Dürfen wir jetzt schwelgen im Landestheater?
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Sonntag, 15. Sept. 2019
Mit einer fulminanten Opern-Gala im vollbesetzten Haus eröffnete das Landestheater Coburg die Saison 2019/2020.
"Sei du selbst" schmettern die beiden putzigen Kerle in bester Musical-Manier und reißen damit die Leute im voll besetzten Landestheater Coburg gleich von den Sitzen. Nirgends sonst sind die Leute vom Landestheater im geballten Auftritt so zu erleben wie bei der Gala zur Eröffnung der neuen Saison, sehr sie selbst und persönlich und dabei voller Vorfreude musikalische Bonbons reichend, die uns schon mal den Geschmack des neuen Programmes probieren lassen.
"Sei du selbst" ist ein mächtig auftrumpfender Song aus dem Musical "Otello darf nicht platzen" von Brad Carroll, das im Januar zur Premiere kommen wird. Es schmetterten bei der großen Gala Dirk Mestmacher, den wir ja schon mögen, und ein neuer Sänger, Lean Fargel, auf den wir sehr gespannt sein dürfen.
Nicht geplatzt ist, trotz widrigen Auftaktes, die neue Intendanz. Zu seiner zweiten Spielzeit begrüßte Bernhard F. Loges jetzt mit sympathischer Souveränität - womöglich erstarkt in den Stürmen des letzten Jahres - ein erwartungsvolles Publikum aus den ganzen oberfränkischen Landen. Wir werden sehen; jedenfalls führte Loges geistreich und launig und Vertrauen erweckend durch das Programm.
Das wird - so weit scheinen wir hoffen zu können - vielseitiger als in der letzten Saison. Beginnend mit Wagners "Rheingold" als Auftakt zum kompletten "Ring" in den nächsten Jahren. Kora Pavelic als Fricka erweckte schon mal dramatisch nachdrücklich Wotan (Michael Lion). Gleich drauf ließ Olga Shurshina als Freia ihren schönen Sopran in den weiten mythischen Wagner-Raum.
Ach, tat das gut, nach der Sommerpause das Philharmonische Orchester des Landestheaters wieder zu hören in seiner schwelgenden Pracht, dabei aber ganz differenziert uns die unterschiedlichen Musikstile spüren lassend, die uns in dieser Spielzeit geboten werden. Ganz zart etwa für Händels "Alcina". Da rührte Laura Incko als männerfressende Zauberin, jetzt aber als leidende Liebende, sehr. Emily Lorini dagegen ließ zusammen mit dem Orchester giftige Eifersucht durch ihre Stimme rasen. Barock-Oper muss mittlerweile unbedingt sein in Coburg.
Und dann etwas Moderneres, das schon in dieser kleinen Kostprobe ungemein fesselte: Bohuslav Martinus Oper "Die griechische Passion" wird im April kommen, eine Klangsprache, die aus Vertrautem neue Gefühlsphären erweckt. Das wird spannend.
Dimitra Kotidou! Eine Wahnsinns-Stimme mit ganz eigener Färbung, eine fulminante Darstellerin. Sie wird Donizettis wahnsinnig werdende Lucia di Lammermoor singen. Das Gala-Publikum geriet geradezu aus dem Häuschen.