Druckartikel: Es gibt etwas Neues für Schüler am Coburger Gymnasium Ernestinum

Es gibt etwas Neues für Schüler am Coburger Gymnasium Ernestinum


Autor: Daniela Pondelicek

Coburg, Dienstag, 24. Oktober 2017

Es gibt eine Lösung, wenn Jungen berufliche Probleme weder mit der Familie, Lehrern oder Freunden besprechen können: ein Mentoringprogramm.
Ohne Gespräche klappt's nicht: Damit das Mentoringprogramm auch weiterhin so ein Erfolg ist, teilen Carsten Höllein, Susanne Müller, Ingrid Verst, Bernd Jakob und Christian Gunsenheimer regelmäßig ihre Erfahrungen. Foto: Daniela Pondelicek


Gegen Ende der Schulzeit schwirren vielen Jugendlichen eine Menge Fragen durch den Kopf. Wie geht es nach der Schule für mich weiter? Was wird im Berufsalltag von mir erwartet? Und wie kann ich beweisen, was in mir steckt, und anderen zeigen, was mich bewegt? Bei der Beantwortung dieser Fragen stoßen einige der jungen Leute schnell an ihre Grenzen, wenn sie sich niemandem anvertrauen.

Für Probleme, die weder mit Lehrern, Eltern oder Freunden besprochen werden können, stehen den Jungen am Ernestinum in Coburg seit fünf Jahren auch weitere Ansprechpartner zur Verfügung: Im Rahmen des Programms "Jungs hoch drei" erklären sich ehemalige Schüler des Ernestinums bereit, Jugendlichen als Mentoren in der beruflichen und persönlichen Findungsphase mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.


Für Mädchen gibt es das schon

"Für Mädchen gibt es mit ‚Schritt für Schritt‘ schon länger ein ähnliches Mentoringprogramm, das auch an anderen Schulen erfolgreich angewandt wird", sagt Susanne Müller, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Coburg. In Anlehnung an dieses Projekt sei dann auch "Jungs hoch drei" entstanden. "Bisher wird dieses Konzept aber nur am Ernestinum durchgeführt - andere Schulen hatten sich durchaus dafür interessiert, aber es konnte dann doch nicht umgesetzt werden", erklärt sie.

Zunächst füllen die interessierten Neuntklässler einen Fragebogen aus und schreiben einen kurzen Text darüber, warum sie beim Mentoringprogramm mitmachen wollen. "Ziel ist es, anhand der Angaben über die private Situation, die Interessen und der Persönlichkeit den idealen Mentoren zu finden, der die Jugendlichen dann im kommenden Schuljahr betreuen wird", erklärt Susanne Müller. Wie viele Schüler einem Mentor zugeordnet werden, hänge schlussendlich von der Präferenz der Schüler ab. "Einige fühlen sich in Gruppen wohler, andere können sich im Einzelgespräch besser öffnen", sagt sie. Darauf sei auch der grundlegende Aufbau des Programms angelegt: "Die Schüler treffen sich alleine mit ihrem Mentor, aber es gibt auch Gruppenaktivitäten, bei denen alle teilnehmenden Mentoren und Schüler teilnehmen."


Mentoren richten sich nach Interessen der Schüler

Was genau gemacht wird, hänge von den Interessen der Schüler ab: "In den letzten Jahren wurde gemeinsam gekocht, es gab Rad- und Kanutouren mit abschließendem Grillfest, und auch Ausflüge in den Klettergarten gehörten zum Programm."

Carsten Höllein und Christian Gunsenheimer engagieren sich seit mehreren Jahren als Mentoren. "Am Anfang hatte ich so gar keine Vorstellung darüber, was mich bei dem Programm erwarten wird", erzählt Carsten Höllein. Schließlich habe er sich aber doch dafür entschieden, als Mentor mitzumachen. "Rückwirkend betrachtet hätte es meine Schulzeit enorm aufgewertet, wenn es da schon ein ähnliches Programm gegeben hätte", erklärt er. Er achte bei der Betreuung darauf, dass er auf die Individuellen Bedürfnisse der Schüler eingehe: "Brauchen sie berufliche Orientierung, dann zeige ich ihnen, wie ein Vorstellungsgespräch aussehen könnte oder zeige ihnen meinen Arbeitsplatz. Tauchen in den ersten Treffen private Probleme auf, versuchen wir, die gemeinsam zu lösen." Er habe es auch schon erlebt, dass die Schüler enormen Diskussionsbedarf gehabt hätten. "Wenn ich das merke, dann versuche ich, eine Diskussion heraus zu kitzeln, indem ich beispielsweise nach ihrer Meinung zum Wahlausgang in Amerika frage", erklärt er.


Es geht manchmal auch um Politik

Auch Christian Gunsenheimer führt die ein oder andere politische Diskussion mit den Jugendlichen, die er betreue. "Wir bieten dazu die perfekte Plattform, da die Jugendlichen den nötigen Abstand haben, auch mal andere Meinungen zu hören und ihren eigenen Standpunkt zu vertreten, ohne sich verpflichtet zu fühlen, am Ende klein beigeben zu müssen", erklärt er. Am Anfang habe er nicht so recht gewusst, wie er auf die 15- bis 16-Jährigen zugehen solle. "Mittlerweile halte ich aber auch nach dem Programm mit meinen Schützlingen noch Kontakt", erzählt er. Und auch er nehme viel aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Mentor mit: "Es ist herzerwärmend, mit den Schülern über ihre jugendlichen Themen zu reden, da bleibt man selbst up-to-date. Sie haben mir zum Beispiel gezeigt, wie Whatsapp funktioniert."

Als Lehrkraft betreut Ingrid Verst das Mentoringprogramm. Sie merke deutlich, dass sich das Programm positiv auf die Schüler auswirke: "Die teilnehmenden Jungs wirken gefestigter und reifer." Für Schulleiter Bernd Jakob ist es nicht selbstverständlich, dass die Mentoren sich für die Schüler seiner Schule engagieren: "Die meisten haben einen ohnehin schon prall gefüllten Kalender, da schätzen wir es besonders, dass sie sich ehrenamtlich Zeit für die Jugendlichen nehmen."