Druckartikel: Fleischpreise steigen dramatisch: Auf was sich Verbraucher jetzt einstellen müssen

Fleischpreise steigen dramatisch: Auf was sich Verbraucher jetzt einstellen müssen


Autor: Franziska Porzelt,Madeleine Döring

Coburg, Donnerstag, 17. März 2022

Der Ukraine-Krieg stellt die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Bald werden die Konsequenzen auch bei den Coburger Metzgereien zu spüren sein. Und vielleicht auch bei uns daheim.
Metzgermeister Ralf Luther muss wegen steigender Fleischpreise sein Sortiment bald verkleinern.


Die Regale sind leer und die Preise für Lebensmittel steigen. In vielen Läden herrscht gähnende Leere bei Mehl, Sonnenblumenöl und Nudeln. Aber nicht nur in den Supermärkten könnte man bald den Engpass in den Regalen sehen. Auch die Fleischproduzenten schlagen Alarm. Durch steigende Energiepreise und knappe Rohstoffe wollen große Fleischproduzenten wie Tönnies und Westfleisch "Energiezuschläge" auf Schweine- und Rindfleisch durchsetzen. Aufschläge von 5 bis 6 Cent pro Kilogramm Fleisch sind im Gespräch. Kunden dürften das bald an Kühlregalen und der heimischen Fleischtheke merken.

Schweinefleisch wird knapp

Wie stark die Preise in den kommenden Wochen steigen werden, das kann Ralf Luther, Obermeister der Fleischerinnung Coburg Stand und Land, nicht sagen.

Fakt ist: Die Marktpreise für Fleisch steigen täglich. Wurden in normalen Zeiten noch wöchentlich Fleischpreise notiert, ist es seit diesen Wochen eine tägliche Notierung. "Solche massiven Steigerungen hat es in meiner Zeit als Metzger noch nicht gegeben", sagt der Neustadter Metzgermeister Luther. Ihm bereitet die Verknappung der Fleischwaren Sorge. Vor allem Schweinefleisch ist immer schwieriger zu bekommen. Durch die dramatisch gesunkenen Schweinepreise hatten Landwirte schon vor Monaten Ställe leer gelassen. Ein Mangel an Schweinefleisch ist nun die Folge. Die derzeitige Verknappung wird nun noch durch dramatisch steigende Futterkosten verschärft.

Russland und die Ukraine gehören zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. Fast ein Drittel des weltweit exportierten Weizens kommt aus den beiden Ländern.Und auch bei Mais und Gerste hält die Ukraine einen Weltmarktanteil von 14 Prozent. Da diese Mengen nun nicht mehr verfügbar sind, wird das Futter für Rinder und Schweine teurer. Das Einstallen der Schweine wird so zu einem unrentablen Geschäft für die Landwirte. "Die Knappheit am Fleischmarkt wird sich in den nächsten Monaten noch weiter verschärfen, wenn viele Bauern wegen der hohen Futterkosten keine Schweine mehr mästen können.", sagt Ralf Luther.

Ein Euro mehr pro Kilo

Da für viele Wurstwaren Fleisch von großen Fleischproduzenten benötigt wird, sind auch örtliche Metzger Teil der Lieferkette. Mit Folgen: "Für nächste Woche werden wir die Mengen, die wir geordert haben, nicht mehr erhalten. Es kann sein, dass wird das komplette Sortiment nicht mehr bedienen können", sagt Luther. Durch die anhaltende Situation muss er nicht nur das Sortiment kürzen. Auch die Preise werden in den kommenden Wochen anziehen, um wirtschaftlich mithalten zu können. Die Preissteigerungen der letzten Wochen sind enorm. "Das Schweinefleisch kostet jede Woche einen Euro mehr pro Kilogramm. Ohne eine Preiserhöhung an der Ladentheke ist das nicht mehr zu stemmen", sagt Ralf Luther. Er ist trotz eigenem Strohschweine-Programm auch auf Schweinefleisch von großen Fleischproduzenten angewiesen. Bisher gab es noch keine Erhöhungen in der Fleischtheke. In diesen Wochen wird es aber auch bei ihm und weiteren Kollegen soweit sein. Verbraucher müssen dann Preiserhöhungen von fünf bis 20 Prozent in Kauf nehmen.

