Druckartikel: Finnland ist mehr als Joulupukki

Finnland ist mehr als Joulupukki


Autor: Rainer Lutz

Neustadt bei Coburg, Montag, 19. Oktober 2015

Wenn Katharina Kaiser von Finnland schwärmt, geht mitten in Neustadt die Mitternachtssonne auf. Die Studienrätin hat sich in das Land im Norden verliebt und teilt diese Liebe gern mit jedem, der sich dafür interessiert.
Katharina Kaiser ist von Finnland begeistert. Foto: Rainer Lutz


Wo der Weihnachtsmann wohnt? Was für eine Frage! Der wohnt doch am Polarkreis, das weiß ja jeder. Aber wo genau? Das wissen die Finnen. In Rovaniemi, lebt er. Das ist klar. Dass es der echte Weihnachtsmann ist, ist daran zu erkennen, d
as jedes Jahr Tausende von Touristen vor allem aus den USA und Japan kommen, um ihn dort zu besuchen.
Eine Touristenattraktion, schon. "Aber irgendwie ein Muss für jeden Finnland-Touri", sagt Katharina Kaiser. Sie ist völlig vernarrt in Finnland und längst über das "Rovaniemi-Stadium" hinaus. "Ich habe mich als Erstes in die Sprache verliebt", sagt sie und freut sich über das Staunen, das nach diesem Geständnis meistens folgt. Als Studienrätin, die am Arnoldgymnasium Sprachen unterrichtet, darf sie natürlich sprachverliebt sein. Aber Finnisch? Was die meisten über Finnisch wissen ist, das es sehr schwer ist, weil es so gar nichts mit Deutsch zu tun hat. Das klingt nicht nach etwas, in das sich viele verlieben wollen.


Begeistert von der Sprache

Katharina Kaiser war sofort begeistert, als sie die Sprache hörte. Sie begann, sich intensiver damit zu beschäftigen. Zuerst mal im Selbststudium über Internet und mit Büchern. "Finnisch hat 15 Fälle", sagt sie strahlend und meint, das sei gar nicht so schlimm für jemanden, der über Latein schon mal Fälle kennengelernt hat, die er vorher nicht kannte. "Wenn man mal begriffen hat, wofür das gut ist, geht es schon", sagt sie. Im Studium belegte sie fleißig Finnischkurse. Sie besuchte das Land inzwischen etliche Male und ist in der Deutsch-Finnischen Gesellschaft aktiv
.
Das Dorf des Weihnachtsmannes, wo Besucher das ganze Jahr über erleben können, wie die Wichtel die Geschenke basteln, ihre Wünsche vortragen oder Briefe an ihre Kinder bestellen können, das ist schon ein Tourentipp. Auch wenn es für manche Besucher ein wenig fremd wirken dürfte, dass der Weihnachtsmann Joulupukki eine Frau hat, die Joulumuori. In Finnland ist eben manches anders als anderswo. Aber Finnlandfans wie Katharina Kaiser wissen ohnehin andere Dinge zu schätzen. Einen Snack an einer Imbissbude direkt in einem Hafen beispielsweise. Oder: "Eine einsame Wanderung auf der zugefrorenen Ostsee ist ein tolles Erlebnis", schwärmt sie. Überhaupt, die Natur und die Verbundenheit der Finnen zu ihrem Lebensraum, ihrem Land, auf das sie sehr stolz sind. "Das können sie auch", sagt Katharina Kaiser bestimmt. Unabhängigkeit, wirtschaftlicher Aufschwung und ein Bildungssystem, von dem halb Europa abzukupfern versucht, sind da nur ein paar Punkte, die sie aufzählt. "Es ist die Vielfalt und es sind die Gegensätze, die das Land bietet", schildert Katharina Kaiser den Reiz, den das Land auf sie ausübt. Die Mittsommernacht, wo feiernde Finnen die Nacht im wahrsten Sinne des Wortes zum Tag machen. Aber auch die lange Dunkelheit im Winter, wenn Dörfer und Städte wie Helsinki unglaublich beleuchtet werden, haben einen besonderen Reiz. "Jedes Mal, wenn man hin fährt, kann man etwas völlig Neues, völlig Anderes erleben", sagt sie.


Bitte keinen sinnlosen Smalltalk

Dann sind da die Finnen selbst. "Sie sind eher ruhig, sympathisch ruhig", beschreibt Kaiser die Skandinavier an der Grenze zu Russland. Tolerant seien sie. Eigenarten würden eben darauf zurückgeführt, dass jemand fremd ist, und manche Dinge eben anders macht. Das nimmt der Finne gerne hin. Es ist also schwer, ins Fettnäpfchen zu treten, weil man sich falsch benimmt. "Am ehesten geht ihnen sinnloser Smalltalk auf die Nerven", sagt sie und lacht. Damit sind die Finnen wohl nicht allein.

Sehr naturverbunden beschreibt Katharina Kaiser die Menschen in ihrem Lieblingsland. Sogar die Großstädter hätten meistens ein Häuschen in der Natur oder würden zumindest im Sommer eines für ein paar Wochen mieten. "Das ist eine sehr schöne Art zu leben", findet Kaiser. Als Lehrerin hat sie sich natürlich mit dem Thema Pisa-Primus beschäftigt. "Finnland hat andere Lehrpläne als wir. Lehrer werden dort nur die Besten und der Beruf ist sehr hoch geachtet", beschreibt sie ihre Einschätzung. Klar könne sich manches andere Land dort etwas abschauen. Aber: "Ein Wunderland in Sachen Bildung ist Finnland deswegen auch nicht." Zumal auch die strukturellen Voraussetzungen in dem dünn besiedelten Land mit seinen naturgegebenen Extremen ganz andere sind als etwa in Deutschland.

Finnischer Humor, manchmal trocken, manchmal sehr sehr dunkel und hintergründig, hat es Katharina Kaiser ebenfalls angetan. So wie ein Spiel, das in Finnland weit verbreitet, aber bei uns noch weitgehend unbekannt ist: Mölkky. Es ist eine Art Mischung aus Kegeln und Boule. Aufgestellte Hölzer werden mit einem anderen Holz umgeworfen. Die gefallenen werden dann dort wieder aufgestellt, wo sie umgefallen sind. Punkte zu erzielen, wird so immer schwerer. Katharina Kaiser darf übrigens stolz für sich in Anspruch nehmen, die erste Medaille in diesem Sport für Deutschland errungen zu haben. Das war bei der Mölkky-WM 2011 mit ihrer Mannschaft.


Am liebsten Piroggen

Die Finnische Küche hat es bisher nicht zu Weltruf gebracht. Aber das heißt nicht, dass dort nicht lecker gekocht wird. "Karelische Piroggen zum Beispiel sind ein echter Tipp", versichert die Finnlandkennerin. Die hat sie auch schon mit Schülern am Arnoldgymnasium zubereitet, und: "Die fanden die alle sehr gut."