Druckartikel: Geheimnisvolle Tote in der Erde an der Einberger Kirche

Geheimnisvolle Tote in der Erde an der Einberger Kirche


Autor: Thomas Heuchling

Einberg, Mittwoch, 17. April 2013

Die Baustelle am Gemeindehaus in Rödental steht vorerst still. Denn die bei den Bauarbeiten fünf gut erhaltenen Skeletten müssen untersucht werden. Zwei Archäologen haben dort ihre Arbeit aufgenommen.
Die Archäologen Anke Köber und Reiner Burkard müssen alle Funde, ihre Lage und Grabbeilagen genau dokumentieren. Foto: Thomas Heuchling


Offene Schädelplatten, Unterschenkelknochen ohne Füße und vermodertes Holz mit Textilfetzen liegen an einem Hang. Es ist kein Ort eines brutalen Kampfes, sondern eine archäologische Ausgrabungsstätte an der Kirche in Einberg.

Bei den Bauarbeiten zum Anbau des Gemeindehauses wurden insgesamt fünf intakte Skelette und viele Knochenfragmente gefunden. "Wir haben die Bauarbeiten von Anfang an begleitet. Bei solchen Arbeiten an einer Kirche gibt es die Auflage, das Archäologen die Bauarbeiten begleiten", sagt Reiner Bur kard. Er ist selbstständiger Archäologe aus Deusdorf bei Bamberg und mit seiner Kollegin Anke Köber seit vergangener Woche an der Baustelle.

"Woran die Skelette gestorben sind können wir nicht sagen. Aber die Schäden an den Knochen haben mit der Todesursache nichts zu tun. Sie sind vom Bagger und hauptsächlich von älteren Bauarbeiten", sagt Reiner Burkard.

Er macht dem Baggerführer aber keinen Vorwurf:
"Er sehr gut gearbeitet und mit der großen Schaufel sehr vorsichtig gearbeitet und die Erde in sehr dünnen Schichten abgetragen."

Wie alt die Skelette ungefähr sind können die beiden Profis schon recht gut einschätzen. "Die Funde stammen mit Sicherheit aus dem 19. Jahrhundert und sind nicht älter als 150 Jahre", sagt Köber. Gleich mehrere Hinweise führen zu diesem Schluss. Der heutige Friedhof in Einberg wurde erst um das Jahr 1870 benutzt. Davor wurden die Toten, um die Kirche bestattet. Auch Art und Weise der Bestattung und der Zustand der Knochen, des Holzes und der Buntmetalle, vor allem Bronze, geben entscheidende Hinweise.

"Wenn es grün wird ist das für uns immer ein spannendes Signal. Der Kupferanteil in Buntmetallen erhält organisches Material sehr gut und bildet den typischen Grünspan", erklärt Burkard. Aber es gibt auch einige Unterschiede zwischen den unbekannten Toten. Eines wurde nur mit einem Leichentuch in den Sarg gelegt und ein anderes wahrscheinlich mit einer Tracht und einigen kleinen Grabbeigaben, so die Archäologin Köber.

Mit Blick ins Heilige Land

"Die Skelette sind unterschiedlich gut erhalten und liegen in einer klassischen christlichen Rückenlage mit dem Kopf im Westen und dem Blick gen Osten, Richtung Jerusalem", erklärt Köber. Mit einem kleinen Spachtel kratzt sie vorsichtig die feuchte Erde um die Knochen und Holzreste des Sarges weg.

Mit geschultem Blick kann sie vermodertes Holz von Stoffresten und Metallgegenständen unterscheiden. "Man kann sehr gut erkennen, dass es sich hier um Sargbestattungen handelt und es ist sogar eine Säuglingsbestattung dabei", sagt Köber und zeigt auf eine kleinen Knochenhaufen, "Die Knochen von Kleinkindern sind deutlich dünner, weil sie noch nicht soweit entwickelt sind." Oberhalb der Baugrube, in der die Skelette liegen steht Burkard und spricht mit Pfarrer Winfried Rucker über Knöpfe und Teile von Trachtenkleidung, die an einem der Skelette gefunden wurden.

Alles wird genau dokumentiert

In den Händen hält er ein Zeichenbrett auf der er die genaue Lage aller Funde festhält. "Unsere Aufgabe ist das Feststellen und Dokumentieren des Fundes durch Fotos, Zeichnungen und einen Dokumentationsbericht. Wir leisten die wissenschaftliche Feldarbeit. Natürlich müssen wir auch Routinen abarbeiten, die uns das Landesamt für Denkmalpflege vorgibt, aber etwas spannendes gibt es immer", sagt Köber.

In Einberg sind gleich zwei spannende Funde dabei. Eine junge Frau mit einer Totenkrone, an der durch die konservierenden Eigenschaften des Buntmetalles sogar noch Haarreste zu erkennen sind. "Die Totenkrone ist eine typische christliche Grabbeigabe für unverheiratete junge Frauen", erklärt Köber. Neben ihr liegt ein zweites Skelett mit einer Halskette, an der ein goldglänzender Anhänger schimmert. "Der glänzt so schön, weil er in Glas eingefasst ist. Es steht auch ein Spruch darauf: ,Zur Freude' ", sagt Köber. Zu dieser ungewöhnlichen Grabbeigabe haben Köber und Burkard verschiedene Theorien. "Es könnte eine Art Glückwunsch für den Weg ins Jenseits sein oder ein Schmückstück, welches die Person zur Geburt bekommen hat", sagt Köber. Einige Tage werden die beiden Archäologen noch über Textilreste, Knochen und Metallgegenstände rätseln und alles genau dokumentieren. Die intakten Skelette werden danach geborgen und gehen für Untersuchungen in die Anthropologische Staatssammlung nach München. Dort können den Einberger Skeletten noch weitere Geheimnisse entlockt werden.