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Ein rares Kleinod in Coburg ist wieder bewohnbar


Autor: Katja Nauer

Coburg, Freitag, 20. Oktober 2017

Das Ehepaar Gitte und Martin Würth hat ein Wohnhaus mit einem besonderen Zollingerdach hergerichtet und erhält dafür die Stadtbild-Medaille.
Kleinod mit rundem Dach: Helmut Raab (links) und Werner Weiß (rechts) vom Verein Stadtbild Coburg freuen sich zusammen mit dem Ehepaar Gitte und Martin Würth über die gelungene Sanierung des Wohnhauses in der Lutherstraße 20. Foto: Katja Nauer


"Ein Gutachter hatte das unter Denkmalschutz stehende Gebäude als wertlos bezeichnet", erläutert Martin Würth. Er und seine Frau Gitte sind seit vier Jahren Eigentümer des Hauses in der zweiten Reihe in der Lutherstraße 20. Ursprünglich wollten sie nur das Vorderhaus kaufen und sanieren - das kleine Häuschen gab es quasi mit dazu. Nachdem das Ehepaar den Kauf getätigt hatte und das Hauptgebäude wieder hergerichtet hatte, stellten sie sich vor einem Jahr die Frage, was mit dem Hinterhaus geschehen sollte. Denn das Gebäude ist etwas ganz Besonderes: Es besitzt eine beeindruckende Dachkonstruktion. "Wir wollten es auf jeden Fall erhalten und wieder bewohnbar machen", erläutert der Hausherr. Das Haus allerdings musste von Grund auf saniert werden: "Der Boden war vollkommen marode. Wir haben alles neu aufgemauert und Horizontalsperren gegen die aufsteigende Feuchtigkeit errichtet."

Die Besonderheit des Hauses, das in zweiter Reihe steht, ist das gewölbte Dach und die auffällige Konstruktion desselben. Der Erfinder und Architekt war Stadtbaurat Friedrich Zollinger aus Merseburg, der sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts jene Bauweise ausdachte. "Er war ein Konstruktionsgenie", erklärt Werner Weiß vom Verein Stadtbild Coburg, "und hat aus der Not eine Tugend gemacht." Für die besondere Bauweise als Rauten-Lamellen-Dach ist nämlich weniger Holz notwendig als bei herkömmlichen Dachkonstruktionen. "Zollinger hat aus der Not heraus gehandelt, um Baumaterial zu sparen", weiß auch sein Kollege Helmut Raab. Beide loben die behutsame Restaurierung des Gebäudes, in dem früher die Hosenträger- und Lederwarenfabrik Dressel untergebracht war. "Damals diente das Erdgeschoss als Werkstatt. Oben waren die Lagerräume untergebracht", erläutert das Ehepaar Würth.


Rautenförmige Wabenkonstruktion

Wenn man im Dachgeschoss steht, kann man die Besonderheit des Zollingerdachs, die rautenförmige Wabenkonstruktion, gut erkennen. Das Ehepaar Würth ließ die Kassetten so gut wie unangetastet, die bisher fehlende Dämmung wurde darüber angebracht. "Wir haben nach Schablonen angefertigte Leimbinder aufmontiert und neue Tonziegel verbaut." Zusammen mit dem Denkmalschutz sei nach Lösungen gesucht worden, das Dach behutsam zu öffnen, um über Fensterflächen mehr Licht in die vorher doch recht dunklen Räume zu bringen. Jetzt ist die Wohnung im Obergeschoss, die ebenso wie jene im Erdgeschoss bereits vermietet ist, mit zusätzlichen Holz-Sprossenfenstern versehen und hell und licht.

Stellvertretend für den Stadtbild-Vorsitzenden Hans-Heinrich Eidt, der aus gesundheitlichen Gründen verhindert war, sind Wolfgang Weiß und Helmut Raab vorbeigekommen, um das Ehepaar mit der Medaille des Vereins auszuzeichnen. Das Ehepaar Würth, das ursprünglich aus Ansbach stammt und schon lange Jahre in Coburg wohnt, kennt so gut wie alle Häuser mit Zollingerdach in Coburg. "Es gibt in ganz Coburg nur noch drei, vier Gebäude mit diesem Dachaufbau", bestätigt ihnen Helmut Raab.