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"Gerrom" lindert harte Schicksale


Autor: Daniela Pondelicek

Neustadt bei Coburg, Sonntag, 06. August 2017

Der Neustadter Verein hat in 17 Jahren mehr als 30 Lkw-Ladungen Hilfsgüter zu bedürftigen Familien in Rumänien gebracht. Jetzt ist er wieder unterwegs.
Da muss schweres Gerät ran: Mit dem Radlader werden die Hilfsgüter für Rumänien in den Lkw geladen, um dann von den Helfern sicher verstaut zu werden. Fotos: Daniela Pondelicek


Die Dächer der einfachen Lehmhütten sind lediglich mit Stroh gedeckt, im Wohnraum stehen weder Tische noch Stühle, sondern nur ein Sofa, auf dem nachts auch geschlafen wird. Gekocht wird auf einem Schürherd, und wenn man Wasser braucht, muss man zum nächsten Brunnen: Hier kann sich wohl kaum einer vorstellen, unter welchen Bedingungen die Menschen in Rumäniens Dörfern ihren Alltag bestreiten müssen.

Der Neustadter Verein "Gerrom" setzt sich schon seit 17 Jahren dafür ein, das Leben von Familien in Rumänien zu erleichtern. Mehr als 30 Lkw-Ladungen Hilfsgüter haben sie in dieser Zeit schon auf den Weg zu bedürftigen Menschen und wohltätigen Einrichtungen geschickt. Am Freitagnachmittag wurde wieder ein 22-Tonner mit Sachspenden aus Neustadt und Umgebung beladen.

"Wir bringen Güter nach Rumänien, die im alltäglichen Leben dringend gebraucht werden", erzählt Silke Wagner, Vorsitzende des Vereins. Dazu gehören zum einen Kinderbetten, Matratzen, Decken, Kissen und Bettwäsche, aber auch Geschirr, Teppiche, Kinderwägen, Lebensmittel und Plüschtiere zum Spielen für die Kinder. "Wir hatten auch schon medizinische Geräte für dortige Krankenhäuser dabei", erklärt sie. Auch Fahrräder werden in Rumänien dringend gebraucht. "Neben dem Pferdegespann sind sie das beliebteste Fortbewegungsmittel", erklärt sie.

Die Spenden gehen nicht nur an Privathaushalte, sondern auch Schulen und Kindergärten bekommen die gesammelten Hilfsgüter. "Dort sind zwar auch Ferien, aber wir treffen sicherlich jemanden an", sagt Silke Wagner. An sich seien die Schulen und Kindergärten schon besser ausgestattet, im Vergleich zu den Privathaushalten, aber dennoch auf Hilfe angewiesen.

"Die Betreuer und Lehrer sind dort sehr erfinderisch: Aus den verschiedensten Kleinigkeiten denken sie sich Möglichkeiten aus, um mit den Kindern etwas daraus zu basteln", erzählt sie.

Auch ein Behindertenheim wird in diesem Jahr unterstützt. "Wir haben in Rumänien schon Familien mit behinderten Kindern gesehen - diese Begegnungen sind mir besonders nah gegangen", erzählt sie. Sie sei davon beeindruckt gewesen, wie diese Familien ihren Alltag gemeistert haben: "Die Eltern haben sich aufopferungsvoll um ihre Kinder gekümmert. Und das, obwohl sie sich weder einen Rollstuhl noch Gehhilfen leisten konnten."


Berührende Begegnungen

Auch ein weiterer Fall sei ihr sehr zu Herzen gegangen. "Eine Familie lebte noch immer in der Ruine ihres zur Hälfte abgebrannten Hauses", erzählt sie. Eigentlich berühre sie jede einzelne Begegnung in Rumänien: "Jede Familie hat dort ihr eigenes, sehr hartes Schicksal erleiden müssen, und es tut gut, ihnen helfen zu können." Es sei vor allen Dingen wichtig, den Familien dort zu helfen, da der Staat sie nicht unterstütze. "In Rumänien ist Korruption noch immer ein großes Problem, was gerade für diese vom Schicksal gezeichneten Familien fatal ist", erklärt sie.

Die Spendenbereitschaft sei so groß wie nie. "Gerade bei den Sachspenden sind tolle Sachen dabei. Da können wir fast alles verwenden", erzählt sie. Das sei nicht immer so gewesen. "Früher haben wir viele Spenden bekommen, die noch nicht einmal mehr für die Familien in Rumänien zu gebrauchen gewesen wären - da hatte ich das Gefühl, man verwechselt uns mit einer Mülldeponie", erklärt Silke Wagner.

Beim Verladen helfen Bekannte und Freunde des Vereins. Tobias Heilmann und Rainer Schilling packen dabei kräftig mit an. Tobias Heilmann wurde von den Nachbarn seiner Eltern gefragt, ob er mithelfen wolle. "Den Menschen in Rumänien geht es echt schlecht, da muss man einfach helfen", sagt er. Und deshalb habe er auch gleich zugesagt. "Das Helfen kostet ja nichts, außer meiner Kraft - und die gebe ich dafür gerne her."



Ein Herz für die Kinder

Bei Rainer Schilling ist das ähnlich gewesen. "Ich habe selbst schon für die Aktion gespendet. So bin ich darauf aufmerksam geworden", erklärt er. Ihm lägen vor allen Dingen die rumänischen Kinder am Herzen: "Sie sollen auch etwas zum Leben und Spielen haben."

Am Samstag machte sich der Lastwagen auf den Weg ins rumänische Siret, das an der Grenze zur Ukraine liegt. "In dieser Gegend sind wir bisher noch nicht gewesen. Also wissen wir noch gar nicht, was uns dort erwartet", sagt Silke Wagner.

Die Helfer haben zwischen 20 und 24 Stunden Fahrt vor sich: "Ganz genau können wir nicht einschätzen, wie lange wir unterwegs sind. Gerade in Rumänien sind viele Straßen nichts weiter als Schotterpisten. Da weiß man nie, wie schnell man vorankommt."