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Generalsanierung: Coburg nimmt Maß in Augsburg


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 27. Februar 2015

In der Fuggerstadt informiert sich eine Delegation aus Coburg über die Optionen einer Interimsbühne. Kann die Brecht-Bühne der Fuggerstadt eine Alternative aufzeigen zur Angerhalle?
Intendant Bodo Busse (links) und OB Norbert Tessmer lassen sich von Siegfried Dellinger (Mitte), Technischer Direktor des Theaters Augsburg, die Besonderheiten der Brecht-Bühne erklären. Sie dient dem Augsburger Schauspiel als Ausweichspielstätte. Foto: Jochen Berger


Intendant Bodo Busse nimmt Platz in Augsburg - freilich nur zur Probe. Die roten Sitze, die Coburgs Prinzipal gemeinsam mit Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) testet, gehören zur Ausstattung der Brecht-Bühne in Augsburg.



Das Theater mit seinen rund 250 Plätzen ist eigentlich nur ein Provisorium: Es dient dem Augsburger Theater als Ausweichspielstätte der Schauspielsparte für die anstehende Generalsanierung. Grund genug für Intendant und OB, gemeinsam mit der Kaufmännischen Direktorin Judith Wollstädter sowie einer Delegation von Vertretern der zuständigen Ämter rund 280 Kilometer gen Süden zu fahren und das Augsburger Modell zu testen auf seine Tauglichkeit für die in Coburg ebenfalls anstehende Generalsanierung.


Der erste Eindruck: beachtlich schick für eine Ausweichspielstätte - dabei technisch mit allen Notwendigkeiten ausgestattet, von den dicht bestückten

Scheinwerferbatterien bis zu den Zügen, um die Kulissen zu bewegen. Die roten Stuhlreihen auf schwarzem Boden erinnern ein wenig an Kinoatmosphäre. Coburgs Intendant ist durchaus angetan von der Brecht-Bühne, die er "sehr interessant" nennt. Insgesamt 6,3 Millionen Euro hat diese Spielstätte gekostet - weitgehend aus Fertigteilen in der Rekordzeit von nur sieben Monaten errichtet, wie Norbert Reinfuss vom Hochbauamt der Stadt Augsburg berichtet.

Standort Anger

Diese kurze Bauzeit ist umso beachtlicher, als die Brecht-Bühne auf durchaus heiklem Terrain steht. Schließlich bietet der Boden in Augsburg reichlich archäologische Schätze aus mehr als zwei Jahrtausenden Stadtgeschichte bis zurück in die Zeit der Römer. Die Brecht-Bühne, die auf dem einstigen Theaterparkplatz errichtet wurde, ist deshalb nicht unterkellert, sondern steht vielmehr auf Pfählen samt einer Bodenplatte, um den Untergrund zu schonen.


Rasch aber stellt sich der Coburger Delegation die entscheidende Frage: In welche Form ließe sich das Augsburger Modell für die Sanierung des Landestheaters nutzbar machen? Schließlich gibt es schon eine Grundsatzentscheidung, als Standort für die Interimsbühne den Anger auszuwählen. Favorit ist derzeit die Variante, die alte Dreifachturnhalle fit zu machen für eine vorübergehende Nutzung als Theaterraum.


Diese Grundsatzentscheidung schließt aber nicht die Möglichkeit aus, eventuell günstigere andere Varianten in Erwägung zu ziehen. Ließe sich also auf der Platz der Angerhalle stattdessen eine Ausweichspielstätte im Stil der Brecht-Bühne errichten? Diese Frage kann am Freitag beim Besuch in Augsburg freilich noch niemand beantworten.


Aus Sicht von OB Norbert Tessmer hat sich die Fahrt dennoch auf jeden Fall gelohnt. "Erfahrungsaustausch ist wichtig", betont das Stadtoberhaupt - auch mit Blick auf die Gesamtkosten der Maßnahme in Coburg. Die aktuelle Schätzung beläuft sich derzeit auf rund 52 Millionen Euro.


