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Fechheim hat ein Häuschen mit Batterie


Autor: Redaktion.

Fechheim, Sonntag, 13. Juli 2014

Wie kann erzeugter Strom, der gerade nicht gebraucht wird, gespeichert werden? In Fechheim wurde hierfür ein Pilotprojekt gestartet. Marco Höhn von den Stadtwerken Neustadt im Interview:
Der Fechheimer Stromspeicher ist mit Batterien ausgestattet.  Foto: privat


Durch den stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Biomasse wird in vielen Städten und Kommunen zeitweise mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, als die Einwohner verbrauchen. Dies ist auch zeitweise in Fechheim der Fall, einem Stadtteil von Neustadt mit knapp 150 Einwohnern.
Für nicht abgenommene Energie kommt ein Ortsnetz-Stromspeicher der Stadtwerke Neustadt zum Einsatz. Marco Höhn, Energieberater der Stadtwerke Neustadt, erklärt, wie das funktioniert.

Seit wann wird Strom gespeichert?
Marco Höhn: Die ersten Gespräche mit unserem Projektpartner der IBC Solar AG, einem Systemhaus für Photovoltaik aus Bad Staffelstein, haben bereits vor etwa vier Jahren stattgefunden. Wir wurden uns schnell einig, gemeinsam ein Pilotprojekt zu entwickeln.

Im Jahr 2011 wurden dann Messgeräte im Ortsnetz von Fechheim installiert, um zu ermitteln, wie sich die Photovoltaikanlagen auf das Netz auswirken. Hier konnten wir sehr schnell feststellen, dass insbesondere in der Mittagszeit eine große Menge des erzeugten Sonnenstromes nicht im Ortsnetz verbleibt, sondern in die nächsten Netzebenen, in unserem Fall in die Mittelspannung, verschoben wird. 2012 war es dann so weit. Der Stromspeicher wurde angeliefert, mit der Elektronik und den Batterien ausgerüstet, und in Betrieb genommen. Im letzten Jahr konnten dann fleißig Daten aus dem Speicher und aus dem Stromnetz gesammelt werden, die nun zusammen mit unserem Projektpartner und der Hochschule Coburg analysiert und ausgewertet werden.

Wie funktioniert der Stromspeicher?
Mit einer Kapazität von über 200 Kilowattstunden (kWh), das ist der Tagesverbrauch von rund 20 Haushalten, kann der Ortsspeicher den in Spitzenzeiten produzierten Solarstrom in Batterien speichern und somit die Stromleitungen und den Mittelspannungstrafo entlasten.
Sobald die Stromproduktion im öffentlichen Stromnetz von Fechheim einen definierten Schwellenwert erreicht, fließt die von den örtlichen Photovoltaik-Anlagen produzierte Energie in unsere Batterie. Vor allem mittags und in den Sommermonaten trägt der Speicher damit zu einer Stabilisierung des Niederspannungsnetzes bei. Fällt die verfügbare Energie unter den Schwellenwert, wird der Speicherstrom wieder dem Ortsnetz zugeführt. Dies geschieht vor allem abends und in den Morgenstunden, wenn viele Verbraucher in den Haushalten Strom benötigen.

Was haben die Einwohner von Fechheim davon?
Für die Fechheimer Einwohner und für die Betreiber der privaten Solarstromanlagen hat sich erst einmal nichts geändert. Der Vorteil für die Anwohner liegt darin, dass der regenerativ erzeugte "grüne" Strom der vielen einzelnen Solarstromanlagen auf den Fechheimer Dächern nicht mehr in die nächsten Netzebenen zurückgespeist wird, sondern im Ortsnetz verbleibt, um dann von den Einwohnern in den Abend- oder Nachtstunden verbraucht zu werden.

Wie teuer war der Speicher?
Da es sich um ein Pilotprojekt handelt, haben die Stadtwerke Neustadt nur einen Teil der Kosten übernommen.
Wie das bei Pilotprojekten üblich ist, kostet die Einzelfertigung, Entwicklung und Programmierung mehr als bei Serienprodukten. Der derzeitige Marktwert dürfte in etwa bei 100 000 Euro liegen.

Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Speicherbetrieb?
Durch den Stromspeicher ist es uns gelungen, das Stromnetz in Fechheim insbesondere in sonnigen Mittagsstunden zu entlasten und den Strom in Batterien zu speichern.
Das entlastet nicht nur das Fechheimer Stromnetz, sondern auch unser Mittelspannungsnetz. Durch den Speicher wurden weitere Kapazitäten für dezentrale Erzeugungsanlagen geschaffen. Auch bei vollen Batterien kann der Speicher noch weitere Netzdienstleistungen wie beispielsweise aktive Blindleistungsregelung übernehmen.
Sollte das Fechheimer Pilotprojekt Schule machen und sich weitere Batteriespeicher über das Land ausbreiten, können diese intelligent vernetzt und zusammengeschaltet werden, um so Kraftwerke oder den Ausbau von Stromleitungen zu vermeiden. red