Frohe Weihnachten für Senioren
Autor: Daniela Pondelicek
Neustadt bei Coburg, Dienstag, 26. Dezember 2017
Tannenzweige, Lebkuchen, Spekulatius und Stollen laden zum Zugreifen ein und unterm Baum warten Geschenke auf die Bewohner bei der Awo- Weihnachtsfeier.
Jede Familie hat ihre eigenen Weihnachtstraditionen, doch in einem sind sich die meisten einig: Wo am 24. Dezember gearbeitet werden muss, kann gar keine festliche Stimmung aufkommen. Dass das nicht immer so sein muss, beweist das Awo-Seniorenzentrum in Neustadt, denn jedes Jahr findet dort eine Weihnachtsfeier am Heiligabend statt, auf der sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Bewohner weihnachtliche Atmosphäre geschaffen wird. Alles ist geschmückt, doch bevor es an die Bescherung geht, werden gemeinsam Weihnachtslieder gesungen und Geschichten vorgelesen - von Politikern aus nah und fern.
Diese Tradition scheint in diesem Jahr wichtiger denn je zu sein. Da der Pflegenotstand auch nicht vor dem Awo-Seniorenzentrum in Neustadt Halt macht, müssen die Pfleger immer mehr leisten - und das macht sich auch an Weihnachten bemerkbar. Margit Welscher, Leiterin des Seniorenzentrums, blickt auf der Weihnachtsfeier auf ein Jahr zurück, in dem sie mit vielen Problemen konfrontiert wurde. "Die Spannung zwischen dem, was wir an Pflege erbringen müssen und dem dazu zur Verfügung stehenden Personal war noch nie so hoch", erzählt sie.
"Wahrscheinlich schreckt es ab, dass in diesem Beruf in Schichten gearbeitet werden muss und man an Feiertagen wie heute mitunter keinen Urlaub haben kann", vermutet sie. Eine weitere Herausforderung sei das wachsende Misstrauen, das Pflegepersonal entgegengebracht werde. "In den Medien hören und lesen die Verwandten von Seniorenwohnheimen, in denen katastrophale Zustände herrschen. Aufgrund von diesen Negativbeispielen wächst natürlich die Sorge um die eigenen Verwandten im Seniorenzentrum", erklärt sie. Hinzu komme noch der hohe bürokratische Aufwand: "Da wird es schwierig, den Anforderungen der Krankenkassen und den Bedürfnissen der Bewohner gleichermaßen gerecht zu werden."
Landtagsabgeordneter Jürgen Heike (CSU) kann Letzteres erklären: "Ein Teil des Papierkrams dient auch dazu, die Pflegenden rechtlich zu schützen und abzusichern." Er verstehe aber auch, dass das trotzdem nicht immer leicht für die Mitarbeiter sei. "Ziel sollte es sein, dass so wenig bürokratischer Aufwand wie möglich und so viel wie nötig anfällt." Auch Landrat Michael Busch (SPD) hat sich mit dem Problem des Pflegenotstands auseinandergesetzt. "Im Landkreis haben wir eine Konzeption ausgearbeitet, um Pflegekräfte zu sichern und arbeiten dabei mit der Robert-Bosch-Stiftung zusammen, um das Projekt wissenschaftlich zu begleiten", sagt er. Neustadts Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) hofft, dass sich die neue Bundesregierung ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzt: "Bisher hat die Politik in der Hinsicht vieles versäumt."
Obwohl die Schwierigkeiten auch in Neustadt zu spüren seien, seien die Zustände in den Ballungszentren deutlich schlimmer. "Allgemein kann man sagen, dass trotz der Schwierigkeiten unser Awo-Seniorenzentrum zu den besten gehört - und das kann ich mit gutem Gefühl sagen, denn das bestätigt jeder, der schon einmal mit dem Seniorenzentrum zusammengearbeitet hat."
Dass die Mitarbeiter im AWO Seniorenzentrum mit Herzblut bei der Sache sind, das kommt auch bei den Bewohnern an. "Ich denke, ich kann für uns alle sprechen, wenn ich sage, dass ich mich hier sehr wohl fühle", sagt Lothar Welsch, der im Seniorenzentrum lebt. "Es ist so schön, wie man sich hier um uns kümmert - und was heute für uns gemacht worden ist."