Druckartikel: Feuer und Lava im Frankenland

Feuer und Lava im Frankenland


Autor: Günter Flegel

Coburg, Freitag, 16. August 2013

Die sanften Hügel des Frankenlandes täuschen: Die Region war in geologisch junger Vergangenheit überaus aktiv. Hier spuckten Vulkane Feuer. Dem heißen Pflaster kann man im Landkreis Haßberge und in Südthüringen nahe kommen.
Vulkanausbruch in Coburg? Vor 15 Millionen Jahren ein nicht völlig unwahrscheinliches Höllenszenario ... (Illustration: Michael Karg)


Wer in Franken wandert, schätzt die beschauliche Ruhe der Landschaft, die sanften Hügel und romantischen Täler. Wer Spektakuläres sucht, feuerspeiende Berge oder heiße Quellen, der muss in die Ferne schweifen, Yellowstone oder Hawaii ... Oder eine Zeitreise unternehmen, nicht einmal 15 Millionen Jahre in die Vergangenheit, ein Katzensprung im Maßstab der Erdgeschichte. Da war Franken noch ein ziemlich heißes Pflaster.


Heißes Pflaster

Und das mit dem Pflaster ist in diesem Fall mehr als eine Floskel. Denn der Schotter unter den fränkischen Straßen und Schienen ist ein Relikt der feurigen Vergangenheit: Basalt, in der Höllenglut tief im Erdinnern geboren und von Vulkanen an die Oberfläche gespuckt. So nah wie in Franken nur möglich kommt man dem Erdinneren bei Maroldsweisach im Landkreis Haßberge.

Unweit des Gemeindeteils Voccawind erhebt sich der Zeilberg, ein Tagebaugebiet, in dem bis heute Basalt gewonnen wird.

Dass der Schotter, mit dem "Schotter" verdient wird, den Berg schrumpfen lässt, ist so etwas wie Ironie der Erdgeschichte. Üblicherweise machen die geologischen Kräfte aus menschlichen Werken Kleinholz, hier beschleunigt der Mensch die natürliche Erosion, die aus Frankens einst furcht-erregenden Bergen harmlose Hügelchen gemacht hat.


Steinerlebnis

Der einstige Vulkan Zeilberg ist durch einen knapp vier Kilometer langen Rundweg erschlossen. Der Stein-Erlebnispfad (www.naturpark-hassberge.de) verbindet theoretisches Wissen mit der Anschauung im Maßstab 1:1, schlägt einen Bogen von der Geologie zur Geschichte der Steinbearbeitung und bietet nicht zuletzt auch Kindern durch eine Reihe von Mitmach-Stationen ein kurzweiliges Naturerlebnis.

Frankens heißes Fundament zieht seine Faszination nicht zuletzt auch aus einer gewissen Widersprüchlichkeit: Nur wenige Gesteine sind haltbarer als der im Feuer geschmiedete Basalt, doch das heiße Spektakel selbst zeichnet sich durch seine Vergänglichkeit aus. Obwohl auf der Uhr der Erde, die seit sechs Milliarden Jahren tickt, erst wenige Sekundenbruchteile vergangen sind, hat der Feuerzauber kaum sichtbare Spuren hinterlassen.


Unterirdische Gänge

Hat man sie einmal aufgespürt, sind sie freilich auf unspektakuläre Art kaum weniger faszinierend als Berge, die tatsächlich noch Feuer speien. Wie eine Perlenkette verbindet eine Reihe erloschener Vulkane Südthüringen mit dem nördlichen Franken: "Heldburger Gangschar" heißt das geologische Phänomen in der Fachsprache. Der Begriff leitet sich von den unterirdischen Gängen ab, die die heute flachen Bergkegel miteinander verbinden.

Durch die Schlote, die bisweilen kaum einen Meter Durchmesser haben, floss in vorgeschichtlicher Zeit Magma, flüssiges Gestein. Die "Heldburger Gangschar" zieht sich von den Gleichbergen südlich von Hildburghausen, den mächtigsten Zeugen der hitzigen Urzeit, über den Zeilberg und den Bramberg bei Ebern fast bis an den Main, und ist nicht das einzige Relikt eines Zeitalters, in dem es in Franken ungemütlich gewesen sein dürfte.


100 erloschene Vulkane

Alleine in Unterfranken zählen die Geologen des Landesamtes für Umwelt in Augsburg rund 100 erloschene Vulkane. Wobei "erloschen" im Maßstab der Steinforscher alles andere als eiskalt bedeutet. Die geologisch aktive Zeit des heute so lauschigen Frankenlandes datiert der Geologe des Landesamtes, Roland Eichhorn, auf rund 30 Millionen Jahre vor unserer Zeit. Erst vor 13 Millionen Jahren hörten die letzten Berge in Franken mit dem Feuerspeien auf .

"Die Region gehörte vor 13 Millionen Jahren noch zu den aktivsten Vulkangebieten in Mitteleuropa", sagt Eichhorn. Das schließen die Forscher aus dem Alter von Gesteinsbrocken unter anderem aus dem Landkreis Bad Kissingen.


Aktive Region

"Die heutige Rhön und die Haßberge wurden - in geologischen Zeiträumen gedacht - noch kürzlich von heftigen Vulkanausbrüchen erschüttert", sagt der Chefgeologe der Behörde. 20 Millionen Jahre lang sei immer wieder glutflüssige Lava entlang von Schwächezonen ausgetreten.

Diese Unruhe war eine Folge der Gebirgsbildung ein paar hundert Kilometer weiter südlich: Durch den Zusammenprall der afrikanischen mit der europäischen Kontinentalplatte begannen sich vor 135 Millionen Jahren die Alpen aufzufalten. Vor 30 Millionen Jahren kam der Alpenraum langsam zur Ruhe, aber die Verwerfungen in der Erdkruste strahlten in weitem Umkreis aus.


Wärme aus der Tiefe?

Einen Eindruck von den Urgewalten aus dem Erdinnern vermitteln die Wanderwege, die auf die Gleichberge im Landkreis Hildburghausen führen. Die Basaltblöcke türmen sich zu Haufen, die den Eindruck erwecken, als wären die knapp 700 Meter hohen Gipfel ein Spielplatz für Riesen.

Der Ausflug in die Erdgeschichte ist für große und kleine Forscher aber mehr als ein Spiel. Zwar beruhigt das Landesamt auf seiner Internetseite "Umweltgefahren", dass "derzeit" keine Vulkanausbrüche in Bayern drohen. Der heiße Boden unter Franken könnte aber eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen: Geothermie!