Darin enthalten sind die Kosten für die Sanierung des historischen Musentempels, die Kosten für Umbau und Sanierung des Kyrill-Palais' und die Kosten für eine Ausweichspielstätte. Klingt im ersten Moment viel - im Vergleich zu Augsburg freilich relativiert sich dieser Eindruck.


Rund 235 Millionen Euro soll das Gesamtpaket der Sanierung dort kosten. Und der förderfähige Anteil wird in Augsburg auf maximal 30 Prozent geschätzt.



Aus der Geschichte zwei sanierungsbedürftiger Theater



Theater Augsburg

Geschichte Eigenbetrieb der Stadt Augsburg, 1999 aus dem Vierspartenhaus Städtische Bühnen Augsburg hervorgegangen. - Beginn der Theatertradition: 1630 durch die Augsburger Meistersinger (Welserstadel). 1665 Errichtung des Meistersinger-Stadels durch das städtische Almosenamt Augsburgs. Im Jahre 1776 entstand das Stadttheater(Platz für 900 Besucher), 1919 wurde das Theater kommunalisiert. 1944 zerstört, Wiedereröffnung 1956.

Spielorte Große Haus: 945 Plätze; Brechtbühne: 243; Freilichtbühne: 2245; Hoffmannkeller: 99.

Sanierung Die voraussichtlichen Baukosten für die Sanierung wurden Mitte Februar auf bis zu 235 Millionen Euro beziffert. Allein für das Große Haus wurde ein vorläufiger Sanierungsbedarf von fast 120 Millionen errechnet. Voraussichtlicher Baubeginn: Mitte des Jahres 2016.

Intendantin Juliane Votteler (seit 2007)

Landestheater Coburg

Geschichte 1684: Eröffnung des ersten Hoftheaters unter Herzog Albrecht Eröffnung, zuvor unter Herzog Casimir Beginn der Theatertradition.

Hoftheater Juni 1827: eigenes ständiges Hoftheater gegründet, Theaterbau Eröffnung Theater am 17. September 1840. Der Entwurf stammt vom herzoglichen Bauinspektor Carl Balthasar Harres, einem Schüler Schinkels. Endgültige Fertigstellung: 1847. Betrieb seit 1920 als Landestheater. Letzte Sanierung: 1970 bis 1977.

Intendant Bodo Busse (seit September 2010)

Sanierung Zentraler Bestandteil ist die Erneuerung der kompletten Bühnentechnik im Großen Haus. Zudem geht es um den Brandschutz, der zeitgemäßen Anforderungen angepasst werden soll. Vorgesehen ist zudem der Einbau neuer Fenster und der Einbau behindertengerechter Einrichtungen. Hinzu kommen neue Probenräume für Ballett und Orchester. Dazu soll das bislang als Kinderhaus genutzte Kyrill-Palais entsprechend umgebaut und saniert werden.

Finanzierungsvereinbarung Die genaue Verteilung der Kosten soll eine noch abzuschließende Finanzierungsvereinbarung zwischen Stadt und Freistaat regeln. Vorgesehen ist nach dem bisherigen Stand der Gespräche eine Förderung der Sanierung im Bestand in Höhe von 75 Prozent. Die Kosten für die Sanierung des Kyrill-Palais wollen sich demnach Stadt und Freistaat teilen. Das Kyrill-Palais, das sich im Besitz der Stadt Coburg befindet, soll dann dem Freistaat in Erbpacht überlassen werden. Die Finanzierungsvereinbarung soll voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte unterzeichnet werden.

Grundsatzentscheidung Bereits im September 2011 hatte der Coburger Stadtrat seine grundsätzliche Zustimmung zur Durchführung und Finanzierung der Generalsanierung gegeben. Zuvor hatte der Freistaat Bayern im April 2011 einen damals noch undotierten Haushaltstitel für die Generalsanierung des Landestheaters in seinen Doppelhaushalt 2011/2012 aufgenommen.