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Flugplatzstreit, nächste Runde


Autor: Simone Bastian

Coburg, Freitag, 23. Sept. 2016

Der Stadtrat hat vor knapp einem Jahr ein Bürgerbegehren gegen den Bau eines neuen Flugplatzes nicht zugelassen.
Blick aus einer Pilotenkanzel auf die Landebahn der Brandensteinsebene. Die Bahn ist nur 632 Meter lang. Foto: Simone Bastian/CT-Archiv


Es war ein Wettlauf - und am Ende hatten die Stadtratsmehrheit und die Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg (PGVC) knapp gewonnen: Am 22. Oktober 2015 erklärte der Stadtrat mit 27 zu fünf Stimmen ein Bürgerbegehren gegen den Verkehrslandeplatz für nicht zulässig.

Seit August 2015 hatten die Vertreter des Bürgerbegehrens Unterschriften gesammelt, um zu erreichen, dass auch die Stadt umgehend aus der PGVC austritt und sich auch nicht finanziell am Bau eines Flugplatzes beteiligt (siehe Vorgeschichte unten). Doch das Bürgerbegehren enthielt eine weitere Forderung: Der Verkehrslandeplatz Brandenseinsebene solle so ertüchtigt werden, "dass der Sport- und Werkflugverkehr dort weiterhin möglich bleibt, und dass die Betriebserlaubnis für das Instrumenten-Flug-Verfahren über das Jahr 2019 hinaus weiter erteilt werden kann", wie es auf den Unterschriftenlisten hieß.

Doch der sofortige Austritt der Stadt

aus der PGVC war zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr möglich. Deshalb lehnte der Stadtrat diese Frage als nicht zulässig ab. Gleiches galt für die zweite Teilfrage: Es wurde gefordert, die Brandensteinsebene für einen dauerhaften Flugbetrieb auszubauen. Doch das Bürgerbegehren mache keine konkreten Angaben, wie die Brandensteinsebene ertüchtigt werden solle, wurde in der Stadtratssitzung kritisiert. Denn diedauerhafte Zulassung für den Instrumentenflug ist nur ein Teil des Problems, der andere ist die sehr kurze Landebahn. Und: Die Koppelung der beiden Fragen sei nicht zulässig, hieß es in der Tischvorlage zur Stadtratssitzung. Denn es könne ja sein, dass jemand sowohl gegen den Flugplatzneubau bei Neida als auch gegen einen Ausbau der Brandensteinsebene sei.

Kurz vor Jahresende 2015 erklärten die Vertreter des Bürgerbegehrens, die Stadtratsmitglieder Martine Benzel-Weyh (Grüne), Klaus Klumpers (ÖDP) und Helmut Hannweber, dass sie gegen den Stadtratsbeschluss beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage eingereicht hätten. Seither wurden Schriftsätze ausgetauscht, denn die Stadt hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mit welchen Argumenten jede Seite für ihre Position wirbt, haben bislang weder Willi Kuballa (Rechtsdirektor der Stadt Coburg) noch Martina Benzel-Weyh verraten. Nun hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts in Bayreuth für Dienstag, 13 Uhr, die mündliche Verhandlung angesetzt. Ob am Dienstag auch schon eine Entscheidung fällt oder veröffentlicht wird, ist offen.


Rückblick: Der heiße Flugplatz-Sommer 2015

Im Juni 2015 entschied eine Mehrheit der Landkreiseinwohner, dass der Landkreis aus der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz (PGVC) ausscheiden solle. Dies erfolgte zum Jahresende 2015. Die übrigen PGVC-Gesellschafter, auch die Stadt Coburg selbst, suchten umgehend nach Wegen, um zu verhindern, dass auch die Stadt zu einer Kündigung der Gesellschaftervereinbarung gezwungen werden könnte. Die Satzung der PGVC sollte dahingehend geändert werden, dass alle Partner nicht vor dem Jahresende 2025 ausscheiden können. Bis dahin, so die Hoffnung, ist ein neuer Verkehrslandeplatz bei Neida genehmigt und gebaut.

Um die Zustimmung der Stadt so schnell wie möglich zu erhalten, wurde Anfang August 2015 der Feriensenat kurzfristig einberufen. Stadtratsmitglied Klaus Klumpers (ÖDP) machte die Einladung öffentlich - und initiierte kurz danach eine Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren in der Stadt.

Die Regierung von Oberfranken äußerte Zweifel, ob es wirklich erforderlich war, den Feriensenat kurzfristig einzuberufen. Deshalb wurde der Stadtrat am 6. Oktober 2015 zu einer öffentlichen Sondersitzung einberufen. Die Mehrheit beschloss, dass ein Austritt aus der PGVC ist frühestens zum 31. Dezember 2025 möglich sein solle. Gleichzeitig wurde dem neuen Finanzierungskonzept zugestimmt: Weil der Landkreis ausgeschieden war, stieg der Anteil der Stadt an den Baukosten auf 5,5 Millionen Euro, die an der PGVC beteiligten Unternehmen Brose, Kapp, Schumacher und Wöhner bringen 9,5 Millionen Euro auf. Erwartet wird außerdem ein Zuschuss des Freistaats in Höhe von 15 Millionen Euro.

Die Unterstützer des Bürgerbegehrens versuchten, diese Stadtratssitzung per Verwaltungsgerichtsbeschluss zu verhindern. Denn erst am Tag zuvor hatten sie ihre Stützunterschriften bei der Stadt Coburg eingereicht. Klar war aber, dass die 2854 Unterschriften nicht innerhalb eines Tages überprüft werden können. Erst, wenn der Stadtrat feststellt, dass genug Unterschriften vorliegen, entfaltet ein Bürgerbegehren aufschiebende Wirkung.
Die Stadtratssitzung durfte stattfinden - es sei noch nicht formal und inhaltlich geklärt, ob es auch zum Bürgerentscheid komme, entschied noch am Nachmittag die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts unter dem Vorsitz von Richter Thomas Boese. Er wird auch am Dienstag wieder der Kammer vorsitzen, wenn es um die Zulassung des Bürgerentscheids geht.


Worüber sonst noch gestritten wurde (und wird)

Instrumentenflug Dieser ist auf der Brandensteinsebene bis Ende 2019 möglich - so lange gilt die Ausnahmegenehmigung für die verkürzte Anflugbefeuerung. Laut einem Gutachten wäre es möglich, eine 420 Meter lange Anflugbefeuerung zu errichten. Die wäre richtlinienkonform - aber die Landebahn wäre weiterhin so kurz, dass die Werksmaschinen eine Außenstarterlaubnis brauchen und die Piloten dieser Maschinen nur mit Sondergenehmigung starten und landen können.

Durchdringungsflächen Im Sommer 2015 stand kurzzeitig das Planfeststellungsverfahren für den neuen Flugplatz auf der Kippe: Die Deutsche Flugsicherung hatte das Gelände bei Neida für nicht geeignet erklärt, da Erhebungen in der Nähe höher sind als laut internationalen Richtlinien zulässig. Inzwischen hat die Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz ein Gutachten erarbeiten lassen, wonach ein sicherer Flugbetrieb trotzdem möglich wäre. Das Luftamt Nordbayern prüft weiter.