Eine Leiche im Globe! Das passiert in Coburg 2022 - vielleicht...
Autor: Simone Bastian
Coburg, Sonntag, 02. Januar 2022
Die Ermittlungen halten Coburg das ganze Jahr 2022 über auf Trab. Sagt zumindest unsere satirisch-ernste Kristallkugel. Wie immer gilt für den unten stehenden Text: Glauben Sie nichts, denn schlimmer wird's immer!
Januar
Das Coburger Landestheater kündigt eine Krimiserie an, selbst gedreht und ausgestrahlt übers Internet. Spielen wird sie an und in der Globe-Baustelle und in jeder Folge lokales Geschehen aufgreifen, bis das Theater am Jahresende im Globe Premiere feiert. Der ermittelnde Polizist heißt in Anlehnung an eine beliebte Krimi-Reihe Ebersdorfer und ist Bratwurst-Junkie. Aber wer soll in der ersten Folge zu Tode kommen? Sofort beginnen wilde Spekulationen. Eine Coburger Tageszeitung (O-Ton Lokalchef: "Ich will Blut sehen!") befragt die Prominenten der Stadt, ob sie bereit wären, die Leiche zu geben. Doch nur Hans Michelbach (CSU) und Ramona Brehm (SPD) willigen in ein Gespräch über diese Frage ein. "Ich hab' schwarzen Humor", sagt Brehm; "mir ist jede Schlagzeile recht", ergänzt Michelbach. IHK-Ehrenpräsident Friedrich Herdan wird zwar nicht gefragt, erklärt aber trotzdem, dass er auf keinen Fall die Leiche geben werde.
Februar
Stadt und Landkreis Coburg haben dank der Krimiserie also eine Alternative zum Fasching und eine Ablenkung vom leidigen Thema Corona. Ebersdorf bei Neustadt protestiert gegen die Verwendung des Namens "Ebersdorfer" für die Krimi-Reihe, weil kein solcher Ebersdorfer Coburger Bratwürste essen würde. Großheirath verlangt, Wohnort des Ermittlers zu sein ("auch bei uns gibt es einen Kreisverkehr mitten in der Landschaft") und Meeder fühlt sich benachteiligt: Es sei doch viel wahrscheinlicher, dass jemand in den Milchwerken zu Tode komme als im Globe. Etliche Kommunalpolitiker melden Interesse an, im Krimi aufzutreten, sei es als sie selbst oder als jemand anderer. Nur den Mörder will niemand spielen - schlecht fürs Image.
März
Die mit Spannung erwartete erste Folge von "Sonnefelder" wird ins Internet gestellt. Ebersdorf bei Coburg und Ebersdorf bei Neustadt hatten einen derartigen Streit über "Ebersdorfer" entfesselt, dass die Theaterleitung den Namen des Ermittlers versteigerte. Sonnefeld machte das Höchstgebot. Dafür wird zugesagt, die Klosterkirche bei jeder Gelegenheit ins Bild zu setzen. Neustadt schied von vorn herein aus, weil es überall Neustadts gibt, "Rodacher" ging nicht, weil das Städtchen auf "Badrodacher" bestand, und "Gruber" kann ja jeder heißen. "Grüber nicht", murren die Grüber, geben aber gar kein Gebot ab. Erwartungsgemäß wird in der ersten Folge eine Leiche in der Globe-Baustelle gefunden. Um wen es sich dabei handelt, bleibt zunächst ungeklärt.
April
Über all den Aufregungen geht in der öffentlichen Debatte vieles unter. Die Impfpflicht ist nun da, aber die Umsetzungsbestimmungen fehlen noch. Die Stadt Coburg hat ihren Bürgerdialog über mehr Klimaschutz in der Stadt ("Green Deal") begonnen, in den sich SPD, Grüne und WPC vehement einbringen. Nur die CSU weiß noch nicht, ob sie den ganzen Prozess gut oder schlecht finden soll. Als der interne Streit darüber eskaliert, behaupten einige Witzbolde, dass die fiktive Globe-Leiche auf jeden Fall jemand aus der CSU sein müsse. Dort kenne man sich mit Hauen und Stechen schließlich bestens aus. Andreas Engel, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion, IHK-Präsident und einer der Verfechter des Bürgerdialogs, kontert mit der Bewerbung um die Rolle als "Engel" im Globe-Krimi. Coburg brauche eine höhere Macht, sagt er.
