Ein halbes Dutzend Mutterpässe - kein Kind
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Mittwoch, 02. Februar 2022
Maria Hohenhausen wird nach dem Verlust ihrer Kinder Bloggerin. Eine posttraumatische Belastungsstörung hindert sie daran am Leben teilzunehmen.
Wenn Maria Hohenhausen sich beschreibt, klingt das so: "Ich bin extrem ungeduldig, übertrieben ehrgeizig, dominant und stur, manchmal widerlich besserwisserisch, zickig sobald ich Hunger habe, grenzenlos loyal, wenn ich liebe und wahnsinnig kapriziös. Das ganze ist dann noch gepaart mit grenzwertig schwarzem Humor. Außerdem hege ich eine überaus ausgeprägte Leidenschaft zu frittierten Kartoffelstäbchen." Die Münchner Landpomeranze, wie sich die gebürtige Thüringerin auf Instagram nennt, lebt mittlerweile in Coburg und betreibt einen erfolgreichen Papeterie-Shop.
"Mehrfach verwaist"
Eine witzige Frau, Mitte 30, die ihr Leben in den sozialen Medien mit knapp 10000 Followern teilt. Der genaue Blick auf ihr Profil offenbart jedoch, dass Maria nicht bloß eine unbekümmerte, ehrgeizige Bloggerin ist, sondern ernste Themen transportiert. Da steht "mehrfach verwaiste Mutter". Klickt man das an, steht man plötzlich mitten drin in diesem Leben, in dem ein Schicksalsschlag auf den nächsten folgte: "Ich frage mich oft, wie es wohl sein mag, wenn man schwanger wird, und am Ende dieser Reise ein gesundes Kind in den Armen hält. Statt Blumen auf ein Kindergrab zu legen."
Die traurige Bilanz von mehr als einem Jahrzehnt Kinderwunsch: Ein halbes dutzend Fehlgeburten und stillen Geburten, bei denen das Kind bereits im Mutterleib verstarb, und der Verlust ihres Sohnes Vincent kurz nach der Geburt - ein Junge mit strahlend blauen Augen, dunklen Haaren und den Gesichtszügen seines Papas.
Das letzte Kapitel ihres Mutterglücks endete jäh im Dezember 2018: "Wir wurden nach Monaten der guten Hoffnung erneut zu verwaisten Eltern unserer wundervollen Zwillingsjungs."
Schonungslos offen
Maria Hohenhausen schreibt schonungslos offen und doch mit Bedacht: "Ich teile auf Instagram und auf meinem Blog nur winzige Sequenzen meines Lebens. Auch wenn ich noch so ehrlich über Antidepressiva, Panikattacken und die Trauer um den Verlust meiner Kinder schreibe, so sind es wohldosierte und wohlformulierte Worte. Die reflektiert und aufgeräumt wirken."
Aber die junge Frau hat an den meisten Tagen kaum Kraft, ihren Alltag außerhalb der heimischen vier Wände zu bewältigen, soziale Kontakte zu pflegen. Oder um einfach nur zu leben statt zu existieren. Diese Ausschnitte sehe kein Mensch, aber sie seien genauso Teil ihres Lebens.
Psychische Erkrankung
Denn die Verluste führten zu einem fortwährenden, stummen Begleiter der von nun an, neben der Trauer, ihr Leben bestimmt: Die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung. Die Folge dieser psychischen Erkrankung ist verheerend. Panikattacken, Dissoziationen und das ständige Wiedererleben des Geschehenen machen ein Vergessen unmöglich. Ebenso wie einen ganz normalen Alltag.