Ende einer Neustadter Legende

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Noch steht Peter Golandsky hinter dem Ladentisch. Doch Mitte Dezember soll alles raus sein aus dem Laden - sogar das Inventar. Foto: Rainer Lutz
Noch steht Peter Golandsky hinter dem Ladentisch. Doch Mitte Dezember soll alles raus sein aus dem Laden - sogar das Inventar. Foto: Rainer Lutz

Es ist beschlossen und nicht mehr zu ändern, Peter Golandsky schließt den Laden am Arnoldplatz, den die Familie seit 1923 betrieben hatte.

Was 1923 mit einem kleinen Laden für Limonade und Süßwaren begann, entwickelte sich über Generationen zu einer echten Legende des Neustadter Einzelhandels. Der Name Golandsky stand Jahrzehntelang für ein unkonventionelles Angebot und Öffnungszeiten bis an die Grenzen des Erlaubten. Mindestens. Jetzt schließt der Kultladen am Arnoldplatz. Peter Golandsky, Inhaber in fünfter Generation, erklärt warum.

"Du hättest halt in Nürnberg leben müssen, mit dieser Ware", sagt er. Einen Laden, der auf dieser Fläche und in dieser Auswahl, Gothic-Schmuck und Accessoires anbietet, sucht man wohl auch in Nürnberg vergebens. "Wir hatten Kunden aus London, die gesagt haben, so was kennen sie bei sich auch nicht", sagt Peter Golandsky. Doch in Neustadt suchten zu wenig Kunden nach diesem Angebot, fehlte die Laufkundschaft einer Großstadtfußgängerzone. "Und in Nürnberg was zu mieten ist einfach zu teuer. Das rechnet sich auch nicht", ist Peter Golandsky überzeugt.

Laufender Wandel

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Immer wieder hat sich der Laden in den über 90 Jahren seines Bestehens verändert - auch baulich. Zu den Süßwaren kam nach dem Krieg Alkohol und Zeitschriften. Immer weiter wurde das Sortiment ausgebaut. Als in den 80er Jahren das Ladenschlussgesetz enge Grenzen setzte, rettete Harry Golandskys Laden so manchen späten Videoabend, konnten sich die Teilnehmer doch oft noch nach 22 Uhr mit Getränken, Chips und dergleichen eindecken. "Das ist verjährt. Deshalb kann man heute sagen, so ganz legal war das nicht alles", sagt Peter Golandsky. Der Vater hatte damals eine Gaststätte eingerichtet. Die durfte öffnen. Die Tür rüber zum Laden stand halt auch offen. So kam Neustadt - quasi durch die Hintertür - in den Genuss von Einkaufsmöglichkeiten, die der Rest des Landes erst viel später bekommen sollte. Darauf, dass bei Golandskys geöffnet war, konnte man sich verlassen. "Wir hatten seit 1974 nicht einen Tag zu. Da war der Vater mal krank", sagt Peter Golandsky und mehr gibt es dazu wohl auch nicht zu sagen.

Später kamen mit der jungen Generation Peter und Alexander Gothic-Schmuck, Bongs, Wasserpfeifen und Zubehör dazu. Manchem schien der Laden zum Gruselkabinatt zu werden, wo es sonderbare Totenschädel kultische Dekowaffen und dergleichen zu kaufen gab. Das Geschäft lief gut an. Zweimal wurde sogar in Coburg eine Filiale gegründet. Doch damit wurde die Arbeit kaum noch zu bewältigen und der Ertrag hielt damit nicht Schritt.

Dann kam der Anhänger

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Als Peter Golandsky in den 90ern begann mit einem Verkaufsanhänger auf Metalfestivals und Tattoo-Conventions sein Sortiment anzubieten, war die Arbeit kaum noch zu schaffen. Den Laden in Neustadt hätte er damals nicht geschlossen. "So lang der Vater gelebt hat, wäre das nicht gegangen", sagt er. Der Laden war Harry Golandskys Leben. Vor etwa drei Jahren starb er. Kurz vor dem Tod riet er dem Sohn dann doch: "Mach zu!" Er hatte verstanden, dass Peter allein mit der Arbeit nicht fertig werden würde.

Neubeginn in Prag

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Alexander Golandsky hatte sein Weg inzwischen in eine andere Richtung geführt. Als Schamane, Voodoomaster, Geistheiler, Handleser und Hypnotiseur hat er bundesweit in Medien Aufmerksamkeit erregt und inzwischen eine spirituelle Praxis in Prag eröffnet.

So ist niemand mehr da, der den Laden führen würde, wenn Peter Golandsky quer durch Europa von Festival zu Festival tourt. "Wir schließen hier ab und sehen wie es weitergeht", steht daher für ihn fest. Am Jahresende ist Schluss. Bis Mitte Dezember läuft der Abverkauf - einschließlich der Einrichtung.

Das Geschäft läuft weiter. Was zum Angebot bei den Festivals gehört, wird eingelagert. Neben dem Absatz im Verkaufsanhänger wird es einen Online-Shop geben.

"Vielleicht gibt es auch irgendwann wieder einen Laden, ich weiß es nicht", sagt Peter Golandsky. Er lässt damit all den Neustadtern ein wenig Hoffnung, für die sein Name schon immer verbunden war mit einem Kultladen, der weithin seinesgleichen sucht.