Während sich am Ortsrand die rechtsextreme NPD versammelte, wurde in der Rottenbacher Kirche ein ökumenisches Friedensgebet veranstaltet. Es könnte der Auftakt zu einem dauerhaften Bündnis gegen Rechts gewesen sein.
Es wurde gebetet und gesungen, es wurde den Fürbitten gelauscht, in denen es viel um Toleranz und Nächstenliebe ging - und es wurde aufgehorcht, als Dekan Andreas Kleefeld in seiner Predigt sehr deutliche Worte fand gegen den braunen Spuk, der zeitgleich am Ortsrand stattfand: "Wir dulden im Coburger Land keine menschenverachtenden Parolen", sagte er. Und gerne hätten die gut 120 Menschen in der voll besetzten Kirche an dieser Stelle kräftig Beifall geklatscht. Doch so etwas macht man ja in einem Gotteshaus nicht. Außerdem sollte es am Samstag ja auch ganz bewusst ein stiller Protest sein, der ausgesendet wird. Ein stilles, aber trotzdem starkes Zeichen. Und das ist gelungen.
Die Veranstaltung der rechtsextremen NPD fand nicht - wie ursprünglich gedacht - mitten in Rottenbach statt, sondern am Ortsrand auf einem Parkplatz am Wald. Auch dieses Areal gehört dem Sohn von Franz Schwede, dem Coburger Nazi-Oberbürgermeister und späteren Gauleiter Hitlers in Pommern. Nach Schätzungen der Polizei waren etwa 50 Teilnehmer bei dem Treffen.
Pfarrerin Dorothea Eichhöfer-Wunder ging ihrer Begrüßung beim ökumenischen Friedensgebet zunächst auf Kritik ein, die es vereinzelt an Form und Inhalt dieser Protestveranstaltung gegeben hat. Sie räumte ein, dass manche sich ein mutigeres Bekenntnis gewünscht hätten als sich hinter dicken Kirchenmauern zu verstecken. Doch man dürfe auch nicht vergessen, dass viele Menschen schlichtweg Angst hätten, einen offenen Konflikt mit den Rechtsextremen zu suchen.
Ebenso bekräftigte Dorothea Eichhöfer-Wunder, dass man sich gegen jede Form von Extremismus stelle. Dies hatte ja im Vorfeld dazu geführt, dass sich das Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten ("Cara") nicht an der Veranstaltung in Rottenbach beteiligte - die Cara-Mitglieder hätten sich einen reinen Protest gegen Rechts gewünscht.
"Historische Verantwortung" In seiner Predigt ging Dekan Andreas Kleefeld auf die "historische Verantwortung" ein, die das Coburger Land habe. Schließlich sei die NSDAP - unter jenem Franz Schwede übrigens - in der Vestestadt sehr viel früher als in anderen deutschen Städten an die Macht gekommen. Kleefeld rief deshalb dazu auf, die "Erinnerung an das Unrecht des Dritten Reiches" wach zu halten, und dafür zu sorgen, "dass sich bei uns Menschen aller Herren Länder, mit ihren religiösen und kulturellen Hintergründen wohl fühlen, heimisch werden und unser Leben mit ihren vielfältigen Gaben bereichern." Wörtlich sagte der Dekan auch: "Das Sambafestival macht schon lange deutlich, dass Coburg ein Treffpunkt der Völker und Kulturen sein will."
Doch der Dekan will noch mehr erreichen als punktuelle Akzente gegen Rechts. So regte er an, dass die verschiedenen, oft eher spontanen Initiativen, wie sie es im vergangenen Jahr etwa bei "Coburg ist bunt" oder nun auch beim Friedensgebet in Rottenbach gab, zu bündeln. Angesichts der Entwicklung, dass die rechte Szene versuche, ihre Präsenz in Oberfranken auszubauen, stelle er sich den Zusammenschluss zu einem "Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenrechte" in der Stadt und im Landkreis Coburg vor.
Viel politische Prominenz "Damit wir nicht nur reagieren, wenn Extremisten Unfrieden schaffen, sondern aktiv dagegen arbeiten, dass sich extremistische Tendenzen in diesem schönen Land verstärken", so Kleefeld, dessen Vorschlag bei Regionalmanager Stefan Hinterleitner sofort auf fruchtbaren Boden fiel (siehe dazu Meldung rechts).
Unter den Besuchern des Friedensgebets waren unter anderem die Landtagsabgeordneten Jürgen W. Heike (CSU) und Susann Biedefeld (SPD), Bezirksrätin Elke Protzmann (CSU), Landrat Michael Busch (SPD), Coburgs Zweiter Bürgermeister Norbert Tessmer (SPD), der Neustadter Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD), der Lautertaler Bürgermeister Hermann Bühling (CSU), Stephan Horn von der Wifög der Stadt Coburg sowie - neben Tessmer - auch alle weiteren SPD-Politiker, die Bundestagskandidat werden wollen (Carl-Christian Dressel, Marc Stichert, Mathias Eckardt).
Am Friedensgebet waren beteiligt die katholische Pfarrerin Birgit Müller, Pfarrer Eberhard Wunder aus Großwalbur, Pfarrer Steffen Lübke aus Meeder sowie Martin Gläser von der Ejott. Die musikalische Ausgestaltung hatten Lothar Westermeier, Gary O'Connel, Nick Wiedmann und Axel Meyer übernommen. Und als Dorothea Eichhöfer-Wunder ihnen dafür dankte, wurde im Gotteshaus dann doch Beifall geklatscht. Er war aber ganz bestimmt nicht nur für die Musiker gedacht - sondern für alle, die gemeinsam dieses Zeichen gesetzt haben.