Druckartikel: Ein Teufelskreis für Milchbauern in der Region Coburg

Ein Teufelskreis für Milchbauern in der Region Coburg


Autor: Dominic Buckreus

Seßlach, Dienstag, 31. Mai 2016

Die Bauern im Coburger Land haben Probleme, ihre Kosten bei der Milchproduktion zu decken.
Einmal am Tag füttert Jürgen Angermüller seine Kühe. Zuletzt sei nicht nur die Zahl der Kühe pro Hof gestiegen, sondern auch die Menge an Milch, die jede Kuh gibt.   Foto: Dominic Buckreus


Ihm wollen die Politiker ab jetzt unter die Arme greifen: Jürgen Angermüller ist ein Milchbauer aus Merlach. Doch wie vielen anderen Betrieben auch, machen ihm die niedrigen Preise für sein Produkt große Sorgen. Vom großen "Milchgipfel", der im Bundeslandwirtschaftsministerium stattgefunden hat, erhofft er sich eher wenig.


"Ich erwarte vom Milchgipfel keine großen Impulse", sagt er. "Nach meiner Einschätzung wird viel geredet werden, aber wenig dabei herauskommen." Manche Dinge, die beim Milchgipfel diskutiert werden, lehnt Angermüller ab. So zum Beispiel das große Thema zur Milchquote, die vor zwei Jahren erst abgeschafft wurde: "Ich war damals schon kein Freund von der Quote, weil sie uns im unternehmerischen Handeln eingeschränkt hat." Nur Maßnahmen, die jeden landwirtschaftlichen Betrieb erreichen, halte er für sinnvoll und wichtig.




In seinem Stall stehen derzeit 50 Kühe, 44 davon werden gemolken, die anderen befinden sich sozusagen im Mutterschutz. Rund 8500 Kilogramm Milch fließen jährlich aus den Eutern seiner Tiere - das sind im täglichen Schnitt etwa 28 Liter pro Kuh. Alle zwei Tage holen die Milchwerke Oberfranken die Milch ab. Dabei werden Schnelltests auf Antibiotika gemacht. Ist der Test positiv, kommen hohe Kosten auf den Bauern zu.


25 Cent für einen Liter Milch

Hohe Kosten entstehen für die Endverbraucher im Supermarkt allerdings nicht. Die Preise fallen immer tiefer und beim Milchbauern landen derzeit gerade mal 25 Cent Grundpreis für einen Liter. Zu wenig, um die Kosten zu decken: "Für mich persönlich sind 30 Cent die absolute Untergrenze", meint Angermüller. Allerdings sei das von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Da er keine Mitarbeiter und damit keine Lohnkosten hat, könne er damit auskommen. Bei anderen Milchbauern könne die Grenze aber höher liegen.


Woran liegt es, dass die Preise momentan so im Keller sind? Hans-Jürgen Rebelein, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Coburg, erklärt: "Das sind viele Faktoren: Erstens sicherlich die gestiegene Milchanlieferung. Weniger in Deutschland, denn andere Länder haben wesentlich mehr zugelegt. Dann der schwierige Export: China importiert zum Beispiel auf Grund der wirtschaftlichen Lage weniger Milch beziehungsweise. Milchpulver. Dazu das Russland Embargo und die Unruhen und Kriege in Nordafrika."


Dem stimmt auch der Bauer zu: "Vor allem die Baltischen Staaten haben viel nach Russland exportiert. Jetzt landet viel davon in der EU." Generell sieht er das größte Problem in der Überproduktion. Vor zwei Jahren sei die Produktion wegen des guten Preises gestiegen: "Die Einzelbetriebe haben geschaut, den Betrieb so hoch wie möglich zu halten." Für den Einzelnen zwar richtig, aber insgesamt entstand daraus ein "Teufelskreis", denn mit dem hohen Angebot, sank auch der Preis: "Der Markt ist belastet durch die große Menge."


Verbraucher hat keine Schuld

Die Discounter, die ebenfalls für die Misere verantwortlich gemacht werden, kann er zumindest teilweise verstehen. "Der Einzelhandel weiß natürlich, dass zu viel produziert wird. Das sind ja auch Kaufmänner, das muss man auch akzeptieren." Dennoch hätten die Discounter auch eine "ethische Verantwortung", meint er: "Muss ich denn hochwertige Produkte so billig verkaufen?"


Auf den Verbraucher hegt er aber keinen Ärger. "Dem kann ich keinen Vorwurf machen", denn er werde immer zum billigeren Produkt greifen, wenn er vor dem Regal steht. Außerdem hätten die Leute auch keinen niedrigeren Preis gefordert.


Was passiert nun also, wenn der Preis so niedrig ist? Schrauben die Bauern ihre Produktion zurück? "Nicht immer", schreibt Rebelein, "Manche produzieren mehr, um die Einnahmen zu halten. Manche füttern nicht mehr so stark und liefern dadurch weniger. Andere füttern mehr an die Kälber. Es gibt aber auch die ersten Anrufer, die sagen, sie müssten spätestens nächstes Jahr aufhören bei diesen Preisen."


Daran will Jürgen Angermüller allerdings nicht denken. Zehn bis 15 Jahre will er mindestens noch weitermachen. Bei der schlechten Lage für seine Milch lassen er und Rebelein aber die Kollegen nicht aus dem Blick: "Schlechte Preise gibt es nicht nur bei der Milch", sagt Angermüller. Auch bei den Schweinemästern, Ferkelzüchtern und im Ackerbau lande immer weniger beim Erzeuger.