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Ein Mann, ein Rad und das Coburger Land


Autor: Lothar Weidner

Gauerstadt, Freitag, 10. Oktober 2014

Norbert Wacker sattelte seinen Drahtesel und fuhr jeden Ort im Landkreis an, der ein eigenes Ortsschild hat. Nach neun Tagen und 673 Kilometern hatte er 161 Ortsschilder fotografiert.
Von Gauerstadt aus radelte Norbert Wacker zu allen Städten und Dörfern im Coburger Land. Foto: Doris Weidner


Was macht wohl ein Hotel- und Gastwirt namens Norbert Wacker, der sein Leben lang gearbeitet und gemanagt hat, im Alter von 63 Jahren, nachdem er seinen Betrieb an die Töchter übergeben hat? Er steht als Schankwirt hinter der Theke, hat manch flotten Spruch auf der Lippe und schält in der Küche Kartoffel. Das hätte man erwartet. So ist es auch. Aber halt. Gäbe es ein Guiness-Buch der Rekorde für Coburg. Er stünde darin - nicht wegen des Kartoffelschälens. Nein, er hat sich doch neun Tage lang jeden Morgen auf seinen Drahtesel gesetzt - wohlgemerkt kein E-Bike - und klapperte, immer von Gauerstadt aus startend, sämtliche Ortschaften ab. Aber auch wirklich sämtliche, die es im Landkreis Coburg gibt.
673 Kilometer legte Norbert Wacker dabei zurück. Und wer es nicht glaubt, der kann sich von ihm das Album zeigen lassen, in dem alle Ortsschilder fotografiert und fein säuberlich hinterlegt sind.

Es waren deren 161 Orte und Weiler. Wo auch immer ein paar Häuser ein eigenes Ortsschild haben, wurde der Ort von Wacker angeradelt. Herausgefunden, welche Dörfer, Dörfchen und Weiler es im Kreis gibt, hat er über das Internet. "Dass wir 17 Großgemeinden haben, war mir klar, die Anzahl der Dörfer habe ich aber nur auf etwa 130 geschätzt", meinte der Amateursportler, dem es dabei schon in der Vorbereitung etwas mulmig zu Mute wurde. Gesagt, getan, war jedoch seine Motivation.
Die "Mission" begann am 2. Juli bei schönstem Radlerwetter, was nicht immer der Fall war. Die Gegend rund um Bad Rodach war gleich abgeradelt. Sieben zu eins schlug damals Deutschland Brasilien. "Zusammen mit der Grenzöffnung für mich die beiden Top-Ereignisse der vergangenen 30 Jahre", sagte der seit 24 Jahren für die Freien Wähler tätige Stadtrat von Bad Rodach.
Der dritte Tag hatte es in sich. Es wurde der Norbert-Wacker-Rad-Duathlon kreiert. 60 Kilometer Radfahren, 6 Kilometer Rad schieben. Ein platter Reifen zwischen Tiefen- und Oberlauter war schuld. "Meine technischen Fähigkeiten für ein Reifenflicken sind halt sehr begrenzt - und wer sein Rad liebt, der schiebt". Humor muss sein, denn sonst ist diese Leistung nicht zu vollbringen.
Wer kennt schon Orte wie Siebenwind, Setzelsdorf, Heinersdorf, Schloss Wiesen, Merkendorf. Alle Ortsschilder wurden akribisch fotografiert. Auch das von Weischau, wohl am weitesten von Gauerstadt entfernt. Gemütlich ging es zu, bei der "Reise" in die Nachbargmeinde Seßlach mit all ihren Stadtteilen. Es waren die Enkel Nolan und Leonard dabei. Übernachtet wurde dabei und auf dem Zimmer "Schnauz" gekartet.
Schweißtreibend wurde es am siebten Tag. Die Anfahrt von Gleußen nach Schottenstein und Welsberg war steil. Vorher Lohof. Wacker: "Noch nie was davon gehört". Die Königsetappe ging nach Neustadt. 127 Kilometer. "In Thann war ich zum ersten Mal in meinem Leben". Von Fischbach steil hinauf zu den Bergdörfern war anschließend Schieben angesagt.
Das Resümee aus den wohl einmaligen Radtouren: "Jeder einzelne gefahrene Kilometer war ein tolles Erlebnis. Ich habe bei all meinen Fahrten wunderschöne, verträumte Orte und attraktive Städte kennengelernt und hatte herrliche Rundblicke von den Langen Bergen zum Thüringer Wald, auf den Plessberg und die beiden Gleichberge. Auch der Staffelberg war von Kleingarnstadt aus zu sehen."
Und ein bisschen Werbung muss Wacker auch betreiben "Wir sind ein attraktives Urlaubsgebiet sowohl für Bade- und Wellnessliebhaber in Bad Rodach als auch für Kultur- und Naturliebhaber. Für Wanderer ist unser Landkreis sowieso geschaffen", und er ergänzt: "Hier sind die verantwortlichen Akteure gefordert, unsere Heimat Touristen schmackhaft zu machen."