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Gregorianische Klänge in der Coburger Morizkirche


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 20. März 2014

Coburgs Kirchenmusikdirektor Peter Stenglein ist fasziniert von Maurice Duruflés Requiem. Gemeinsam mit der Kantorei St. Moriz wird er das Werk erstmals seit fast 20 Jahren wieder in Coburg aufführen.
Die Kantorei St. Moriz bei der Probenarbeit. Fotos: Jochen Berger


Klänge des Trostes in Zeiten der Trauer, Klänge einer Totenmesse, geschrieben kurz nach dem Grauen des Zweiten Weltkriegs. Schlicht im Gestus, innig im Ausdruck - so klingt das Requiem des französischen Organisten und Komponisten Maurice Duruflé, das nach fast zwei Jahrzehnten wieder einmal auf dem Programm eines Konzerts in der Morizkirche auftauchen wird.

Schon seit Studienzeiten von dem Werk begeistert

Damals, im Herbst 1994, hatte Peter Stenglein als junger Kantor in Coburg dieses Werk mit der Kantorei St. Moriz aufgeführt - ein Werk, das ihn schon seit Studienzeiten begeistert. "Tolle Musik", sagt Stenglein - Musik, die wunderbar leicht zu fließen scheint und für die Interpreten doch durchaus Tücken besitzt.

"Jeden Ton klingen lassen" wünscht sich Stenglein bei der Probe mit der Kantorei St. Moriz im Haus Contakt.

Akribisch und geduldig feilt Stenglein an der Aussprache wie an der Intonation und rhythmischen Präzision. Gregorianische Melodien, impressionistisch angehauchte Klangfarben und romantische Ausdrucksnuancen begegnen sich in dieser Totenmesse, die sich so gar nicht einfügen will in die Tradition der Requiem-Vertonung von Mozart über Berlioz bis Verdi.

Der Ahnherr dieses Requiems heißt Gabriel Fauré. Wie Fauré geht es Duruflé ganz und gar nicht darum, die Schrecken des Jüngsten Gerichts möglichst drastisch in Klängen zu beschwören. Vielmehr stellt auch Duruflé die Hoffnung auf Trost in den Mittelpunkt seiner Vertonung, die konsequent auf die "Dies irae"-Sequenz verzichtet.

Kein "Tag der Rache, Tag des Zorns" also, sondern weiche, innige Klänge prägen dieses Requiem, dass eines der wenigen Werke ist, das der überaus selbstkritische Komponist veröffentlicht hat. Gerade einmal 14 Opus-Nummern umfasst Duruflés Werkverzeichnis.

1947 hat Duruflé sein Requiem in einer Fassung für Orchester, Orgel und Chor sowie zwei Solostimmen vorgelegt. Nur ein Jahr später folgte jene Fassung für Orgel, Chor und zwei Solisten, die am 30. März in der Morizkirche erklingen wird.

Avantgarde, Atonalität, Zwölftonmusik sind unendlich fern in diesem Werk. Den Bruch, den die deutsche Musik in den 20er Jahren im Gefolge Arnold Schönbergs erlebte, habe es in Frankreich ganz einfach nicht gegeben, erklärt Stenglein die Traditionslinie, die in der französischen Musik vom 19. ins 20. Jahrhundert führt.
Den Puls dieser Musik erspüren - das ist die Herausforderung für die Kantorei St. Moriz bei der Probenarbeit. "Jetzt wird's herausfordernd", sagt Stenglein und schlägt die Partitur von Max Regers Motette "Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit" auf.

Zur französischen Kathedralmusik werden sich beim Konzert in St. Moriz Werke Max Regers gesellen - neben dieser Motette auch eine Choralfantasie für Orgel. Reger, der sich, so Stenglein, selbst als "katholisch bis in die Fingerspitzen" bezeichnete, war dennoch fasziniert vom reichhaltigen Melodienschatz evangelischer Choräle, aber auch von den Versen eines Matthias Claudius.

Das beweist seine Motette "Der Mensch lebt und besteht nur eine kleine Zeit", die Reger in der Sammlung 1914 vorgelegten Sammlung der "Acht geistlichen Gesänge" veröffentlichte. Regers raffinierte Harmonik verlangt in dieser doppelchörigen Motette höchste Aufmerksamkeit bei der Probe. "Viel Arbeit für zweieinhalb Minuten Musik", sagt Stenglein bei der Einstudierung.

Üben in kleinen Abschnitten

Bewusst lässt er die Kantorei dieses Werk zunächst in kleinen Abschnitten üben, koppelt einzelne Stimmen aus dem Gesamtklang aus und setzt die Teile schließlich zusammen. Der Aufwand lohnt sich. Ausdrucksvoll, spannungsfreich und zugleich innig im Gestus klingt Regers kurze Motette - ein interessanter Kontrapunkt zu Duruflés Requiem.