Er war ein Neustadter Urgestein
Autor: Dieter Seyfarth
Neustadt bei Coburg, Montag, 13. April 2020
Er war Sohn eines Puppenaugeneinsetzers: Hellmut Grempel, im Volksmund liebevoll "Reps" genannt, wurde vor 100 Jahren in Neustadt geboren. Er förderte besonders Neustadts Partnerschaften.
Hellmut Grempel, am 10. April 1920 als Sohn des Puppenaugeneinsetzers Ernst Grempel und seiner Ehefrau Luise, geborene Schwämmlein (aus Heubisch stammend), in Neustadt geboren, wuchs in bescheidenen Verhältnissen in der Austraße 14 mit neun Geschwistern auf. In diesem Milieu lernte er schnell die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen kennen. Er durchlebte die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre mit dem einhergehenden sozialen Elend, das aufkommende "Deutsche Reich" und den im Chaos endenden Zweiten Weltkrieg, die schwierigen Nachkriegsjahre und nach Gründung der Bundesrepublik am 23. Mai 1949 das starke Wirtschaftswachstum in den 1950er und 1960er Jahren.
Hellmut Grempel zeichneten Fleiß, Einsatzbereitschaft, Beharrlichkeit und seine soziale Einstellung aus. Er hatte auch eine humorvolle Seite, die ihm in die Wiege gelegt wurde. Am Ende seiner Schulzeit fand er drei Jahre lang eine Arbeit in der Neustadter Spielzeugindustrie. Nach dem Bau des Siemenswerkes in Neustadt im Jahre 1936 fand er ab 1937 im "Kabelwerk" eine Anstellung. Von April bis Oktober 1939 war er gezwungenermaßen beim Reichsarbeitsdienst. Anschließend erging es Hellmut Grempel wie den meisten jungen Männern. Bereits im Januar 1940 musste er zur Wehrmacht einrücken. Als Angehöriger der Luftwaffe (Flakartillerie) war er während des Krieges in verschiedenen Frontabschnitten im Einsatz.
Am 11. Juli 1942 heiratete er während eines Heimaturlaubs in Neustadt Erna Dresselmann aus Minden in Westfalen. Aus dieser Ehe sind die Töchter Brigitte und Clarissa hervorgegangen. 1953 übernahm er als Alleininhaber das Schuhgeschäft seines Vaters und wurde unter dem Namen "Schuh-Reps" weit und breit bekannt. Er begann auch eine politische Laufbahn. Das war 1952, als er erstmals für die SPD in den Stadtrat gewählt wurde. Schon in jungen Jahren interessierte Grempel sich für Politik. Von 1931 bis 1933 war er in der Arbeiterjugend und bis zum Verbot im Jahre 1935 in der Turnerjugend. 1948 bis 1950 war er Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. Vier Jahre lang, von 1956 bis 1960, bekleidete er das Amt des Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion. 1960 wurde er im Stadtrat zum Zweiten Bürgermeister gewählt. Dieses Amt übte er bis 1985 aus.
Infolge der Rückkreisung der Stadt Neustadt im Jahre 1972 wurde Hellmut Grempel auch in den Kreistag Coburg gewählt. Dort wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion berufen. Am 15. Januar 1985 trat er seinen Dienst als Oberbürgermeister an. Grempel setzte sich für das kulturelle und gesellschaftliche Leben in Neustadt ein. Besonders die Begründung (1977) und Fortentwicklung der Städtepartnerschaft mit der südfranzösischen Stadt Villeneuve-sur-Lot lag ihm am Herzen. Er organisierte Schüler- und Vereinsaustausche sowie Messebesuche in Villeneuve-sur-Lot. Für seinen Einsatz wurde Grempel vom Neustadter Städtepartnerschaftskomitee anlässlich seines 80. Geburtstages im Jahre 2000 mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet.
Vieles trug seine Handschrift
Traditions- und Großveranstaltungen wie Kinder- und Marktfest, der Nikolaustag oder die Stadtbälle trugen seine Handschrift. Hellmut Grempel wirkte in zahlreichen Vereinen und Verbänden, teils an erster Stelle, und konnte dort seine Erfahrungen positiv mit einbringen. Neben der Städtepartnerschaft mit Villeneuve-sur-Lot war ihm auch die Partnerschaft mit der Stadt Sonneberg ein Herzensanliegen. So waren die Grenzöffnung am 12. November 1989 und die am 10. Februar 1990 besiegelte Städtepartnerschaft mit der thüringischen Nachbarstadt Sonneberg absolute Höhepunkte in seiner kommunalpolitischen Laufbahn, wie Hellmut Grempel es selbst bezeichnete. Seine ganz besondere persönliche Verbundenheit mit Sonneberg drückte er damit aus, dass er seit der Grenzöffnung mindestens einmal im Monat in die Nachbarstadt marschierte.
Hellmut Grempel war ein "Mann aus dem Volke", hatte zu vielen Bürgern einen guten und engen Kontakt. Daher war er in Neustadt sehr beliebt und geschätzt. Er ließ sich auf der Straße von jedem Bürger ansprechen und nahm so Anregungen, Wünsche und Beschwerden auf. Des Öfteren verzögerte sich daher der kurze Weg des immer für ein Gespräch aufgelegten Oberbürgermeisters von der Wohnung in der Austraße 14 zum Rathaus erheblich. Dafür konnte er auf "schnellem Wege" so manches Problem ausräumen oder erledigen.
Seine Verdienste um die Stadt Neustadt und den Landkreis Coburg fanden Anerkennung und Würdigung mit der Verleihung der Stadtehrenschale, der Bezirks-Ehrenmedaille, der Kommunalen Verdienstmedaille des Freistaates Bayern und des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Besonders stolz und gerührt war Alt-Oberbürgermeister Hellmut Grempel aber, als er durch Oberbürgermeister Frank Rebhan aufgrund des einstimmigen Stadtratsbeschlusses vom 7. Dezember 1998 beim Stehempfang der Stadt Neustadt am 22. Januar 1999 zum Ehrenbürger der Großen Kreisstadt Neustadt ernannt wurde.