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Fledermäuse: Faszinierend, aber nicht gruselig


Autor: Rainer Lutz

Mönchröden, Freitag, 30. Oktober 2015

Als Deko gehört die Fledermaus zu jeder ordentlichen Halloweenparty. In Wirklichkeit sind die Flattermänner alles andere als gruselig. Wer ihnen Quartier gibt, kann sogar eine Auszeichnung vom Umweltministerium bekommen.
Großes Mausohr Foto: epd


Sie kommen in der Nacht aus ihren Verstecken. Lautlos huschen sie durch die Dämmerung. Dass Fledermäuse mit gruseligen Vorstellungen behaftet sind, verdanken sie gewiss ihrer Lebensweise ebenso wie ihrer ungewöhnlichen Erscheinung. Wer früher die nächtlichen Flatterer verteidigte, oder ihnen einen Platz in seinem Haus überließ, der musste fürchten, für einen Magier oder eine Hexe gehalten zu werden. Heute ist das anders. Timo Oppel in Mönch röden hat sogar eine Auszeichnung des Umweltministeriums dafür bekommen.

"Die sind schon um die 25 Jahre da", sagt Timo Oppel über die kleinen Gäste, die Jahr für Jahr angeflattert kommen, um es sich hinter der Holzverkleidung seines Hauses in Mönchröden gemütlich zu machen. "Meistens sind sie so Anfang April da", berichtet er. Inzwischen sind es um die 100 Exemplare, die regelmäßig bei Oppels einziehen. "Zumindest haben wir bei 100 aufgehört zu zählen", sagt der Fledermausfreund.


Jahr für Jahr kommen mehr

Mit den Jahren wurden es immer mehr Tiere. Für Oppel ein sicheres Zeichen dafür, dass hier in der Sippe das Quartier beibehalten wird. Die Gäste kommen Jahr für Jahr wieder und bringen immer neuen Nachwuchs mit.
Nach etwa zwei Monaten hat es sich erst einmal ausgeflattert. Die Tiere ziehen weiter zur nächsten Station ihres Jahreslaufs. Sie könnten auch ruhig in Mönchröden bleiben, denn Timo Oppel stören die Fledermäuse nicht. "Die sind draußen hinter den Brettern, die merkt man im Haus gar nicht", versichert er. Gruselig findet er die Tiere nicht.

Von Fledermausspezialisten weiß Timo Oppel, dass es sich bei seinen zeitweisen Mitbewohnern um Zwergfledermäuse handelt. Die Art ist eine der häufigsten und mit einer Körperlänge von gerade 4,5 Zentimetern auch eine der kleinsten Fledermausarten in Europa. Dass sie im Flug größer wirkt, liegt wohl daran, dass sie eine Spannweite von bis zu 25 Zentimetern haben kann. Mit einem Gewicht von bis zu sieben Gramm wiegt sie trotzdem nur ein bisschen mehr als ein Stück Würfelzucker. Nicht gerade ein Brummer, von dem man befürchten würde, dass er uns in den Hals beißt, um uns auszusaugen - auch wenn das Halloween- und Draculafans enttäuschen wird.


Plakette wurde schon 30 Mal im Landkreis vergeben

Unterkünfte wie die hinter den Brettern am Haus von Timo Oppel werden durch Renovierungen oder bei Neubauten immer seltener. Das kann auch für eine häufige Art wie die Zwergfledermaus zum Problem werden. Doch es geht auch anders, wie Dagmar Papadopoulus von der Fledermausgruppe im Landesbund für Vogelschutz (LBV) Coburg erklärt. Etwa 30 Mal konnte schon die Plakette "Fledermäuse willkommen" im Landkreis vergeben werden. Und es gibt noch viel mehr Häuser, deren Bewohner Rücksicht auf die Tiere nehmen.

Dass Timo Oppel immer nur vorübergehend Besuch von den Zwergfledermäusen hat, liegt daran, dass offenbar Zwergfledermausweibchen sein Haus als Wochenstube für sich entdeckt haben. Sie treffen sich dort, um ihre Jungen zur Welt zu bringen. Sind die groß genug, um selbst in die Nacht hinaus zu flattern, gehen alle wieder ihrer Wege und "vagabundieren", wie es Dagmar Papadopoulus nennt. Fledermausmänner haben zur Wochenstube keinen Zutritt. Die Töchter allerdings, die hier geboren werden, kommen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch wieder, um hier ihrerseits Nachwuchs auf die Welt zu bringen. Über die Jahre wurde Oppels Haus so zum Geburtsort für Generationen von jungen Fledermäusen. Ein mystisches Spukschloss ist es trotzdem nicht.


Dumme Vorurteile

Damit die eifrigen Insektenvertilger weiter so zahlreich in den Abendhimmel starten können, werden Naturschützer wie Dagmar Papadopoulus nicht müde, mit Vorurteilen aufzuräumen, die noch immer über Fledermäuse kursieren. So stimmt es beispielsweise nicht, dass sie Isolationsmaterial zerfressen und so Häuser schädigen. Sie legen es auch keineswegs darauf an, sich in den Haaren abendlicher Spaziergänger zu verfangen und sie beißen uns eben nicht in den Hals, um unser Blut auszusaugen. In vielen Kulturen werden Fledermäuse verehrt. "In der chinesischen Sprache ist Fu das Wort für Fledermaus und ebenso für Glück", sagt Dagmar Papadopoulus. Kelten und Germanen galten diese Tiere als Symbol für einen weisen Ratgeber und in ihrer Mythologie waren es Fledermäuse, die als Lotsen auf dem Weg in die Unterwelt dienten. Fledermausmotive dürfen natürlich weiter zu Halloween eine Rolle spielen. Vielleicht könnten aber Eltern die Gelegenheit nutzen und ihren Kindern ein wenig echtes Wissen über Fledermäuse vermitteln. Denn es kursieren immer noch zu viele falsche Vorstellungen über diese interessanten und liebenswerten Gesellen.