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Exzellente Musiker live in Coburg erleben


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 07. Sept. 2018

Welche Begegnungen die neue Konzertsaison des Landestheaters Coburg verspricht.
Coburgs Generalmusikdirektor Roland KluttigFoto: Archiv/Marco Borggrece


Mit einer Reihe von Neuerungen startet das Landestheater in die Konzert-Saison 2018/2019. Erstmals gibt es neben dem regulären Sinfoniekonzert-Abonnement eine zweite Abo-Reihe. Darin zusammengefasst sind vier Konzerte, die jeweils am Sonntag vor den regulären Montags-Konzerten angeboten werden. Was er inhaltlich plant, verrät Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig im Interview. Welche Erwartungen verbinden Sie mit der neuen Reihe der Kammerkonzerte im Rathaussaal? Roland Kluttig: Ich bin sehr glücklich, dass es gelungen ist, den lang gehegten Wunsch des Orchesters nach einer kontinuierlichen Kammermusikreihe jetzt in die Tat umzusetzen. Dass dies nun endlich passiert, haben wir vor allem unserer mittlerweile ehemaligen Orchesterdirektorin Ina Holthaus und unserem Konzertmeister Martin Emmerich zu verdanken. Die Coburger haben so die Gelegenheit, sich vom exzellenten Niveau ihrer Musiker in kammermusikalischen Besetzungen zu überzeugen und ihre Musiker aus der Nähe zu erleben. Außerdem ergeben sich durch die selbstständige Arbeit der Musiker miteinander ganz neue Kombinationen im Orchester und auch die Musiker lernen, sich noch einmal ganz anders wahrzunehmen.

Auf welches Werk freuen Sie sich in der neuen Saison besonders? Ich freue mich ganz besonders auf das allererste Werk, Richard Strauss "Macbeth" , eine zu Unrecht noch nicht so bekannte sinfonische Dichtung. Mein erstes Strauss-Dirigat galt diesem Werk, 2006 beim Rheingau Musikfest mit dem Residentie Orkest den Haag. Zu diesem Zeitpunkt fehlte mir jede Strauss-Erfahrung und jetzt nach "Salome" und "Rosenkavalier" und verschiedenen sinfonischen Dichtungen möchte ich dieses Stück noch einmal "richtig" machen.

Beim 7. Sinfoniekonzert gastiert erstmals die Royal Choral Society aus London in Coburg. Wie ist dieses Programm zustande gekommen? 2019 wird das vielleicht bedeutendste Herrscherpaar des 19. Jahrhunderts - Königin Victoria und Prinz Albert - seinen 200. Geburtstag feiern. Wir wollen mit einer ganzen Reihe von Konzerten (schon die "Schottische Sinfonie" im ersten Konzert ist ja Queen Victoria gewidmet) darauf eingehen. Die Royal Choral Society wurde anlässlich Eröffnung der von dem Coburger Prinzen Albert in London in Auftrag gegebenen weltberühmten Royal Albert Hall gegründet und ist seitdem eine der traditionsreichsten englischen Chorgemeinschaften. Wir werden mit diesem Chor ein Konzert mit Werken von Mendelssohn in London gestalten. Ein Komponist, der sehr mit Victoria und Albert verbunden war und der einzigartig für die deutsch-englischen Musikbeziehungen steht. Da die beiden Mendelssohn-Werke erst kürzlich in Coburg aufgeführt wurden, habe ich mich gemeinsam mit Richard Cooke, dem Leiter der Royal Choral Society, entschlossen, Ralph Vaughan Williams monumentale "Sea Symphony" als eines der wichtigsten chorsinfonischen Werke der englischen Musik beim Gegenbesuch des Chores hier in Coburg vorzustellen. Diese Aufführung korrespondiert auch wunderbar mit der Coburger Erstaufführung von "Peter Grimes", der bedeutendsten englischen Oper überhaupt, die ebenfalls in 2019 ansteht.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen? Ein Schwerpunkt wird Mendelssohn und die englische Musik sein, Anlass sind die Feiern zum Victoria & Albert Jubiläum. Sie geben mir aber auch Anlass, Repertoire vorzustellen, welches immer etwas im Abseits steht oder in Coburg noch nicht so zum Zuge kam. Beispiele dafür sind vor allem das 2. und 3.Sinfoniekonzert.

Im Dezember gibt es ein Wiederhören mit Sergey Malov. Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht für das Philharmonische Orchester die regelmäßige Zusammenarbeit mit Gästen, die sich besonders auf dem Gebiet der sogenannten Alten Musik profiliert haben? Seit ich in Coburg bin, haben wir in jedem Jahr einen solchen Spezialisten als Leiter eines Konzertes eingeladen. Das bedeutet einerseits, dass sich die Musiker mit diesem Repertoire vertraut gemacht haben, aber auch, dass sie ohne Dirigent mit dem Solisten als Anführer gespielt haben und eine besondere Kultur des Aufeinander-Hörens entwickeln konnten. Gemeinsam mit Georg Kallweit, Stephan Temmingh, Daniel Sepec und eben Sergey Malov sind dabei einzigartige Konzerterlebnisse zustande gekommen. Sergey Malov waren wir besonders dankbar, weil er vor zwei Jahren mit Beginn der Proben eine Programmumstellung akzeptiert hat und uns eine fantastische Aufführung der "Vier Jahreszeiten" geschenkt hat. Dieses Programm diesmal war eine carte blanche für ihn und wir freuen uns sehr über die erneute Zusammenarbeit.

