht einer Sängerin auf der Opernbühne - einen guten Dirigenten aus?
Dass er mit atmet. Die Luft ist für uns Sänger schließlich die Quelle des Klangs. Und wenn ein Dirigent vergisst, dass die Musik vom Atmen lebt, wird es schwierig. Und natürlich sollte er in der Lage sein, sich gleichzeitig mit Orchester und Bühne zu beschäftigen.
Wie gehen Sie mit Kritik um, wie wichtig sind Tipps und Ratschläge?
Man sollte offen sein für Kritik, aber dann auch sehr genau darauf achten, ob man das wirklich befolgt. Das wichtigste ist, dass man sich selbst gut kennt.
Wie wichtig ist Ihnen Applaus nach einer Vorstellung?
Im Grunde ist mir Applaus gar nicht so wichtig. Applaus folgt manchmal ja ganz komischen Regeln. Wichtig ist mir, dass wir das Publikum erreichen, dass die Zuschauer wieder kommen wollen.
Stationen einer Karriere
Betsy Horne, geboren 1978 im kalifornischen El Centro, gehört seit der Spielzeit 2010/2011 zum Ensemble des Landestheaters Coburg. Als jugendlich-dramatischer Sopran überzeugte sie die Jury des Bayerischen Kunstförderpreises "durch große darstellerische Intensität, expressive Unmittelbarkeit und differenziertes Ausdrucksvermögen." Regisseure schätzten in der szenischen Arbeit mit Betsy Horne ihre Intelligenz, Offenheit und Natürlichkeit, mit der sie beim Publikum große Wirkung erziele.
Ausbildung Ihre künstlerische Ausbildung absolvierte Betsy Horne am Cottey College und an der University of Kansas. 2001 setzte sie ihr Aufbaustudium als Stipendiatin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz fort. Bereits während des Studiums in Deutschland reüssierte sie in Festspielproduktionen und als Gast in Mainz, Schwetzingen, Potsdam, Köln und Wiesbaden. Sie war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes und gewann Preise beispielsweise beim Hilde-Zadek-Wettbewerb in Wien und an der Kammeroper Schloss Rheinsberg.
Bühnenkarriere Von 2006-2010 gehörte sie zum Ensemble des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, wo sie zunächst Partien im lyrischen Mezzo-Fach sang bevor sie in der Spielzeit 2009/2010 als Agathe im "Freischütz" und die Peri in Schumanns "Das Paradies und die Peri" ihr Debüt als Sopran feierte. Betsy Horne wurde im Badischen Staatstheater Karlsruhe 2009 mit dem Dorothea-Glatt-Förderpreis für ihre Darbietung beim Internationalen Wettbewerb für Wagner-Stimmen ausgezeichnet.
Landestheater Als Ensemblemitglied des Landestheaters Coburg feierte sie in der letzten Spielzeit Erfolge beispielsweise als Iphigenie in Glucks "Iphigenie auf Tauris," als Desdemona in "Otello" und als Marie in der "Verkauften Braut". In der Saison 2011/2012 war sie als Sylva Varescu ("Die Csárdásfürstin") und als Agathe im "Freischütz" zu erleben, in der Opernproduktion "Katja Kabanowa" übernahm sie die Titelpartie.
Bayerischer Kunstförderpreis Die Auszeichnung wird jährlich in den vier Sparten "Bildende Kunst", "Darstellende Kunst", "Musik und Tanz" sowie "Literatur" vergeben. Der Preis soll junge, begabte Künstlerinnen und Künstler auf ihrem eingeschlagenen Weg bestärken und zur weiteren künstlerischen Entwicklung ermutigen.