Druckartikel: Eine Coburgerin drückt "down under" die Daumen

Eine Coburgerin drückt "down under" die Daumen


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Freitag, 08. März 2013

Wenn die Königsgarde vom Coburger Mohr am Wochenende um die deutsche Meisterschaft tanzt, fiebert am anderen Ende der Welt auch Vivian Hopf mit. Die 20-Jährige genießt zurzeit ein "Gap-Year" - vermisst aber ihr liebstes Hobby.
Dschungel statt Dreispitz: Vivian Hopf hat sich nach dem Abitur am Alexandrinum für ein sogenanntes "Gap-Year" in Australien und Neuseeland entschieden. Hier kämpft sie sich auf Fraser Island einen Weg durch die Eli Creek - in der Hoffnung keine Schlangen zu entdecken. Foto: privat


Gefunkt hatte es beim Kinderfasching 1998 im Kongresshaus: Vivian Hopf, damals fünf Jahre alt, war fasziniert vom Gardetanz, der da vom Coburger Mohr auf der Bühne gezeigt wurde. "Und wahrscheinlich auch von den Kostümen", wie sie sich erinnert. Es folgte die Anmeldung im Tanzstudio von Ramona Scholz, und ab Mai 2000 trainierte Vivian bei der Jugendgarde mit.

Insgesamt elf Jahre war Vivian Hopf in den verschiedenen Garden vom "Mohr" aktiv. Ihr letztes Turnier waren die deutschen Meisterschaften 2011 mit der Königsgarde. Auch jetzt am Wochenende stehen wieder diese Titelkämpfe an - und selbstverständlich hat sich der Coburger Mohr erneut qualifiziert. Allerdings ohne Vivian Hopf. Die inzwischen 20-Jährige hat sich - nach dem Abi am Alexandrinum - für ein sogenanntes "Gap-Year" entschieden; ein solches Jahr dient in erster Linie dazu, Sprachen zu lernen und die Welt zu erforschen.

Vivian Hopf hat sich für Australien und Neuseeland entschieden. Aber selbst "Down Under" geht ihr der Gardetanz nicht aus dem Kopf.

infranken.de: Der Coburger Mohr steuert seinem Saisonhöhepunkt entgegen. Wie schwer fällt es Ihnen, nicht dabei zu sein?
Vivian Hopf: Es fällt mir schon sehr schwer, nicht mehr aktiv mittanzen zu können, besonders wenn man durch Facebook um 5 Uhr morgens die Updates der Tänzerinnen liest, die wahrscheinlich noch halb verschlafen im Bus lungern, sich aber extrem auf den bevorstehenden Auftritt freuen. Hätte man mir in meiner aktiven Zeit gesagt, dass ich es vermissen würde um 3 Uhr nachts aufzustehen und vom Gardebus aus den Sonnenaufgang betrachten zu können während man sich fragt, wie man wohl abschneiden wird, hätte ich das niemals geglaubt. Das Gefühl zeigen zu können, wofür man so lange und so hart trainiert hat und dafür dann entsprechend belohnt zu werden, ist einmalig. Aber manchmal muss man im Leben Prioritäten setzen und in meinem Fall war es eben Lebenserfahrung im Ausland zu sammeln.

Wie verfolgen Sie "Down Under" die Turniere Ihrer Freundinnen und Ex-Kolleginnen?
Facebook ist Informationslieferant Nummer eins. Man bekommt dort durch die Status-Updates der Mädels oder auch durch die Seite des Coburger Mohr am schnellsten alle Neuigkeiten und Ergebnisse mit. Aber nicht nur die Turniere, auch den Fernsehauftritt bei der Fastnacht in Franken in Veitshöchheim konnte man dieses Jahr zum Glück im Internet verfolgen. So konnte ich den Auftritt der Königsgarde sehen. Das war super, lässt mich das Tanzen aber noch mehr vermissen.

Was? Fastnacht in Franken haben Sie "da unten" auch geguckt? Hat sich da nicht so mancher Australier, der das mitbekommen hat, reichlich gewundert? Was denken die so über den deutschen Fasching?
Ich bin hier ja zusammen mit meinem Freund, der aus England kommt. Er war, glaube ich, anfangs ein bisschen verwirrt und hat - wie alle männlichen Zuschauer, die Gardetanz zum ersten Mal sehen - beim Anblick von Sprungspagat & Co. schmerzlich das Gesicht verzogen. Die Karnevalstradition ist hier absolut unbekannt, die Musik und das Verkleiden im Februar wohl etwas gewöhnungsbedürftig, aber nächstes Jahr kann er das dann hautnah in Coburg miterleben - ich bin gespannt, wie er reagiert.

Wie wird der "Mohr" bei den "Deutschen" abschneiden?
Es ist schwer eine Prognose abzugeben, wenn man selbst nicht dabei sein kann und weder die Gruppe beim Training und den vorherigen Turnieren noch die Konkurrenz gesehen hat. Aber soweit ich mitbekommen habe, ist die Königsgarde dieses Jahr wieder sehr ehrgeizig, mit Herz und Seele und vor allem mit einem besonders starken Gruppengefühl dabei. Natürlich drücke ich der Königsgarde für die deutsche Meisterschaft alle mir zur Verfügung stehenden Daumen und hoffe, ihre Leistung wird von der Jury gewürdigt.

Sind Sie nächste Saison wieder dabei?
Natürlich wäre ich in der nächsten Session sehr, sehr gerne wieder dabei. Allerdings weiß ich noch nicht, wo ich studieren werde, also könnte es ein Problem durch die Distanz geben. Obwohl ich ja sagen muss, dass eine unserer Tänzerinnen, die in München studiert, jedes Jahr an den großen Turnieren mit dabei ist. Ob ich dem gewachsen bin, werde ich sehen, wenn ich zurück bin. Momentan erinnere ich mich häufig an die Worte meiner Trainerinnen, die mich bei meinem Abschied warnten, dass man ohne regelmäßiges Dehnen schnell einrostet, also ungelenkig wird. Was mir damals unglaubwürdig erschien, ist heute leider pure Realität. Ich musste am eigenem Leibe feststellen: Von nichts kommt nichts!

Was genau machen Sie eigentlich so alles während Ihres Aufenthalts in Australien und Neuseeland?
Was ich in Australien gemacht habe, war kurz gesagt "Work and Holiday" oder "Work and Travel". In den größeren Städten wie Perth oder Sydney habe ich als Kellnerin gearbeitet. Man lernt in dieser Zeit die verschiedensten Menschen aus allen möglichen Ländern kennen. Ich habe hier viele Erfahrungen gesammelt, meine Einstellung zum Leben sehr verändert und bin ein viel selbstständigerer und vor allem offenerer Mensch geworden. Nach einem Jahr Australien bin ich nun in Auckland in Neuseeland wieder am kellnern. Wo ich die nächsten Monate verbringen werde, weiß ich noch gar nicht - und genau das macht es so aufregend!

Und wann geht's wieder zurück in die Heimat?
Ab dem nächsten Wintersemester möchte ich in Deutschland studieren - das heißt, spätestens dann geht es zurück in die Realität, aber auch endlich zurück zu Freunden und Familie und vielleicht - wenn möglich - auch zurück zum Coburger Mohr.

Titelkämpfe

Während sich vom Coburger Mohr alle drei Garden im Gardetanz für die Deutschen Meisterschaften an diesem Wochenende qualifiziert haben, sind die Effect's mit allen drei Garden im Schautanz dabei. Außerdem am Start vom Coburger Mohr: Michelle Maldonado im Einzel (Tanzmariechen) sowie als Tanzpaar mit Christian Fischer.