Beim 3. Sinfoniekonzert kombinieren Sie Mahlers "Lied von der Erde" mit Werken zwei Komponisten, die 1944 von den Nazis ermordet wurden: Hans Krasa und Viktor Ullmann. Wie lässt sie sich beschreiben? Es ist eine der unzähligen Tragödien, dass durch die Naziherrschaft und den entsetzlichen Versuch der vollständigen Auslöschung der jüdischen Bevölkerung in Europa auch eine ganze Epoche der Musik vernichtet wurde. Die in Theresienstadt inhaftierten und zu Tode gekommenen jüdischen Komponisten Hans Krasa, Viktor Ullmann, Pavel Haas oder Gideon Klein (auch Erwin Schulhoff zählt zu dieser Gruppe, wenngleich er nicht dort inhaftiert war) sind Vertreter einer hochinteressanten Richtung in der Musik, da sie die Einflüsse von Gustav Mahler, Richard Strauss, Arnold Schönberg, aber auch Kurt Weill verarbeitet haben und in ganz neue musikalische Welten vorgestoßen sind. Welten, die auch eine Art Versöhnung zwischen den Polen der eben genannten Komponisten dargestellt hätten, wenn man sie denn gelassen hätte. Es sind beeindruckende, bewegende aber auch sehr humorvolle Stücke darunter und die zwei Werke, die wir vorstellen, nur ein minimaler Ausschnitt eines großen Oeuvres, welches bei einem normalen Verlauf noch bis weit ins 20. Jahrhundert gewirkt hätte. Angesichts der 80-jährigen Wiederkehr der "Reichspogromnacht" betrachte ich es als meine Pflicht, einmal diese Werke ins Zentrum zu setzen und kombiniere sie mit einem der meiner Meinung nach größten Werke der Musikliteratur überhaupt - Gustav Mahlers "Lied von der Erde". Es geht mir nicht um eine Erinnerungskultur mit dem Holzhammer, sondern darum, zu zeigen, welch ein Reichtum da vernichtet wurde und das auch Gustav Mahlers Werk von dieser perversen Vernichtung betroffen war. Die Fragen stellte Jochen Berger.

Konzert-Kalender des Landestheaters Coburg für die Saison 2018/2019

Sinfoniekonzerte

Sonntag, 16. September 1. Sinfoniekonzert, 18 Uhr, Werke von Strauss und Mendelssohn, Solist: Christoph Eß (Horn), Leitung Roland Kluttig, Landestheater Montag, 17. September 1. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Landestheater Montag, 15. Oktober 2. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Werke von Debussy, Martinu, Prokofjew, Solist: Jonian-Ilias Kadesha (Violine), Leitung Johannes Braun Sonntag, 11. November 3. Sinfoniekonzert, 18 Uhr, Leitung Roland Kluttig Montag, 12. November 3. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Werke von Krasa, Ullmann, Mahler, Kora Pavelic (Alt), Roman Payer (Tenor), Leitung Roland Kluttig Sonntag, 16. Dezember 4. Sinfoniekonzert, 18 Uhr Uhr, Werke von Strawinsky, Haydn, Mozart, Solist und Leitung: Sergey Malov Montag, 17. Dezember 4. Sinfoniekonzert, Solist und Leitung: Sergey Malov, 20 Uhr Montag, 11. März 5. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Werke von Brahms und Mozart, Solist: Alexander Schimpf (Klavier), Leitung: Johannes Klumpp, Kongresshaus Rosenharten (Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg) Sonntag, 12. Mai 6. Sinfoniekonzert, 18 Uhr, Landestheater Montag, 13. Mai 6. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Landestheater Montag, 8. Juli 7. Sinfoniekonzert, 20 Uhr, Werke von Ralph Vaughan Willims, Royal Choral Society, Philharmonisches Orchester, Leitung: Roland Kluttig, Morizkirche

Concertino

Samstag, 15. September 1. Concertino Samstag, 13. Oktober 2. Concertino Samstag, 10. November 3. Concertino Samstag, 15. Dezember 4. Concertino Samstag, 11. Mai 5. Concertino Das Concertino findet jeweils am Samstag als Matinee statt, Beginn: 11 Uhr

Neujahrskonzert

Sonntag, 6. Januar 2019 Neujahrskonzert, 11 Uhr, Leitung: Roland Kluttig

Klassik-Open-Air

Samstag, 29. Juni 20.30 Uhr, Leitung: Roland Kluttig, Rosengarten

Rathauskonzerte

Sonntag, 7. Oktober 1. Kammerkonzert Sonntag, 2. Dezember 2. Kammerkonzert Sonntag, 17. Februar 3. Kammerkonzert Sonntag, 7. April 4. Kammerkonzert Sonntag, 7. Juli 5. Kammerkonzert Ort Die Rathauskonzerte finden jeweils im Sitzungssaal des Rathauses statt (Beginn: 11 Uhr). Vorverkauf Tickets gibt es in der Tageblatt-Geschäftsstelle und an der Theaterkasse.