Erlösung in der Nachspielzeit: Fußball-Fans in Coburg zwischen Hoffen und Bangen
Autor: Jochen Berger
Coburg, Sonntag, 24. Juni 2018
Von Euphorie ist anfangs nichts zu spüren beim Public Viewing im Coburger Prinzengarten. Umso lauter aber ist der Jubel beim erlösenden Siegtreffer.
Anspannung statt Vorfreude - so ließ sich die Stimmung bei den Fußball-Fans im Coburger Prinzengarten beschreiben. Viele wollten das vorentscheidende Vorrundenspiel der DFB-Elf gegen Schweden beim Public Viewing im Herzen der Stadt erleben. Doch der Andrang wurde am Einlass bei der obligatorischen Taschenkontrolle nie zum Gedränge. Euphorie? Fehlanzeige.
Auch das Bedürfnis, buchstäblich Flagge zu zeigen, war vor der großen LED-Wand im Schatten des Bürglaß-Schlösschens deutlich weniger ausgeprägt als noch bei der WM in Brasilien vor vier Jahren. Immerhin: Einzelne Fans hatten sich in Deutschland-Fahnen gehüllt, andere hatten sich mit wuscheligen Kopfbedeckungen in Schwarz-Rot-Gold gewappnet.
Blutender Final-Held: Erinnerung an Schweinsteiger
Und auch ein wenig Nostalgie war zu sehen mit Trikots aus vergangenen Zeiten. Der Schriftzug "Schweinsteiger" prangte auf einigen Fan-Rücken. Sollte die Erinnerung an den blutenden Helden des WM-Endspiels vor vier Jahren im Maracana-Stadion beschworen werden, um das zum Schicksalspiel ausgerufene Vorrundenspiel gegen Schweden erfolgreich zu bestehen?
Kühler Abend im Prinzengarten
Irgendwie passte das Wetter zur Ausgangslage. Die Fans beim Public Viewing im Coburger Prinzengarten hinter dem Bürglaß-Schlösschen mussten sich warm anziehen, um bei kühlen Temperaturen nicht zu frieren. Frösteln mochten manche Fans schon beim Gedanken an die ebenso ungewohnte wie heikle Ausgangslage vor dem drohenden Vorrunden-Aus. Viele Deutschland-Trikots waren am herbstlich kühlen Abend unter wärmenden Jacken verschwunden.
Bange Blicke statt Anfeuerungsrufen - die heikle Ausgangslage für das Team von Bundestrainer Joachim Löw war auch bei den Fans in Coburg zu spüren. Und nach den optimistisch stimmenden Anfangsminuten übertrug sich die spürbare Nervosität der DFB-Kicker auch auf die Fans im Prinzengarten. Als dann nach dem 0:1-Rückstand durch Toivonens Treffer in der 31. Minuten für Schweden kurz vor dem Halbzeitpfiff auch noch leiser Nieselregen einsetzte, drohte die Stimmung endgültig zu kippen.
Frustriert verließen schon nach den ersten 45 Minuten manche Fans das umzäunte Areal hinter dem Bürglaß-Schlösschen. Vereinzeltes Fahne-Schwenken in der Pause wirkte fast schon wie trotziges Beschwören. Mit dem Ausgleichstreffer kurz nach Wiederanpfiff kehrte freilich die Hoffnung zurück in den Prinzengarten.
Als dann - nach einer Dreiviertelstunde zwischen Hoffen und Bangen - in fast allerletzter Sekunde der Ausgleichstreffer fiel, gab es endgültig kein Halten mehr. Wunderkerzen-Stimmung und auf den Tischen tanzende Fans - plötzlich schien auch in Coburg die Fußball-Welt wieder in Ordnung, Autokorso inklusive.