Druckartikel: Es zählt Qualität statt Quantität

Es zählt Qualität statt Quantität


Autor: Simone Bastian

Coburg, Samstag, 16. Januar 2016

Natürlich ging es beim Neujahrsempfang um die großen Themen: Sanierung des Landestheaters, städtischer Sparzwang, Verkehrsanbindungen. "Coburg packt's an" hatte Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) seine Ansprache überschrieben und damit Erwartungen geweckt.
OB Norbert Tesmer (SPD), Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) und Driter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) begrüßten die Gäste. Foto: Simone Bastian


Wo und wie im städtischen Haushalt gespart werden kann und soll, hat noch niemand konkret gesagt. Auch Tessmer blieb hier eher allgemein: "Nachhaltig" sollen die Finanzen konsolidiert werden, es gehe nicht um "Optik" oder Schnellschüsse. Haushaltskonsolidierung sei "ständiger und struktureller Prozess". Es gehe nicht darum, nach der Menge der erbrachten Leistung oder Fallzahlen zu fragen, "sondern nach der Wirkung der erbrachten Leistung".

Vor allem, so Tessmer, seien "alle Akteure" gefragt, sie müssten gemeinsam rational und "nicht wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen" an das Thema herangehen. Dafür gab's Beifall - und hinterher in Gesprächen mit Stadtratsmitgliedern durchaus Vorschläge, wo denn die Kostenschraube angezogen werden könnte. Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber suchte - nur halb im Scherz - unter den Gästen des Neujahrsempfangs nach Sponsoren für das Palmenhaus, das allein 170 000 Euro im Jahr koste.


Bekenntnis zum Theater

Rund 13 Millionen Euro liegen die laufenden Ausgaben der Stadt über den Einnahmen, und die Hälfte davon - rund 6,5 Millionen Euro - ließe sich schon sparen, müsste die Stadt nicht mehr fürs Landestheater aufkommen. Doch davon ist der Stadtrat weit entfernt, nicht nur, weil er just vor einer knappen Woche beschlossen hat, Geld für die Sanierung bereitzustellen (den Löwenanteil der Kosten übernimmt der Freistaat Bayern). "Coburg ohne das Theater, das wäre nicht mehr Coburg", betonte Tessmer.

Bodo Busse, der Intendant und Hausherr, wird es gern gehört haben, hatte er doch zu Beginn des Empfangs im Spiegelsaal des Landestheaters selbst darauf hingewiesen, dass das Theater durchaus auch eine gesellschaftliche und integrative Funktion habe.

Freilich gibt es noch eine große offene Frage, und die lautet, wo das Theater denn während der Sanierung zu finden sein wird. Angersporthalle ertüchtigen oder ein Zelt aufstellen lauten bisher die Alternativen, um den Theaterbetrieb aufrecht zu erhalten. Nachdrücklich begrüßte Tessmer den Vorschlag der Hochschule, im Rahmen von Semesterarbeiten weitere Vorschläge zu erarbeiten. Doch geklärt ist damit immer noch nichts - am 5. Februar will sich eine Stadtratsdelegation das Theaterzelt in Landshut anschauen.

Schneller geht es beim "Band der Wissenschaft, Technik und Design" im Güterbahnhofsareal voran, wie Tessmer sagte. So gehe es bei der Altlastensanierung voran und es seien schon erste Entscheidungen in Sachen Erschließung gefallen, weil eine Coburger Firma auf das Areal umsiedeln möchte. Eine weitere Brache, die Areale des ehemaligen Milchhofs und das benachbarte Brockardt-Gelände, stehen ebenfalls kurz vor der Bebauung: Dort soll ein Einkaufszentrum entstehen.


Neues in Sachen Postareal

Auch für das Postareal zeichnet sich Tessmer zufolge Neues ab: "Mit den Eigentümern wurden Vereinbarungen über innerstädtische Entwicklungen getroffen", sagte der OB, ohne in Einzelheiten zu gehen. Vor rund 15 Jahren war das Postareal als Einkaufszentrum im Gespräch, doch daran hatten die Investoren, die es Ende 2001 kauften, kein Interesse.

Konkreter wurde Tessmer, als es um die Integration von Flüchtlingen ging: Helfer, die sich um Geflüchtete kümmern, sollen demnächst von der Stadt eingeladen werden, um ihr Engagement zu würdigen. Tessmer wies darauf hin, dass es für die Neuankömmlinge durchaus Jobchancen gebe und dass Stadt und Landkreis mit den Kammern und der Agentur für Arbeit einen Pakt für Ausbildung und Arbeit geschlossen haben. Junge Ausländer, die eine Ausbildung antreten, erhalten zumindest so lange Bleiberecht, bis die Ausbildung abgeschlossen ist. Tessmer zufolge zeigen sich immer mehr Betriebe bereit, junge Flüchtlinge über eine Ausbildung zu integrieren.

Was das Thema ICE-Halt angeht, hofft Tessmer auf konkrete Aussagen anderer: Bayerns Innenminister Joachim Hermann will im Frühjahr informieren, was in einem Kompromiss mit der Bahn erzielt wurde. Tessmer zufolge hat der Bund inzwischen zugesagt, eine zweite Bahnsteigkante in ICE-Länge zu finanzieren. Die Bahn wollte nur einen Bahnsteig auf diese Länge ausbauen. Ein zweiter Bahnsteig "lasse flexiblere Möglichkeiten für ICE-Halte in Coburg zu", frohlockte Tessmer.


Weltoffen für Metropolregionenwurst

Drei Stück, kurz und dünn, und obendrauf ein Kringel Senf: "Nürnberger Würstle im Partybrötchen" bot das Büffet beim Neujahrsempfang. Da wanderte manche Augenbraue in die Höhe: Auf seine Bratwürste bildet sich Coburg schließlich was ein, auch wenn sie keine partybrötchentauglichen Maße haben. Früher wurde Bratwurst bei Empfängen im Rathaus serviert, davon ist die Stadt aber abgekommen, der Kosten wegen. Aber nun Nürnberger beim Neujahrsempfang? Von "geht gar nicht" bis "wir sind halt weltoffen" reichten die Kommentare, und irgendjemand muss die Bratwürste auch gegessen haben, denn am Ende war die Platte ziemlich leer.

Die Neujahrsempfänge als Möglichkeit des Austausches wolle er beibehalten, hatte Oberbürgermeister Norbert Tessmer am Ende seiner Rede gesagt. "Wenn wir das einsparen, brauchen wir über Haushaltskonsolidierung gar nicht mehr zu reden." Aber bei den Würsten sparen? Vermutlich gibt's nächstes Jahr kein Büffet mehr, sondern nur Gutscheine - und eine Bratwurstbude unten auf dem Schlossplatz.