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"Entzogenes Kulturgut" auf der Veste Coburg?


Autor: Simone Bastian

Coburg, Sonntag, 15. Dezember 2013

Der Leiter der Kunstsammlungen der Veste Coburg, Klaus Weschenfelder, lässt klären, wo die Kunstgegenstände und Bilder ihren Ursprung haben. Händler sollen geprüft werden.
Gibt es auch in den Beständen der Coburger Kunstsammlungen Exponate mit unklarer Herkunft? Das soll ein Forschungsprojekt klären. Zum unstrittigen Altbestand dagegen zählt die Coburger Pieta (Mitte) aus dem 14. Jahrhundert. Foto: Archiv/Jochen Berger


Woher stammen die Bilder in der "Sammlung Schäfer", die in der Veste Coburg hängen? Die Coburger Landesstiftungen hatten die Sammlung 2003 mit Hilfe der Stadt und der Oberfrankenstiftung erworben. Aber wo hat der Schweinfurter Industrielle Georg Schäfer die altdeutschen Gemälde gekauft, und unter welchen Umständen hatten die Vorbesitzer sie abgegeben?

Solche Herkunftsfragen stellen sich derzeit viele Museen, nicht nur die Kunstsammlungen der Veste Coburg. Den aktuellen Anlass dafür liefert der "Fall Gurlitt": Cornelius Gurlitt hatte in seiner ererbten Sammlung auch Bilder, die sein Vater Hildebrand aus Beständen kaufte, die von den Nazis mehr oder weniger enteignet wurden. Viele Juden mussten im Dritten Reich ihre Sammlungen unter Wert verkaufen oder nach der Reichspogromnacht Kunstwerke als "Entschädigung" für die Sachschäden abgeben.



Beim Kauf der Bilder hatte Kunstsammlungsdirektor Klaus Weschenfelder schon geprüft, ob welche davon im "Art Loss"-Register aufgeführt sind. Dort sind Werke verzeichnet, die unter den genannten Umständen ihren Besitzern entzogen wurden. Schon seit längerem plant Weschenfelder, die Herkunft der Gemälde genauer untersuchen zu lassen. 75000 Euro soll das kosten. Jetzt hat Weschenfelder das erforderliche Geld zusammen: Die Arbeitsstelle des Bundes für Provenienzrecherche hat zugesagt, 60 Prozent der Kosten zu übernehmen, weitere Zuschüsse kommen von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern sowie von der Oberfrankenstiftung.

Wer staatliche Zuschüsse für die Provenienzrecherche erhält, verpflichtet sich, die Bilder den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben oder Wiedergutmachung zu leisten, wenn sich herausstellt, dass der Verkauf seinerzeit unter Zwang erfolgte. Die Stadt Coburg ist von diesem Recherchevorhaben insoweit betroffen, als sie Miteigentümerin der Bilder ist. Das heißt, auch die Stadt müsste Wiedergutmachung leisten. Es sei bekannt, dass Georg Schäfer auch bei Händlern kaufte, die "mit entzogenem Kulturgut" handelten, sagte Klaus Weschenfelder gegenüber dem Stadtrat. Er geht davon aus, dass die Recherche nach der Herkunft der Bilder "nicht ganz einfach" sein wird. Weschenfelder rechnet damit, dass die Recherche etwa ein Jahr dauern wird. Der Stadtrat stimmte dem Vorgehen bei einer Gegenstimme zu. sb