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Fränkischer Behindertensportler ist "Eliteschüler des Jahres"


Autor: Christiane Lehmann

Herbartsdorf, Freitag, 27. Dezember 2013

Dem 18-jährigen Felix Streng aus Herbartsdorf fehlt der rechte Unterschenkel. In Leverkusen wurde der Spitzensportler jetzt zum "Eliteschüler des Jahres" gewählt. Auch für 2014 hat der erstaunliche junge Mann große Ziele.
Über 200 Meter wurde Felix Streng bei der U20-WM in Puerto Rico Juniorenweltmeister. Fotos: privat


Novum in der Geschichte der "Eliteschule des Sports". Erstmals wurde in Leverkusen mit Felix Streng ein Behindertensportler zum "Eliteschüler des Jahres"gewählt. Er ist damit auch für die bundesweite Wahl nominiert. Der ohne Unterschenkel geborene Felix Streng aus Herbartsdorf (Gemeinde Meeder) ist erst vor gut einem Jahr nach Leverkusen gewechselt und hat das Leichtathletik-Feld direkt von hinten aufgerollt. Seine guten Leistungen krönte er mit zwei Junioren-Weltmeistertiteln in Puerto Rico über 100 und 200 Meter, wobei er die 200 Meter in der Junioren Europa- und Weltrekordzeit von 22,22 Sekunden zurücklegte. Seine schulische Heimat hat der 18-Jährige am Landrat-Lucas-Gymnasium gefunden, wo er derzeit sein letztes Jahr absolviert. Dass er sich in Leverkusen wohl fühlt, ist dem sympathischen Sportler deutlich anzumerken. Dem "Tageblatt" erzählte er mehr von seinen Erfolgen und Zielen.



Felix Streng, Glückwunsch zum "Eliteschüler des Jahres" in Leverkusen. Erstmals in der Geschichte der "Eliteschule des Sports" trägt ein Behindertensportler/Leichtathlet diesen Titel. Wie kommen Sie zu der Ehre?
Felix Streng: Zwischen dem Internat und mir ist die Zusammenarbeit gut, wir haben versucht, alles optimal zu planen und vorzubereiten, das ermöglicht mir, mich sowohl auf die Schule als auch auf den Sport zu konzentrieren.

Ihr großes Ziel sind die Paralympics 2016 in Rio de Janeiro. Wie laufen die Vorbereitungen?
Meine Trainerin und ich arbeiten uns Schritt für Schritt von Wettkampf zu Wettkampf unserem großen Ziel entgegen. Wir sind mit den bisherigen Ergebnissen und Fortschritten zufrieden.

Sie sind ohne rechten Unterschenkel geboren. Haben Sie denn Ihre Behinderung als solche wahrgenommen und wie ist Ihre Familie damit umgegangen?
Ich fühle mich in keinster Weise behindert, geschweige denn eingeschränkt. Die Prothese ist kein Handicap, da ich mit ihr alles machen kann. Meine Familie und Freunde akzeptieren es so wie es ist, das Thema wird selten angesprochen und meist vergessen.

In Coburg kennt man Sie als herausragenden Badminton-Spieler und Turner. Wie kamen Sie zur Leichtathletik und zum Behindertensport?
Das stimmt, ich habe in Coburg viel Badminton gespielt und teilweise auch geturnt. Im Sommer 2012 habe ich mich für meine Facharbeit über Behindertensport informiert, da Behindertensport für mich nie ein Thema war, begann ich im Internet zu recherchieren. Ich fand sofort die Seite des TSV Bayer 04 Leverkusen, nach E-Mail Kontakt packte ich meine Sachen und machte mich auf den Weg nach Leverkusen um mir dort Informationen über das Thema zu besorgen. Ich besichtigte die Trainingsanlagen und absolvierte ein Probetraining in der Leichtathletik-Abteilung. Bereits nach dem ersten Training beschlossen wir, das Probetraining um zwei weitere Tage zu verlängern.

In diesen Tagen kam der Verein auf mich zu und stellte mir das System des Sportinternates vor und bot mir an, nach Leverkusen zu kommen. Bepackt mit Informationen für meine Facharbeit und neuen Plänen machte ich mich wieder auf den Weg nach Hause. Dort überraschte ich meine Familie, dass innerhalb von drei Tagen eine Entscheidung fallen musste, da in NRW die Sommerferien zu Ende gingen. Die Entscheidung wurde schnell gefällt und der Umzug vorbereitet. Jetzt wohne ich in Leverkusen in einer Wohngemeinschaft mit einem Speerwerfer.

Was waren die entscheidenden Stationen Ihrer bisherigen Sportlerlaufbahn?
Zu Beginn meiner ersten Saison verletzte ich mich am Hüftbeuger, deshalb musste ich fast die komplette Vorbereitung im Winter pausieren und stieg mit dem Training erst im Januar ein. Ab dann lief alles super, ich lief meine ersten Wettkämpfe und qualifizierte mich bei den NRW- Meisterschaften für die U20-WM in Puerto Rico. Daraufhin bekam ich Einladungen für Grand-Prix-Wettkämpfe, ich ging unter anderem in Italien und England an den Start. Bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften in Berlin brach ich den seit zwölf Jahren bestehenden Deutschen Rekord über 100 Meter mit 11,55 Sekunden. Im August flog ich mit dem Nationalteam zur U20-WM nach Puerto Rico. Wir reisten eine Woche früher an, um uns an die dortigen Bedingungen anzupassen. Daraufhin folgten vier Tage Wettkampf, danach war ich sehr zufrieden mit mir. Ich gewann das 100-Meter-Finale, das 200-Meter-Finale mit einem neuen Juniorenweltrekord und Europarekord mit 22,22 Sekunden, nur 14 Hundertstel am Weltrekord vorbei. Im Weitsprung belegte ich Platz drei. Mit diesen Ergebnissen und bepackt mit Medaillen gingen wir sehr zufrieden in die Saisonpause, welche ich in Coburg bei meiner Familie verbrachte.

Was sind Ihre Ziele für 2014?
Für 2014 habe ich mir vorgenommen, meine Bestleistungen weiter zu verbessern und mich für die Europameisterschaft in Swansea (Wales) bei den Männern zu qualifizieren.