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Eine Zeitreise durch den Bahnhof in Coburg


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Donnerstag, 25. März 2021

Bei der Sanierung des Coburger Bahnhofs kommen so manche Schriftzüge wieder zum Vorschein, die an vergangene Zeiten mit allerhand kuriosen Anekdoten erinnern.
Bahnhof Coburg: Auch dieser Schriftzug "Fahrkarten" lag jahrzehntelang im Verborgenen.


Lust auf eine spannende Zeitreise? Ein Besuch im Coburger Bahnhof macht's möglich. Denn bei den umfangreichen Sanierungsarbeiten, die seit Monaten laufen, sind in der Bahnhofshalle mehrere alte Schriftzüge wieder zum Vorschein gekommen, die zuletzt von Werbeleuchten oder anderen Einbauten verdeckt worden waren. Zum Beispiel: "Scheidmantel-Bier". Da dürften viele heimische Biertrinker wehmütig werden. Zwar gibt es heute zumindest noch die eine Marke "Scheidmantel Pils" - doch die 1834 gegründete Brauerei Scheidmantel, die im Laufe der Jahrzehnte mit vielen verschiedenen Sorten auf dem Markt war, ist längst Geschichte. Das vermeintliche Pils aus Coburg wird seit Mitte 2011 in Kulmbach gebraut.

Slogan wäre heute nicht mehr erlaubt

In der Bahnhofshalle ist auch der einstige Scheidmantel-Werbeslogan wieder zum Vorschein gekommen: "bekannt - beliebt - bekömmlich". Interessant: Heute wäre dieser Werbespruch gar nicht mehr zulässig. So verwendete auch die Brauerei Grüner in Fürth seit jeher diesen Slogan. Als Grüner nach über 30-jähriger Pause 2011 ein sehr erfolgreiches Comeback hinlegte, gab es prompt Ärger für den traditionsreichen Spruch. So verbietet die Europäische Union die Bezeichnung "bekömmlich" in Zusammenhang mit einem alkoholischen Getränk. Die Brauerei Grüner tauschte das Wort deshalb gegen "begehrt" aus.

Ein weiteres Stück Braugeschichte aus dem Coburger Land fällt einem im Bahnhof unter der digitalen Anzeigetafel ins Auge: "Raab-Bier" ist dort wieder zu lesen. Die gleichnamige Brauerei wurde 1813 gegründet und hatte ihren Sitz in Untersiemau. Somit gab es in Untersiemau lange Zeit zwei Brauereien. Denn 1862 kam noch Höllein (heute Murmann) hinzu. Zwischen den beiden Brauereien gab es zwar nie eine geschäftliche Verbindung, wohl aber familiäre. So war die Mutter des heutigen Chefs Eberhard Murmann eine geborene Raab.

Ebenfalls spannend: 1953 nannte sich die Familienbrauerei Höllein, die damals in vierter Generation von Eduard Murmann geführt wurde, in "Prinzenbräu" um. Dieser Name hatte einen historischen Hintergrund. Denn das Brauereigebäude (in der Prinzengasse!) wurde einst auf den Grundmauern von einem der ehemals drei Untersiemauer Schlösser errichtet. Doch dann drohte ein Streit um Namensrechte.

Der Streit mit dem "Pudding-Prinz"

Der Nahrungsmittelkonzern Dr. Oetker war ins Biergeschäft eingestiegen und hatte sich die Namen "Prinz Bräu" und "Prinz Pilsener" gesichert - das war angeblich eine Anspielung darauf, dass Konzernchef August Oetker den Spitznamen "Pudding-Prinz" hatte.

Für den kleinen Untersiemauer Familienbetrieb mit seinem "Prinzenbräu" wäre ein Rechtsstreit mit dem Großkonzern äußerst schwierig geworden. Deshalb ging man dem Streit lieber gleich aus dem Weg und nannte die Brauerei fortan nach dem Familiennamen: Murmann.

Ein halbes Jahrhundert später hält Dr.Oetker zwar nach wie vor etliche Beteiligungen im Biersegment, die Marke "Prinz Pilsener" ist aber von der Bildfläche verschwunden. Murmann hingegen gibt's noch heute. Allerdings ist es nunmehr die einzige Brauerei in Untersiemau, denn Raab-Biere sind seit 1981 Geschichte. Der jetzt im Coburger Bahnhof wieder aufgetauchte Schriftzug hat also schon etliche Jahre auf dem Buckel.

Sanierung verzögert sich

Doch schon bald wird "Raab-Bier" mit weißer Farbe überpinselt. Zumindest schreitet die Sanierung des Coburger Bahnhofs weiter voran. Insgesamt ist es bei dem Projekt "Zukunftsbahnhof" aber zu Verzögerungen gekommen. Eigentlich sollte im November 2020 alles fertig sein. Nun wird der Mai angepeilt.