Druckartikel: Drogen und Alkohol waren oft im Spiel

Drogen und Alkohol waren oft im Spiel


Autor: Katja Nauer

Coburg, Donnerstag, 29. Januar 2015

Am zweiten Prozesstag gegen einen Coburger, der wegen Körperverletzung, Vergewaltigung und Freiheitsberaubung angeklagt ist, kamen seine Mutter und derzeitige Freundin zu Wort. Letztere hatte Erstaunliches zu berichten.
Liebesschwüre und Gewalt. Beides lag bei dem Angeklagten dicht beieinander. Foto: imago


Der Fall schlägt Wellen: Während zum Prozessauftakt der Gerichtssaal im Landgericht Coburg noch gähnend leer war, fanden sich am zweiten Verhandlungstag zahlreiche Zuschauer ein, um die Fortsetzung des Prozesses gegen einen 26-jährigen arbeitslosen Coburger zu verfolgen. Staatsanwalt Phil ipp Karr wirft dem jungen Mann vor, im Jahr 2010 seine damalige Ehefrau geschlagen und gewürgt zu haben. Eine 20-jährige Servicekraft aus Wasserburg soll er im März vergangenen Jahres bedroht, gewürgt und anschließend vergewaltigt haben. Die Anklage lautet auf vorsätzliche und gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Vergewaltigung, Nötigung und - weil er sein Opfer nicht hat gehen lassen - Freiheitsberaubung.


Während am ersten Prozesstag die junge Frau ausführlich zum Tathergang befragt wurde, ließ der Vorsitzende Richter am Landgericht, Gerhard Amend, am Folgetag die Mutter und die derzeitige Freundin des Angeklagten zu Wort kommen. Die Mutter berichtete von einer äußerst schwierigen Geburt. Ihr Sohn, der einen Intelligenzquotienten von 120 aufweist, habe sich ganz normal entwickelt. Ob sie wisse, dass ihr Sohn Drogen genommen habe, wollte Amend wissen. Das bestätigte sie. Die schulische Ausbildung an der Fachoberschule (FOS) schmiss der 26-Jährige zweimal hin, brach seine Ausbildung ab und jobbte zeitweise als Barkeeper. "Dass er bisher in seinem Leben nichts auf die Reihe bekommen hat, muss doch besorgniserregend sein?", hakte der Vorsitzende Richter nach.

Mutter verteidigt Sohn

Das bejahte die Mutter, entschuldigte ihren Sohn jedoch damit, dass er in seinem Leben "oft gelinkt" worden sei. Beispielsweise habe er in der Bundeswehr Hubschrauberpilot werden wollen, was ihm trotz Zusage später verwehrt worden sei. An der FOS sei ihm Unterschleif unterstellt worden, die Ausbildung habe er mangels adäquatem Lehrpersonal verlassen.
Die Mutter bestätigte, dass ihr Sohn oft aggressiv reagiere und barsch werde. Allerdings wären dann nicht nur Alkohol, sondern auch Drogen im Spiel. Seine jetzige Freundin, die ihn zwei Monate vor seiner Inhaftierung im Internet kennengelernt hatte und ihn als freundlich, offen und ehrlich beschrieb, bestätigte, ihn mehrmals alkoholisiert erlebt zu haben.
Aggressiv sei er jedoch nie gewesen, erklärte sie. Zwei Tage nach dem ersten persönlichen Kontakt habe sie den Angeklagten abends zu ihrer Cousine eingeladen. Da stutzte das Gericht, denn in der Nacht zuvor soll sich die Vergewaltigung ereignet haben. Während der Angeklagte mit seiner neuen Freundin unterwegs war, schrieb er dem Opfer fleißig E-Mails, die vom Gericht auch ausgewertet wurden. "Haben Sie ihn keine Mails schreiben sehen?", wollte Gerhard Amend wissen. Natürlich habe er auf seinem Handy herumgetippt, sagte die Freundin. Aber das sei doch ganz normal, dass jemand sein Handy nutze und sie sei auch nicht neugierig gewesen.
Auch in Berlin gibt es ein Verfahren gegen den Coburger: Eine ehemalige Freundin beschuldigt ihn der Tätlichkeit und Vergewaltigung. Für sie und die Exfrau ihres Sohnes fand die Mutter kein gutes Wort. Ob sie glaube, was die drei Zeuginnen vor Gericht ausgesagt hätten, wollte der Staatsanwalt von ihr wissen: Das verneinte die Mutter. Sie sei im Gegenteil davon überzeugt, dass der ehemalige beste Freund ihres Sohnes eine Intrige spinne, weil er neidisch sei. Auf Facebook habe er ihren Sohn als "Vergewaltiger" verunglimpft.
Bevor er die Zeugin entließ, wandte sich Gerhard Amend noch einmal an sie. "Mütter reden immer gut über ihre Söhne", sagte er, "vielleicht sollten Sie aber auch einmal ehrlich zu sich und ihrem Sohn sein." Sie habe einen Sohn, der mit 26 Jahren noch nichts auf die Reihe gebracht habe.
Der Prozess wird am Dienstag, 10. Februar, um 8.30 Uhr fortgesetzt.