Fasching, trotz allem
Autor: Simone Bastian
Seßlach, Dienstag, 01. März 2022
Zum zweiten Mal hintereinander fällt der Umzug am Faschingsdienstag aus. Doch ganz können die Seßlacher ihre Lust am Feiern nicht unterdrücken - auch und gerade in Krisenzeiten.
Noch klingt es ein bisschen schwach: "Kindergarten helau! Seßlach helau!" Aber die Kinder der Gruppen Bienen, Käfer und Mäuse geben sich alle Mühe: Schließlich soll Bürgermeister Maximilian Neeb sie im Rathaus hören. Um die Ecke kommt Verstärkung: Die Kinder aus der Ferienbetreuung, wie die Kleineren verkleidet als Indianer, Einhörner und Prinzessin, haben einen Lautsprecher und Musik dabei. Endlich geht die Rathaustür auf. "Schlafmütze!" ist das erste, was Bürgermeister Maximilian Neeb sich anhören muss. Schließlich haben die Kinder schon zehn Minuten auf ihn gewartet.
"Diese fünf Minuten Fasching genießen wir", sagt er, als er auf die bunte Schar blickt. Faschingsdienstagvormittag in Seßlach im dritten Corona-Jahr und in der ersten Woche nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Normalerweise wäre an diesem Tag die Hölle los, spätestens mit Beginn des Faschingszugs am Nachmittag wäre die Stadt voll gewesen. "Leider muss er ausfallen. Das ist blöd", sagt Neeb. Die Kinder nicken. Aber für ein paar weitere "Seßlach helau!" wirft Neeb Bonbons aus, Passanten lächeln und winken, ein Auto fährt hupend an dem kleinen Auflauf vorbei.
Neeb weiß, dass wegen Corona und Ukraine vielen nicht zum Feiern zumute ist, "so krass, wie die Welt derzeit ist". Aber die Kinder hätten ohnehin auf vieles verzichten müssen. "Die Leute sollen ruhig ein bisschen feiern", sagt der junge Bürgermeister, bevor er seine FFP2-Maske wieder aufsetzt und zurück ins Rathaus geht.
Die Kinder aus der Ferienbetreuung laufen zur nächsten Station ihres kleinen Ersatz-Umzugs. In der Luitpoldstraße warten Konditor Patrick Stein und Sandra Seckel, die neuen Inhaber der Bäckerei Schoder. Nein, den Seßlacher Fasching habe er noch nicht persönlich erlebt, sagt Stein, während Sandra Seckel sorgsam eingetütete Krapfen an die Kinder verteilt. "Aber wenn Faschingszug wäre, hätten wir heute Nachmittag zu und wären im Zug dabei." Fahrerin Mandy, seit 3 Uhr früh auf Tour und in ein Hasenkostüm gehüllt, lässt sich den Fasching nicht nehmen. Schon am Vortag sei sie kostümiert unterwegs gewesen, erzählt sie. "Fasching ist nur einmal im Jahr!"
"Können nicht nur Trübsal blasen"
Und nur zur Faschingszeit backt Patrick Stein Krapfen - gefüllt mit Hiffenmark, Pflaumenmus oder Nutella, Heidelbeeren und weißer Schokolade, mit Popcorn oder Kokosraspeln dekoriert, täglich vier oder fünf Sondersorten zusätzlich zum Standardsortiment. Dieses Jahr sei es immerhin besser gelaufen als 2020, sagt er. "Heuer wissen die Leute wenigstens, dass Fasching ist!"