Druckartikel: Erfolgreiches Coburg-Heimspiel für Annette Pussert

Erfolgreiches Coburg-Heimspiel für Annette Pussert


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 16. Februar 2017

Die in Berlin lebende Autorin stellte in ihrer Heimatstadt ihren Debüt-Roman "Nord Nord Ost" bei einer Lesung in der Stadtbücherei vor.
Annette Pussert stellte ihren Roman-Erstling "Nord Nord Ost" in Coburg vor. Foto: Jochen Berger


Hanna bricht auf zu einer Reise in die Vergangenheit. Weit ist der Weg von Berlin nach Danzig - acht quälend lange Stunden Bahnfahrt. Doch die eigentliche Reise findet im Kopf statt - für Hanna, die Enkelin, die sich auf den Spuren ihrer verstorbenen Großmutter Auguste nach West-Preußen begibt. "Nord Nord Ost" hat die in Berlin lebende Coburger Autorin Annette Pussert ihren Debüt-Roman genannt, der von Hanna und Auguste handelt und von den Mühen und Schmerzen des Erinnerns.


Viele Zuhörer

Groß der Andrang in der Stadtbücherei, die gemeinsam mit dem Literaturkreis Coburg zur Lesung geladen hat. Krieg, Flucht und Vertreibung - mehr als als sieben Jahrzehnte nach dem dem Ende des Zweiten Weltkriegs gewinnt das Thema neue Aufmerksamkeit, wie auch die rege Diskussion während und nach der Lesung beweist. Die Erinnerung an die lange verdrängten Themen Krieg und Holocaust, Vertreibung und Vergangenheitsbewältigung - diese Erinnerung scheint die Neigung zu haben, eine Generation mit Schweigen übergehen zu wollen. Annette Pusserts Roman beschreibt genau dieses Phänomen - die Weitergabe der Erinnerung von der Großeltern- an die Enkel-Generation.


Schnörkellose Sprache

Krieg und Vertreibung - große Themen verwandeln sich oft in große, in dickleibige Bücher. Annette Pussert aber gelingt es, ihre Erinnerungsreise in schlanken 156 Seiten zu erzählen - und dies, obwohl sie ihre Geschichte gleich auf drei Zeitebenen spielen lässt. Denn neben Hannas Reise nach West-Preußen erzählt die Autorin auch von einer Reise der Großmutter, die sich drei Jahrzehnte zuvor ebenfalls aufmachte in ihre Heimat. Und noch eine weitere Ebene fügt Annette Pussert hinzu - anschauliche Bildbeschreibungen, die sie dem Maler Caravaggio widmet - ein dramaturgischer Kniff, mit dem sie demonstrieren will, wie zeitlos die Themen Leibe und Verlust durch die Jahrhunderte hindurch sind.


Knapp gefasst ist der Roman, schnörkellos die Sprache - und schnörkellos, mit leiser Stimme liest die Autorin aus ihrem Werk. Das zwingt zum konzentrierten Zuhören, ermöglicht aber auch die Begegnung mit einer spannend und konzentriert erzählten Geschichte über Vergessen und Verschweigen und über einen Aufbruch in die Zukunft durch die Vergegenwärtigung des Vergangenen. Ein großes Thema im äußerlich kleinen Buch-Format, das bei vielen Zuhörern die Neugier weckt auf weitere Texte dieser Autorin.


Aus dem Leben einer Autorin aus Coburg


Annette Pussert wurde 1972 in Coburg geboren, studierte Germanistik und Geschichte in Konstanz, Berlin und Rom. Mit "Nord Nord Ost" nahm sie an der "Literaturwerkstatt Prosa" des Literarischen Colloquium Berlin (LCB) teil. Ein Auszug des Romans wurde in der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter" (Heft 205) veröffentlicht. Annette Pussert lebt und arbeitet als freiberufliche Autorin und Online-Redakteurin in Berlin.

Buch-Tipp Annette Pussert "Nord Nord Ost", Roman, broschiert, 14.90 Euro, 156 Seiten. Verlag Michason & Mai, 2016