Druckartikel: Ganz bitteres Aus für "KraMies"

Ganz bitteres Aus für "KraMies"


Autor: Christoph Böger

Coburg, Donnerstag, 19. November 2020

Kevin Krawietz und Andreas Mies mussten in London beim ATP-Finale die Segel streichen, weil sie erneut ganz knapp im Champions-Tiebreak scheiterten.
Kevin Krawietz (im Vordergrund) und Andreas Mies haderten mit ihrem Volleyspiel, das im Champions-Tiebreak letztlich auch entscheidend für eine ärgerliche Niederlage war. Foto: Scrennshot/Sky


Kevin Krawietz (28) und Andreas Mies (30) haben die Chance, als erstes deutsches Tennis-Doppel ins Halbfinale des ATP-Finals einzuziehen, knapp verpasst. In ihrem letzten Gruppenspiel unterlagen sie am Donnerstagabend gegen die Australian-Open-Sieger Rajeev Ram/Joe Salisbury (USA/Großbritannien) hauchdünn mit 6:7 (5:7), 7:6 (7:4) und 4:10. Es war ihre zweite Niederlage im Champions-Tiebreak bei dieser inoffiziellen Weltmeisterschaft.

Dennoch können die doppelten French-Open-Gewinner (2019 und 2020) zum Saisonabschluss das Turnier der acht Jahresbesten erhobenen Hauptes verlassen.

Wie schon 2019 bei ihrer Premiere müssen "KraMies" zwar nach zwei Niederlagen und einem Sieg in London erneut nach der Vorrunde heimfliegen, doch zeigten sie dabei drei hochkonzentrierte und vor allem hochklassige Matches. Was gegen den phasenweise wie entfesselt aufspielenden Londoner Lokalmatador Salisbury und seinen flinken amerikanischen Partner Ram in der gähnend leeren O2-Arena fehlte, war in den entscheidenden Momenten lediglich das gerade im Doppel notwendige Quäntchen Glück. Vor allem im ersten Satz, als ihnen bei einer 5:4-Führung und zwei Satzbällen bei Aufschlag Krawietz die Glücksgöttin nicht hold war.

Der 1. Satz

Alle vier Spieler begannen nervös. Enge Aufschlagspiele mit Breakchancen bestimmten die Szenerie. Auffallend: Viele schlampige Volleys, einige Doppelfehler - hüben wie drüben. Die Folge: Drei Aufschlagverluste in Serie. Nur Krawietz blieb bei eigenem Service stabil (4:2). Selbst seine zweiten Aufschläge erreichten teilweise bis zu 200 Stundenkilometer. Und weil Mies ausgezeichnet returnierte, hatten "KraMies" bei einer 5:4-Führung nach 41 Minuten im dritten Aufschlagspiel von Krawietz zwei Satzbälle. Doch ein Doppelfehler und eine übermotivierte Rückhand-"Peitsche" des Kölners nach mehreren nicht konsequent durchgezogenen Überkopfbällen verhinderten den so wichtigen Satzgewinn. Das rächte sich: Denn eine Viertelstunde später nutzen die Gegner ihren ersten Satzball im Tiebreak mit einem Ass. Vorausgegangen war beim Stand von 5:5 ausgerechnet der dritte Doppelfehler des nun etwas schwächelnden Witzmannsbergers.

Der 2. Satz

Der äußerst ärgerliche Verlauf des ersten Durchgangs hinterließ keine Spuren bei den beiden Deutschen. Allerdings ließen sie gleich im ersten Aufstiegsspiel des Engländers drei Breakchancen liegen. Das Quartett brachte anschließend souverän die Aufschlagspiele durch - Krawietz sogar zweimal zu Null -, so dass es über 3:3 und 4:4 nach exakt einer Stunde und 45 Minuten Spielzeit bei 6:6 in den nächsten Tiebreak ging. Und der Druck lastete auf "KraMies", die zuvor Schwächen bei ihren Volleys offenbarten.

Doch jetzt lief Krawietz endlich zur Topform auf: Ein Ass, ein Return-Winner mit der Vorhand, zwei tolle Überkopfbälle und das Glück des Tüchtigen bei einem Netzroller: 7:4 - Satzausgleich! Der Match-Tiebreak musste über den Einzug ins Halbfinale entscheiden.

Der Champions-Tiebreak

Zwei zu lange Volleys von Mies brachten schnell die beiden vorentscheidenden Mini-Breaks zum 2:5, die der Ami und der Engländer ins Ziel transportierten. Über 4:7 stand es nach zwei Stunden und fünf Minuten 9:5. Fünf Matchbälle - und gleich den ersten nutzen sie zur großen Enttäuschung der Deutschen.

Traum von Olympia

Während sich mehrere der acht Doppel nach dem ATP-Finale trennen, werden Krawietz und Mies auch in den nächsten Jahren gemeinsam aufschlagen. Und beide haben nicht nur die Weltranglisten-Position 1 weiter fest im Visier, sondern auch einen gemeinsamen Traum: Und zwar Olympia.

Die Olympischen Spiele sollen vom 23. Juli bis 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt stattfinden, nachdem sie wegen der Coronavirus-Pandemie 2020 ausfielen. "Ich habe als kleiner Junge alles bei Olympia geschaut, mir alle möglichen Sportarten angeschaut", sagte Krawietz. "Für uns würde ein Traum wahr werden", ergänzte ein Freund und Partner Andreas Mies.