Gastregisseur in Coburg bekennt: "Ich will zum Spielen verführen"
Autor: Jochen Berger
Coburg, Donnerstag, 20. Sept. 2018
Wie sich der junge Regisseur Philipp Westerbarkei der Herausforderung stellt, Mozarts "Zauberflöte" als Eröffnungspremiere am Landestheater zu inszenieren.
Wolfgang Amadeus Mozarts "Zauberflöte" gilt als Garant für Erfolge an der Theaterkasse und doch zugleich als extrem schwierig zu inszenierendes Werk. Für die Eröffnungspremiere seiner ersten Spielzeit am Landestheater hat Coburgs neuer Intendant Bernhard F. Loges diese heikle Aufgabe einem sehr jungen Regisseur übertragen. Was ihn an dieser Oper besonders reizt, verrät Gastregisseur Philipp Westerbarkei im Gespräch.
Sie haben italienische Philologie und Theaterwissenschaften studiert. Wann haben Sie sich entschieden, Regisseur werden zu wollen? Philipp Westerbarkei: Das wusste ich erst sehr spät. Die Liebe zum Theater war für mich eine Liebe auf den ersten Blick, wobei ich lange Zeit nach dem Abitur nicht wusste, was ich werden wollte. In meiner Kindheit und Jugend hatte ich eigentlich wenig Kontakt zur Kultur. Ich habe zwar diverse Instrumente gespielt, aber das Faszinosum Theater kannte ich nicht. Erst meine Geigenlehrerin meinte dann: Du bist verrückt genug, schau Dir doch einmal die Oper an - vor allem, was hinter der Bühne passiert. Sie hat mich ins Theater geschleust. Ich erinnere mich noch gut daran, das war im Theater Bielefeld. Ich saß in einer Probe und wusste wirklich nicht, was mit mir geschah. Die Sänger machten den Mund auf und ich war sofort fasziniert. Eine Woche später hatte ich dann einen Studienplatz. Schon während der Studienzeit hat es mich sehr schnell zur direkten Arbeit geführt. Bernhard Loges, der an der Ruhr-Universität Bochum mein Dozent war, hat mich nach Düsseldorf an die Rhein-Oper gebracht als dramaturgischer Hospitant und Assistent. Da fing schon unser gemeinsamer Weg an.
Worin sehen Sie die besondere Herausforderung des Regie-Berufs? Für mich ist das Regie-Führen ein sehr praktischer Beruf - einer, wo man sich die Ärmel hochkrempeln muss, wo man auch mal gerne im Dreck wühlt. Oper wird ja oft als distanzierte Hochkultur proklamiert. Für mich aber kann Musiktheater sehr direkt, sehr nahe am Heute sein. Oper ist so faszinierend, so spannend: Jeder sollte Zugang zur Oper haben. Deshalb ist es auch meine Aufgabe als Regisseur, Bilder zu kreieren, die man nicht unbedingt immer intellektuell nachvollziehen muss.
"Die Zauberflöte" zählt zu den erfolgreichen Opern der Geschichte. Wie nähern Sie sich diesem Werk? Als ich das Angebot "Zauberflöte" bekommen habe, musste ich erstmal schlucken. Am Theater heißt es ja gerne: "Mit der Zauberflöte beendet man seine Karriere." Und gleich zu Beginn einer vielleicht kommenden Karriere "Die Zauberflöte" zu machen, ist ein Mammutprojekt. Schon die Tradition der "Zauberflöte" weist in die Schranken. Davon musste ich mich zunächst befreien.
Wie haben Sie sich gegen diese scheinbar übermächtige Tradition und Rezeptionsgeschichte gewehrt?
Indem ich einfach gründlich gelesen habe: Was steht im Libretto? Was steht in den Noten? Ich habe das einfach mal wortwörtlich genommen. Es ist nicht nur Musiktheater, sondern Theater von den verschiedensten Seiten. Es ist Operette, Opera seria, große Tragödie, Komödie, Slapstick, ein Tummelplatz verschiedener Stile.
Wie erleben Sie "Die Zauberflöte"? Was löst das Werk nach einigen Probenwochen bei Ihnen aus? Eine absolute Zerrissenheit mannigfaltiger Gefühle. "Die Zauberflöte" erzählt von einer Sinnsuche. Es gibt nicht nur das Gute, es gibt nicht nur das Böse, in jedem Menschen gibt es Gut und Böse. Dementsprechend sind die Bilder von Tatjana Ivschina von überstrahlt hell bis zutiefst dunkel.