Ein Neustadter bekommt die Quittung für seine Dealerei
Autor: Katja Nauer
Neustadt bei Coburg, Donnerstag, 08. Dezember 2016
Er habe den Leuten in seinem Heimatort "etwas Gutes" tun wollen, weil es dort "nichts gibt" und die Leute immer gejammert hätten. Das "Gute" waren Drogen.
"Das stimmt, was der Staatsanwalt verlesen hat", sagte ein 30-jähriger Neustadter vor Gericht aus. Er habe den Leuten in seinem Heimatort "etwas Gutes" tun wollen, weil es ja in Neustadt "nichts gibt" und die Leute immer gejammert hätten. Das "Gute", was der 30-Jährige seiner Heimatstadt angedeihen lassen wollte, vertrug sich jedoch nicht mit dem Strafgesetzbuch: Der Mann dealte mit nicht unerheblichen Mengen Marihuana und flog schließlich auf, weil ihn eine Informantin bei der Polizei anschwärzte.
Über einen Zeitraum von April 2015 bis April 2016 beschaffte sich der Mann in vier Fällen insgesamt rund 270 Gramm Marihuana nahe seiner Arbeitsstelle in der Schweiz, transportierte die Drogen in einer Reisetasche nach Neustadt und vertickte sie dort an eine Handvoll Abnehmer. Im Februar meldete eine Informantin die dubiosen Geschäfte der Polizei. Im April wurde die Wohnung des 30-Jährigen schließlich von den Beamten durchsucht. Sie nahmen den Mann noch an Ort und Stelle fest. "Die Frage nach Rauschgift konnte er nicht leugnen", gab ein Polizist, der dabei war, an. Denn kurz vor dem Eintreffen der Beamten hatte der Angeklagte noch einen Joint konsumiert. Die Ermittler fanden neben dem Marihuana zudem noch ein Schnupfbesteck, zwei Schreckschusspistolen und einen Notizzettel, auf dem der Mann seine Drogenschuldner akribisch aufgelistet hatte. Außerdem wurden in der Wohnung des Neustadters ein Butterflymesser und 47 Patronen Munition der Marke "Winchester", Kaliber38, gefunden.
Deshalb stand der 30-Jährige am Donnerstag vor Amtsrichterin Melanie Krapf. Staatsanwalt Matthias Schmolke erhob Anklage wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - in einem Fall verkaufte der Mann immerhin 95 Gramm, außerdem musste er sich wegen Besitzes einer verbotenen Waffe und Munition verantworten.
Das Messer habe er noch in einem Schrank liegen gehabt, sagte der Mann, der bisher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war, aus. Die Munition habe er bei einer Wohnungsausräumung gefunden und nicht mehr gewusst, dass er die noch gehabt habe. "Ich habe mir nichts dabei gedacht", sagte er, "ich habe ja gar keine Waffe dazu."
"Die Zähne gehen kaputt"
Der Neustadter zeigte sich reumütig. Im Alter von 14 Jahren sei er das erste Mal mit Drogen in Kontakt gekommen, erklärte er, und cannabissüchtig geworden. Er habe auch Crystal ausprobiert, gab er zu. Aber das sei nichts für ihn gewesen: "Wenn man sich die Leute anguckt, wie die aussehen, die Zähne gehen kaputt. Das muss nicht sein." Mittlerweile konsumiere er keine Drogen mehr, sagte er aus, und bemühe sich um eine Drogentherapie. Den Beweis dafür, dass sein Mandant es ernst meint, händigte sein Anwalt sogleich der Richterin aus: ein Schreiben mit einem festen Termin in einer Drogenberatungsstelle. Staatsanwalt Matthias Schmolke beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, da der Angeklagte voll geständig sei und sich "ehrlich und einsichtig" präsentiere. Schmolke unterstellte dem 30-Jährigen allerdings keine edelmütigen Motive, sondern eher monetäre. "Das Motiv, den Ort zu beleben, halte ich nicht für ausschlaggebend", sagte er, "vielmehr wollten sie Geld verdienen." Aufgrund der Menge der verkauften Drogen hielt er zudem eine Geldstrafe von 2500 Euro für straf- und schuldangemessen.
Das Schöffengericht folgte den Ausführungen des Staatsanwaltes in vollem Umfang und verurteilte den Neustadter zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Auch die 2500 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung muss er zahlen und zudem an einem Programm der ambulanten Suchtberatung teilnehmen. Auf die Bestellung eines Bewährungshelfers wurde verzichtet. Das Urteil ist rechtskräftig.