Druckartikel: Ein Krimi um das Witwenschloss

Ein Krimi um das Witwenschloss


Autor: Berthold Köhler

Heilgersdorf, Sonntag, 02. Sept. 2012

Neue Nachforschungen haben ergeben, dass das Schloss Heilgersdorf nicht wie bisher angenommen in den Jahren 1704 und 1705 erbaut wurde. Das Bauholz stammt nämlich erst aus den Jahren 1716 bis 1718.
Unter den dicken Balken des   Mansarddaches im Heilgersdorfer Schloss  traf sich Lothar Hofmann (links) mit den Vertretern des Bayerischen Rundfunks (von links): Gregor Thon, Uwe Kraus, Kameramann Thomas Zach (verdeckt) und Redakteurin Nanette Stegner.  Foto: Berthold Köhler


Für den Ahorner Museumsleiter Lothar Hofmann entwickelt sich im Heilgersdorfer Schloss derzeit "der Anfang eines baugeschichtlichen Krimis". Der Bamberger Kunsthistoriker Volker Rößner hat nämlich bei Forschungsarbeiten entdeckt, dass die bisher veröffentlichten Daten zum Bau Schlosses in seiner heutigen Form mit größter Wahrscheinlichkeit nicht stimmen. "1704 als Baujahr ist mit größter Wahrscheinlichkeit zu früh", weiß Hofmann, der gemeinsam mit Rößner seit gut einem viertel Jahr am "Fall Schloss Heilgersdorf" arbeitet.

Die entscheidenden Hinweise sind ganz oben im Schloss zu befinden, im Dachstuhl. Dort hat Rößner nämlich Proben entnommen und sie einer "dendrochronologischen Untersuchung" unterzogen. Das Ergebnis: Die in der Dachkonstruktion verwendeten Fichtenhölzer wurden frühestens in den Jahren 1716 bis 1718 gefällt. "Also kann vor 1714 auf keinen Fall mit dem Bau des Schlosses begonnen werden", lautet die Schlussfolgerung von Hofmann.

In der vergangenen Woche war Volker Rößner deshalb in München, um im Archiv der Familien von Lichtenstein nach bislang unveröffentlichten Unterlagen zum Heilgersdorf Schloss zu suchen. Fest steht immerhin so viel: So wie das Schloss heute ausschaut, ist es als Witwensitz für Florina Margaretha von Veltheim gebaut worden. Sie war die Ehefrau des 1693 gestorbenen Heinrich von Lichtenstein und lebte lange Zeit in Lahm, dem damaligen Stammsitz der Familie von Lichtenstein.

Aus dieser Ehe ging unter anderem ein Sohn hervor, der im "Heilgersdorfer Krimi" eine wichtige Rolle spielt: Adam Heinrich Gottlob Posthumus von Lichtenstein. Der war Schüler auf dem Coburger Casimirianum und studierte danach in Leipzig und Paris, ehe er 1714 wieder in seine Heimat zurückkehrte. Zu Paris passt wiederum die Gestaltung des Dachgeschosses im Heilgersdorfer Schluss. Dieses "Mansarddach" stammt aus Frankreich und wurde gerne in großen Städten verwendet, weil man unter dem Dach Zimmer einrichten konnte, aber keine Steuer für ein voll ausgebautes Geschoss zahlen musste.

Heute sind im Dach zwar keine einzelnen Kammern mehr abgetrennt. Aber die Spuren an den dicken Balken lassen deutlich erkennen, dass sich dort früher welche befunden haben dürften. Bauhistorisch gesehen ist so ein "Mansarddach" in Franken auf jeden Fall eine absolute Seltenheit, wie Hofmann weiß: "Mir fällt nur das Schloss Weißenstein in Pommersfelden ein." Just, als dieses fertig gestellt wurde, dürfte in Heilgersdorf mit dem Bau des Witwensitzes begonnnen worden sein.

Wer vor gut 300 Jahren den Umbau des 1361 erstmals urkundlich erwähnten Heilgersdorfer Schlosses in Auftrag geben hat, ist eine der Fragen, die Rößner und Hofmann noch klären wollen. Es könnte durchaus sein, dass Witwe Florina Margaretha selbst den Bau ihres Witwensitzes in Angriff genommen hat. Der Krimi ist also noch lange nicht an seinem Ende angekommen, freut sich der Ahorner Museumsleiter: "Diese Frage zu klären, wird noch eine spannende Angelegenheit bleiben."

Die Zukunft klärt sich bald


Die Geschichte des Schlosses Heilgersdorf ist so spannend, dass vergangene Woche sogar ein Team des Bayerischen Rundfunks im Seßlacher Stadtteil war und dort gemeinsam mit Lothar Hofmann auf Spurensuche ging. Mit dabei war auch der stellvertretende Bürgermeister Berthold Borczyk (Freie Wähler), der zwar nicht in die Vergangenheit, wohl aber ein bisschen in die Zukunft des Gebäudes blicken konnte. Das Schloss - es befindet sich im Besitz der Stadt Seßlach - soll auf kurz oder lang saniert werden. "Wir haben ein Konzept in Auftrag gegeben, das ein bisschen Klarheit schaffen", erklärte Borczyk. Klar sei man sich im Seßlacher Stadtrat aber schon, dass dies keine billige Angelegenheit werden dürfte. Die künftige Nutzung des derzeit noch teilweise vermieteten Schlosses steht dabei nach dem momentanen Stand der Dinge noch in den Sternen. Berthold Borczyk könnte sich da einiges vorstellen - "von Gewerbe- und Büroräumen bis hin zu einer Nutzung für die heimischen Vereine".

Fernseh-Tipp


Der Beitrag über das Schloss Heilgersdorf ist am Sonntag (2. September) ab 18.05 Uhr in der Frankenschau des Bayerischen Fernsehens (Sendebereich Nord) zu sehen.