Ein Alibi für die vermeintliche Sex-Nacht
Autor: Carsten Höllein
, Dienstag, 02. März 2010
Der wegen schwerer Vergewaltigung angeklagte Professor ist am Dienstag von seiner Ehefrau entlastet worden. Weil die Verteidigung weitere Zeugen hören will, wird ein Urteil voraussichtlich erst am 10. März fallen.
Wer erzählt die Wahrheit? War es eine Vergewaltigung oder sind die Vorwürfe nur ein Racheakt aus enttäuschter Liebe? Eine Antwort auf diese Frage hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Coburg auch am zweiten Tag einen Prozesses gegen einen 48-jährigen Facharzt für Psychiatrie und Professor noch nicht gefunden. Stattdessen setzte Vorsitzender Richter Gerhard Amend auf Grund von Beweisanträgen der Verteidigung einen weiteren Verhandlungstermin an.
Dem suspendierten Hochschullehrer wirft Staatsanwältin Ulrike Barausch vor, einer 57-Jährigen Fußmasseurin, mit der er die Praxisräume teilte, am 12. Juni 2006 ein Narkosemittel gespritzt und an der bewusstlosen Frau den Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben. Die gebürtige Ungarin hatte ausgesagt, dass sie vollständig entkleidet erwacht sei und Spermaflüssigkeit an ihrem Körper entdeckt habe. Anschließend habe ihr der 48-Jährige gedroht, sie zu töten, wenn sie zur Polizei geht. In der Folgezeit sei es zu weiteren Drohungen gekommen.
Der Angeklagte behauptet dagegen, eine sexuelle Beziehung zu dem mutmaßlichen Opfer unterhalten zu haben.
Der Prozess gegen den Facharzt wegen sexuellen Missbrauchs einer Studentin, der mit Freispruch für den Professor endete, sei Anlass für die 57-Jährige gewesen, ihren Mut zusammen zu nehmen und drei Jahre nach dem Vorfall Anzeige zu erstatten. Nach der möglichen Straftat 2006 ließ sich die Masseurin von ihrem Frauenarzt untersuchen. Der Mediziner sagte am Dienstag aus, dass seine Patienten eine Verletzung in der Scheide aufwies, die bei Frauen vor allem auftrete, wenn gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr stattfindet.
Die Verteidigung versuchte, die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin zu erschüttern. So beantragte sie, Aufnahmen vom Anrufbeantworter ihres Mandanten anzuhören, die ein Vertrauensverhältnis zwischen Angeklagtem und mutmaßlichen Opfer beweisen sollen. Auch beriefen die beiden Rechtsanwälte des Facharztes seine Ehefrau in den Zeugenstand. Der 48-Jährige unterhielt 2006 ein intimes Verhältnis mit einer Studentin und – so seine Angaben – zeitgleich auch mit der deutlich älteren Ungarin. Seine Ehefrau sprach trotzdem von einer „intensiven“ Beziehung zu ihrem Gatten, die bis heute andauere. Die Vorwürfe nannte sie „haarsträubend“ und gab ihrem Partner ein Alibi für den 12. Juni 2006. Damals seien beide bei ihren Eltern zum Essen eingeladen gewesen. Zum besagten Zeitpunkt könne er deshalb nicht in der Praxis gewesen sein. Sie erinnere sich deshalb so gut an den Termin, weil ihre Mutter am folgenden Tag eine schwierige Operation vor sich hatte und beim Essen darüber geredet worden sei. Auch habe sie ein Bild auf dem Computer ihres Ehemanns gefunden, wo die 57-Jährige mit entblößtem Busen zu sehen gewesen sei. „Er hat das Foto aber leider gelöscht.“
Der Prozess wird am Mittwoch, 10. März, 8.30 Uhr, fortgesetzt.