Gegen das "Millionengrab" neuer Flugplatz bei Coburg
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 16. Oktober 2013
Rund 100 Menschen protestierten am Dienstagabend gegen einen Flugplatzneubau bei Neida im Landkreis Coburg. Ander als beim Grünen Band machen Bauernverband und Naturschützer gemeinsame Sache.
Hausbesitzer fürchten um den Wert ihrer Immobilien und um ihre Lebensqualität. Landwirte fürchten um den Fortbestand ihrer Betriebe. Der Meederer Bürgermeister Josef Brunner (SPD) sieht sich als Interessenvertreter "meiner Bürger, meiner Betriebe, meiner Finanzen". Was sie in diesem Fall eint: Sie wollen einen Verkehrslandeplatz bei Neida, einem Ortsteil von Meeder, verhindern. Gegen diesen Fluplatz protestierten gestern rund 100 Menschen auf dem Coburger Marktplatz.
Dagmar Escher, die Sprecherin des Bündnisses "Region gegen einen neuen Verkehrslandeplatz", setzt auf Argumente: Der Bedarf für einen neuen Verkehrslandeplatz sei nicht nachgewiesen, der Neubau sei zu teuer und ökologisch schädlich. Fluglärm und Umweltverschmutzung belasten die Anwohner und die Natur. Weil Neida tiefer liegt als die Brandensteinsebene, wo sich der regionale Verkehrslandeplatz derzeit befindet, müssten die Flugzeuge beim Landeanflug tiefer gehen. Zum Beispiel auf 440 Meter über Bad Rodach. "Schickerweise über der Therme, die ums Überleben kämpft", sagte Dagmar Escher sarkastisch.
Ihr Bündnis vereint die örtlichen Initiativen, die sich 2005 bildeten, als bekannt wurde, dass im Landkreis nach einem neuen Flugplatz-Standort gesucht werde. Begründung: Die vorhandene Landebahn auf der Coburger Brandensteinsebene entspricht nicht den Richtlinien und könne nur mit Ausnahmegenehmigungen betrieben werden. Für Sportflugzeuge reicht der Flugplatz allemal. Allerdings nutzen ihn auch Firmen der Region für ihren Werksflugverkehr. Diese Maschinen mit größerer Reichweite und schnelleren Maschinen brauchen eine längere Landebahn. Weil die Landebahn der Brandensteinsebene für einen Sicherheitsstreifen weiter verkürzt wurde, hat die Firma Brose schon eins ihrer Flugzeuge abgezogen.
"Werden nicht bohren lassen!"
Die Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg, der Stadt und Landkreis Coburg, die Industrie- und Handelskammer sowie die Unternehmen Kapp und Brose angehören, will ein Planfeststellungsverfahren für einen Flugplatz bei Neida einleiten. Noch ist es nicht so weit - es fehlen noch die Bodenuntersuchungen. Die werden die betroffenen Landwirte auch nicht zulassen, versicherte Oliver Truckenbrodt, Obmann des Bayerischen Bauernverbandes und Sprecher der Interessengemeinschaft der Grundeigentümer und Bewirtschafter.
Alle Mitglieder hätten sich mit dem Beitritt verpflichtet, keinen Boden für den Flugplatz herzugeben, sagte Truckenbrodt unter dem Beifall der Zuhörer. Er selbst würde wegen des Flugplatzes rund 20 Prozent seiner Ackerflächen verlieren und für den Rest Umwege in Kauf nehmen müssen. Truckenbrodt bewirtschaftet mit seiner Familie einen Milchviehhof bei Herbartswind. Aber auch in Neida und Wiesenfeld seien Landwirte durch einen 100 Hektar großen Flugplatz in ihrer Existenz bedroht. "Wir werden nicht bohren lassen - auch in absehbarer Zeit nicht", versicherte Truckenbrodt. Es sei nicht zu verantworten, 100 Hektar Ackerland zu opfern "für ein Millionengrab".
Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz, sah bei diesem Thema Bauernverband und Bund Naturschutz vereint. "Wir haben keine zweite Erde im Kofferraum, auch Herr Stoschek nicht", rief er. Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafter von Brose, gilt als einer der Befürworter des Neubaus. Angesichts zahlreicher defizitärer Flugplätze sei der Bau eines neuen im Coburger Land nicht zu verantworten, sagte Mergner. "Das erinnert an Stuttgart 21." Bei dem Tiefbahnhofsprojekt hätten Immobilieninteressen eine entscheidende Rolle gespielt. Dagmar Escher hatte darauf verwiesen, dass nach einem Umzug des Flugplatzes aus der Brandensteinsebene ein teures Baugebiet werden könne.
Doch dazu wollen sie und Mergner es nicht kommen lassen: Den Landeplatz auf der Brandensteinsebene auszubauen sei billiger und möglich, sagte Escher. Sie und die anderen Redner riefen dazu auf, "Politikern den Notausgang zu zeigen" (Mergner) und bei den Kommunalwahlen 2014 Flugplatz-Gegner zu wählen. sb