Mai
Kommissar Sonnefelder tappt nach wie vor im Dunkeln. Noch immer ist der Tote nicht identifiziert, weil die Pathologie im Coburger Klinikum wegen Corona nicht dazu kommt, die Leiche zu untersuchen. Das alles ist fiktiv, wird aber von so vielen Leuten für wahr gehalten, dass Regiomed-Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke sich zu einer Klarstellung veranlasst sieht: "All unsere Mitarbeiter, all unsere Abteilungen sind top engagiert und zu allem fähig, was von ihnen verlangt wird. Aber diese Debatten sind zu nichts zu gebrauchen", diktiert er in sein Handy. Das Spracherkennungsprogramm macht daraus: "Unsere Abteilungen sind zu allem fähig, aber zu nichts zu gebrauchen." Das wird gedruckt und geht auf Sendung. Daraufhin droht Regiomed ein Streik der empörten Mitarbeiter, und es kostet viel Mühe, alles aufzuklären. Die Originalaufzeichnung des eingesprochenen Pressestatements wird schließlich in einer Sonderfolge der Globe-Krimiserie ausgestrahlt, damit jeder mitkriegt, was wirklich gesagt wurde.
Juni
Unterdessen spielt sich an der echten Globe-Baustelle ein anderes Drama ab. Innen läuft bereits der Ausbau für Theaterzwecke, außen werden Straßen und Plätze angelegt, die Zufahrt fürs Parkhaus wird fertiggestellt, das in Rekordzeit errichtet wurde. Doch eines Morgens können die Pflasterer nicht weitermachen, weil das Areal von friedlich sitzstreikenden Protestlern besetzt ist. Gerüchten, es handele sich um Mitarbeiter von Kaeser oder Brose, wird von den Firmen energisch widersprochen. Sie seien als Gesellschafter der Globe-GmbH zwar nicht glücklich über die Richtung, in die der Bau sich entwickle, aber das Geschäft gehe schließlich vor. Sie mussten auch nicht ihre Beschäftigten bemühen: Die Mitglieder der Landsmannschaften und Turnerschaften im Coburger Convent haben zwar ihren Pfingstkongress abgesagt, aber nach Coburg kommen sie gern, wenn es dort genug Bier gibt. Und wenn man sich dafür auf einer Baustelle auf den Boden setzen muss ...
Juli
Nach der Blockade wirkt der Bereich ums Globe wie eine Sandwüste. "Copa Globana!" frohlocken die Sambafestival-Veranstalter. "Wenn wir auf dem Areal Samba machen dürfen, spiel ich auch die Leich'", lautet das Angebot von Chef-Sambista Rolf Beyersdorf. Aber die Leiche gibt es ja schon, auch wenn immer noch keiner weiß, wer sie ist. Der Mörder wäre eigentlich die interessantere Rolle, kommentiert das Tageblatt und fordert mehr Mut, mal offen böse zu sein. Doch das will Beyersdorf nicht. Er könnte sich jedoch vorstellen, als "Beiersdorfer" mal die Nachfolge von Kommissar Sonnefelder anzutreten, sagt er. Am Ende braucht es das alles nicht: Tausende von Sambatänzern seien das ideale Mittel, den Untergrund ordentlich zu verfestigen, behauptet ein Bausachverständiger, der mit Rolfs Bruder Max Beyersdorf studiert hat. Die Stadt erlaubt das Spektakel also. Die Stadtentwicklungs-GmbH unterm Dach der Wohnbau erwirtschaftet locker knapp hunderttausend Euro an dem Wochenende, indem sie das fast fertige Parkhaus an campende Sambafans vermietet: sicher gegen Wasser von oben und unten und unmittelbar am Geschehen.