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Gleußen empfängt seine Glocken


Autor: Berthold Köhler

Gleußen, Freitag, 13. April 2018

Das jahrelange Warten ein Ende: Das neue Geläut für das evangelische Gotteshaus ist im Itzgrund angekommen.
Empfangskomitee: In Gleußen standen viele Menschen an der Straße, um die Ankunft der neuen Glocken für die evangelische Kirchengemeinde  live mitzuerleben. Nach Pfingsten wird das neue Geläut erstmals zu hören sein.Berthold Köhler


An diesem großen Tag gingen die Gedanken von Albert Putschky, dem langjährigen Vertrauensmann der Kirchengemeinde, noch einmal zurück. Weit zurück. "Mitte der Siebziger Jahre", erinnerte sich der langjährige Vorsitzende der Michelauer Dekanatssynode, "haben wir zum ersten Mal über die Anschaffung von neuen Glocken für unsere Kirche gesprochen". Jetzt sind sie da. Sie hängen zwar noch nicht im Turm, aber Pfarrer Michael Bergner war nach all den Problemen rund um den einen missratenen Glockenguss schon nach der Anlieferung am Donnerstag hin und weg: "Für mich ist das heute wie Weihnachten und Ostern zusammen."

Für die Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Gleußen (zu der auch Kalte nbrunn gehört) offensichtlich auch. Gut 100 Teilnehmer, mehr als sich Matthias Bauer als amtierender Vertrauensmann erhofft hatte, beteiligten sich am Donnerstagabend am Umzug, in dem die Glocken von ihrer Zwischenstation auf dem Hof der Firma Zellner nach Gleußen zur Kirche gebracht wurden. Keine schlechte Quote für eine Kirchengemeinde, die gut 560 Mitglieder hat.

Nachdem ein Guss bei der Firma Rincker aufgrund von Problemen mit der Belüftung daneben ging und erhebliche Verzögerung beim Glockenprojekt auslöste, lief die die Lieferung von Hessen in den Itzgrund glatt. "Beim Abladen hatten wir ein bisschen Probleme, weil die Glocken sehr schwer waren", erzählte Albert Putschky. Bei über 1600 Kilo musste erst einmal ein großer Schlepper her, um die größte Glocke vom Liefer-Lkw herunter und auf den Anhänger für den Umzug verladen zu können. Quasi zeitgleich zur Anlieferung war Pfarrer Michael Bergner mit einer Firma an der Gleußener Kirche, um dort die alten Glocken per Schwerlastkran aus dem Dachstuhl zu holen. Auch da: keine nennenswerten Probleme. "Ein Schiefer ist uns kaputt gegangen, aber den haben wir gleich wieder repariert, damit die Kirche für den Umzug schön ausschaut", erzählte Michael Bergner.

Die neuen Glocken aus Bronze sind auffallend schlicht. Das sei Absicht, erklärte der Pfarrer die Gestaltung mit je einem Symbol und einem Spruch. Er und der Kirchenvorstand seien der Meinung gewesen, dass die Glocken ein möglichst zeitloses Aussehen haben sollten. Denn wer wisse schon, wie lange sie jetzt in der Gleußener Kirche hängen werden, scherzte Bergner: "Meinetwegen gerne 500 Jahre." Die alten Glocken hielten bei weitem nicht so lange. Matthias Bauer, Nachfolger des 28 Jahre amtierenden Albert Putschky, erklärte den interessieren Gleußenern: 1921 kam das jetzt ausgediente Geläut in die Kirche. Wofür die neuen Glocken stehen, wusste Nina Liebermann, die auch im Kirchenvorstand sitzt: eine fürs Alte Testament, eine fürs Neue Testament, eine für die Kirchengeschichte und eine ist die "Glocke der Zukunft". Deren Aufgabe findet Liebermann besonders schön: "Sie wird schlagen, wenn ein Kind geboren wird."


90 000 Euro gesammelt

Matthias Bauer berichtete sichtlich stolz vom langen Ringen um die Finanzierung der neuen Glocken. Sieben, acht Jahre wurde in Gleußen gesammelt, inzwischen sind gut 9 0000 Euro zusammengekommen. "Für eine kleine Gemeinde wie unsere", sagte der Vertrauensmann, "ist das eine wirklich tolle Leistung. Da müssen wir uns bei jedem einzelnen Spender bedanken". Insgesamt wird das Glockenprojekt nach Schätzung von Michael Bergner wohl auf 150 000 Euro kommen, dazu kommen noch einmal weitere 100 000 Euro, um die Fassade und das Fundament der Kirche auszubessern. Im Sommer sollen sämtliche Arbeiten erledigt sein.

Bleibt die Frage nach der Zukunft der alten Glocken. Wie der Pfarrer berichtete, legt die Landeskirche großen Wert darauf, dass diese auch nach ihrer "aktiven Zeit" einen anständigen Platz bekommen. Sie zum Beispiel einschmelzen zu lassen, das gehe gar nicht. Zur kleinen Glocke hat sich Matthias Bauer bereits mit der Gemeinde in Verbindung gesetzt, die nun auf dem Friedhof einen kleinen Platz anlegen wird. Da kommt die ehemalige Toten-Glocke dann hin. Bei den anderen Glocken ist die Zukunft auch mehr oder weniger klar, erklärte Pfarrer Bergner: "Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie vor der Kirche stehen bleiben."

Einen besonderen Moment gab es am Ende des Umzuges unterhalb der Kirche. Dort war noch einmal das komplette große Geläut der alten Glocken zu hören, obwohl diese längst ausgebaut sind. Die Aufnahme kam vom Band, denn in vollem Klang durfte das Gleußener Geläut schon lange nicht mehr schlagen. Aus Sicherheitsgründen musste die große Glocke vor über drei Jahren verstummen.


So geht es mit den Glocken weiter


Anschauen In den kommenden Wochen werden die neuen Glocken im Innenraum der Kirche stehen. "Gerne auch zum Anfassen", versicherte Pfarrer Michael Bergner. Der nächste Gottesdienst in Gleußen findet am Sonntag, 15. April, um 10 Uhr statt.

Feíern Der Festgottesdienst für die vier neuen Glocken beginnt am Pfingstsonntag um 14.30 Uhr in der Gleußener Kirche.

Hören Voraussichtlich in der Woche nach Pfingsten wird eine Fachfirma die neuen Glocken mit einem Kran in den Turm heben. Weil die Glocken eine andere Aufhängung als die alten bekommen, müssen dabei auch Teile des Dachstuhls umgebaut werden.