Edmund Frey: "Ich schäme mich für Coburg"
Autor: Redaktion
Coburg, Mittwoch, 25. März 2015
Der engagierte Bürger und Leserbriefschreiber ist entsetzt, dass es am Donnerstag wohl eine klare Mehrheit im Coburger Stadtrat für eine Rehabilitierung von Max Brose geben wird.
Edmund Frey, der vor wenigen Tagen bereits an alle Stadtratsmitglieder appelliert hat, Max Brose nicht zu rehabilitieren, hat sich am Mittwoch mit einer weiteren Erklärung zu Wort gemeldet. Darin heißt es wörtlich:
"Sehr geehrte Mitglieder des Coburger Stadtrats,
1. Sie werden sich morgen mehrheitlich dem ökonomischen Druck des Unternehmers Michael Stoschek unterwerfen und sich damit in einer Weise demütigen, die Demokraten nur als Schande wahrnehmen können.
2. Sie werden morgen, wenn Sie für eine "Rehabilitierung" des Parteigenossen Max Brose stimmen, den frei gewählten Stadtrat von 2004 bezichtigen, dass er im Jahr 2004 unfähig war, eine Entscheidung über eine "Max-Brose-Straße" sachgerecht zu treffen.
3. Sie werden sich dabei auf ein Auftragswerk von Gregor Schöllgen (Brose: ein deutsches Familienunternehmen; Berlin, 2008) berufen, das wissenschaftlichen Standards nicht gerecht wird (siehe: Tim Schanetzky (Universität Jena): Die Mitläuferfabrik: Erlanger Zugänge zur "modernen Unternehmensgeschichte" (im Anhang); http://www.zeit.de/2011/18/Schoellgen) und das in seiner Darstellung des "Dritten Reiches" dem "Geist der frühen Adenauerjahre" entspricht und nicht dem Stand der Erforschung des Nationalsozialismus des Jahres 2008, in dem das Buch erschien.
4. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, kommt 2015 zum Ergebnis, dass "Max Brose kein Vorbild" ist (SZ, 21. März 2015). Seine Gründe für dieses Urteil entsprechen denjenigen, die 2004 eine "Max-Brose-Straße" verhinderten.
5. Nach der Logik der Befürworter einer "Rehabilitierung" Max Broses müsste sich also auch Josef Schuster - obwohl er doch das Buch Schöllgens kennt - für seine "völlige Fehleinschätzung von Max Brose und dessen Verhalten in der NS-Dikatur" (Tessmer über den Stadtrat von 2004; Neue Presse, 21.03.2015) heute im Jahr 2015 "entschuldigen".
6. In Coburg wurden "Stolpersteine" zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt; auch ich habe gemeinsam mit meiner Frau einen Stein gestiftet. Nach einer "Rehabilitierung" Max Broses durch den Stadtrat sollte die Stadt Coburg alle "Stolpersteine" entfernen - Coburg wird seiner bisherigen "Erinnerungskultur" mit der geschichtsvergessenen "Rehabilitierung" irreparablen Schaden zufügen.
7. Eine "Rehabilitierung" Max Broses ist ein Zeichen für den "Schlussstrich" unter die nationalsozialistische Vergangenheit dieser Stadt und ihrer Bewohner. Trotzdem wird die Debatte um die nationalsozialistische Vergangenheit Max Broses auch in Coburg weitergehen.
8. Coburg kann in Zukunft an keiner Aktion gegen "Neonazis" und Rassismus - Stichwort: "Coburg ist bunt" - mehr glaubwürdig teilnehmen, wenn es dieser "Buntheit" die Farbe "NSDAP-Braun" hinzufügt.
9. Zu meiner Familie gehören Menschen, die Im KZ Dachau eingesperrt waren; zu meinen Vorfahren zählen Menschen, die von den Parteigenossen des Pg. Max Brose (....) beleidigt, ausgegrenzt, ausgeplündert und barbarisch ermordet wurden.
10. Ich werde in Zukunft an keiner Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus in Coburg mehr teilnehmen, die von der Stadt Coburg veranstaltet wird und bei der von Repräsentanten der Stadt bzw. von Befürwortern der "Rehabilitierung" das Wort ergriffen wird. Gleiches gilt für Aktionen von "Coburg ist bunt".
Ich schäme mich für Coburg."