Ein Tag für die Tüte: Was war denn da in Coburg los?
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Sonntag, 06. Februar 2022
Es war wohl ein 54-jähriger Coburger, der am Samstag einen Großeinsatz auf dem Coburger Marktplatz auslöste. Aber warum war er dann plötzlich in Bayreuth? Und wo ist er jetzt?
Der Coburger Marktplatz musste am Samstag für fast sieben Stunden komplett gesperrt werden. Zuvor war an der Tür des Rathauses eine ominöse Mülltüte entdeckt worden. Weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich darin eine Bombe befindet, musste ein Sprengstoffräumkommando anrücken, ehe am frühen Nachmittag endlich Entwarnung gegeben werden konnte (dazu auch "Chronologie der Ereignisse" am Ende des Textes).
Hinter der Tat steckt ganz offenbar ein 54-jähriger Coburger, der als "psychisch auffällig" gilt. Erst vor wenigen Wochen hatte er seinen Frust gegenüber verschiedenen Institutionen in der Stadt freien Lauf gelassen: Er beschmierte unter anderem das Justizgebäude, das Job-Center sowie das Gebäude des Coburger Tageblatts in der Hindenburgstraße mit Hakenkreuzen. An allen Tatorten wurden damals Bekennerschreiben hinterlassen, die zwar anonym verfasst waren, doch sehr eindeutig die "Handschrift" des besagten 54-Jährigen trugen, und zwar sowohl optisch als auch inhaltlich.
Plötzlich war er in Bayreuth
Und nun die Sache mit der vermeintlichen Bombe. Beschicker des Coburger Wochenmarkts hatten am frühen Samstagmorgen einen Mann vor dem Rathaus bemerkt, auf den die Beschreibung des 54-Jährigen passt. Was allerdings zusätzlich sehr mysteriös ist: Gegen 9 Uhr erschien jener Mann auf der Polizeidienststelle im gut 75 Kilometer entfernten Bayreuth. Er wollte dort selbst eine Anzeige erstatten, die aber nicht in Zusammenhang mit dem Einsatz auf dem Coburger Marktplatz stand.
Ärgerlich: Zu diesem Zeitpunkt wusste die Polizei in Coburg noch nicht, dass wohl erneut der "amtsbekannte" Mann hinter der Tüten-Aktion steckt. So verließ der 54-Jährige die Polizeidienststelle in Bayreuth wieder und ist seitdem verschwunden. Er halte sich wohl "irgendwo in Oberfranken" auf, wie es heißt. Zudem ist er dafür bekannt, häufig in seinem Auto zu übernachten. In den vergangenen Monaten hatte er das Fahrzeug dazu mehrmals auf dem Parkplatz eines Supermarkts in Coburg abgestellt.
Hilfe für Händler des Wochenmarkts?
Die Coburger Polizei ermittelt nunmehr wegen eines Vergehens der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten.
CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE
Samstag, 4 Uhr: Sandra Barthelmes aus Dietersdorf kommt auf den Coburger Marktplatz und beginnt mit dem Aufbau ihres Obst- und Gemüsestands.
Gegen 4.30 Uhr: Sandra Barthelmes wundert sich über ein Auto, das auf den Marktplatz gefahren kommt. "Der Fahrer hatte sehr laute Musik an", erinnert sie sich später im Gespräch mit dem Tageblatt, "es war gruselige Musik!" Außerdem sei ihr im Inneren des Fahrzeugs eine Art Weihnachtsbeleuchtung aufgefallen. Ansonsten schenkt die Händlerin dem Mann aber keine weitere Beachtung, denn sie ist noch immer mit dem Aufbau ihres großen Wochenmarktstands beschäftigt. Sie nimmt allerdings wahr, dass der Mann kurz aussteigt, sich vor dem Rathaus aufhält und dann auch noch für längere Zeit den Vorraum der Sparkasse aufsucht. Schließlich fährt er davon.