"Wir laufen der Preiserhöhung schon hinterher, aber jede Woche wollen wir keine Erhöhung an die Kunden weitergeben",sagt Luther. Er betont, dass die höheren Wurst- und Fleischpreise nur mit steigenden Rohstoffkosten zu tun haben. Er appelliert an die Verbraucher die Preissteigerungen hinzunehmen : "Kein Handwerksbetrieb wird dadurch mehr Gewinn machen. Wir bilden lediglich die erhöhten Preissteigerungen ab."

Knappes Grillgut

Nach Ansicht des Metzgermeisters ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Er rechnet in den nächsten Wochen auch mit steigenden Rindfleischpreisen. "Normalerweise ist an Weihnachten der Preis für Rindfleisch am höchsten und geht dann wieder zurück. Im letzten Jahr ist er aber auf dem Weihnachtsniveau geblieben und steigt weiter.", sagt Luther. Er erwartet für den Sommer eine Knappheit an Grillgut, denn auch die Rindfleischproduzenten werden bei steigenden Futterkosten die Viehzahlen verringern. Sorge vor Komplettausfällen hat Ralf Luther aber nicht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es leere Regale und Fleischtheken geben wird. Nur das breite Angebot, das wir bisher hatten, kann nicht mehr bedient werden."

Nicht nur die regionalen Metzger haben Probleme, konkurrenzfähig zu bleiben. Auch regionale Direktvermarkter wie Florian Ehrsam aus Ahorn kämpfen durch steigende Rohstoffpreise um jeden Cent. Vor allem Gewürze, aber auch Dosen und Kunstdärme werden Tag für Tag teurer. Manches ist gar nicht mehr lieferbar. "Früher haben wir die Kunstdärme innerhalb von drei Tagen bekommen. Auf die letzte Lieferung habe ich jetzt knapp drei Monate gewartet", sagt Ehrsam. Mit ihrer Direktvermarktung und den Produkten, die in den Selbstbedienungsautomaten stehen, sind sie zwar unabhängig von großen Fleischproduzenten. Die Preise für Rohstoffe und die Logistik steigen aber auch hier.

Alleine die Preise für Blechdosen, die für die Dosenwurst benötigt werden, haben sich um fast 60 Prozent erhöht. Kosten, die Ehrsam nicht gerne an die Kunden weitergeben möchte: "Man hat einfach ein schlechtes Gewissen, wenn man die Preise erhöhen muss. Der Kunde hat ja auch nicht mehr Geld im Geldbeutel." Dennoch muss auch er bald wieder eine Preiserhöhung durchziehen. Sorgen um die Zukunft macht er sich aber dennoch nicht. Er hat sich über die Jahre einen treuen Kundenstamm aufgebaut, der das Fleisch und die Wurstwaren aus eigener Herstellung schätzt.

Mangelware Dünger

Vor Knappheit ist aber auch Ehrsam nicht gefeit. Der Preis für Dünger hat sich in den letzten Monaten vervierfacht. Dünger ist damit in der Landwirtschaft zur Mangelware geworden. Seniorchef Klaus Ehrsam rechnet deshalb in diesem Jahr mit Ernteeinbußen, die auch in Oberfranken zu Futtermittelknappheit führen können. "Sollte das selbst geerntete Futter nächstes Jahr nicht reichen, müssen wir teures Futter zukaufen. Dann müssen wir Abwägen, ob wir weniger Schweine aufstellen oder die Preise erhöhen", sagt Ehrsam.

Er hofft zumindest auf einen positiven Effekt: Dass durch die Knappheit die Wertschätzung für die regionale Landwirtschaft bei den Kunden steigt.