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Diese Frauen haben Coburgs Finanzen im Griff


Autor: Simone Bastian

Coburg, Mittwoch, 04. November 2015

Frauen in Führungspositionen - das hat in der Coburger Stadtverwaltung offenbar ganz gut geklappt: Die Allgemeine Finanzwirtschaft in Coburg ist fest in weiblicher Hand. Dass es dazu kam, hat mehrere Gründe.
Diese Damen haben die Finanzen und Liegenschaften der Stadt im Griff (von links): Birgit Gläser (Leiterin der Steuerabteilung), Ute Pflaum (Abteilungsleiterin Liegenschaften), Referatsleiterin Regina Eberwein (gleichzeitig Amtsleiterin Allgemeine Finanzwirtschaft) und Andrea Angermüller (Leiterin der Abteilung Planung und Steuerung). Foto: Simone Bastian


Angela Merkel brachte sie 2008 auf einem CDU-Parteitag in die Politik, und seitdem geistert die "schwäbische Hausfrau" durchs Finanzwesen. Die Stadtfinanzen in Coburg liegen in weiblicher Hand, aber als "schwäbische Hausfrau" würde sich keine der vier Amts- und Abteilungsleiterinnen bezeichnen. Schon allein aus dem Grund nicht, weil sie alle seit Jahren und aus Überzeugung im Berufsleben stehen.

Pausiert habe sie nur eineinhalb Jahre nach Geburt ihres Sohnes, sagt Regina Eberwein, die Chefin und Stadtkämmerin. Offiziell heißt sie "Leiterin des Referats 4", und damit hat die Stadt immerhin auf dieser obersten Führungsebene Gleichstellung erreicht. Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) führt das Baureferat, Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) das Hauptreferat mit Kultur und Bildung, Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) das Sozialreferat.

Als Referatsleiterin hat Regina Eberwein zwei Ämter unter sich, die Allgemeine Finanzwirtschaft und die Stadtkasse. Deren Chef ist mit Reinhard Hauck ein Mann, aber das Amt 20, die Allgemeine Finanzwirtschaft mit ihren drei Abteilungen hat durchweg Frauen an der Spitze. Ganz zufällig dürfte sich das nicht ergeben haben: Die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Stadtverwaltung ist erklärtes Ziel der Politik; erst vor einem Jahr hat der Stadtrat die Fortschreibung des Gleichstellungskonzepts verabschiedet.

Hinzu kam, dass in den vergangenen Jahren etliche Führungspositionen altersbedingt frei wurden, wie Ute Pflaum erzählt, die Leiterin der Abteilung Liegenschaftswesen. "Da rutschten vielfach Frauen nach." Angesichts der Tatsache, dass Frauen die (knappe) Mehrheit der städtischen Beschäftigten stellen, kein Wunder. Allerdings sind von 404 Frauen 127 Reinigungskräfte, die zudem meist Teilzeit arbeiten.

"Es geht bei der Stellenbesetzung immer nach Leistung und nach Qualifikation", betont Regina Eberwein. Darauf legen sie und ihre Kolleginnen auch Wert: "Wir fühlen uns nicht als Quotenfrauen." Qualifikation sei auch Grundvoraussetzung, um führen zu können, sagt Birgit Gläser. Denn auch, wenn eine Führungskraft durchaus Loyalität und Respekt von ihren Mitarbeitern erwarten könne, so müsse sie doch auch durch Leistung überzeugen können. "Man muss eine solche Position auch wollen", betont Regina Eberwein. "Ich würde Führungskraft als Beruf bezeichnen."


Zwischen Familie und Beruf

Wer in eine solche Position wolle, müsse auch Eigeninitiative zeigen, betont Ute Pflaum. Doch die Stadt macht den Frauen den Aufstieg vielleicht leichter als andere Arbeitgeber. Führungskraft in Teilzeit sei kein Problem, versichern Regina Eberwein und Birgit Gläser. Die 35-Jährige arbeitet wegen ihrer kleinen Tochter Paula nur 30 Stunden. Auch Regina Eberwein war auf mehreren Stellen als Amtsleiterin in Teilzeit. "Und als Frau in einer Führungsposition kann man die Anforderungen durch Familie und Beruf besser beurteilen." Dass Führungskräfte auch Teilzeit arbeiten können, war freilich ein Novum, und behinderte die Frauenförderung am Anfang, wie sich Altoberbürgermeister Norbert Kastner erinnert. In seiner Amtszeit, 1997, wurde das erste Gleichstellungskonzept verabschiedet. "In der Praxis tun sich dann die Fragen auf, die man in der Theorie nicht so auf dem Schirm hat", sagt Kastner.

Frauen als Führungskräfte - da ist gern auch von einem Kulturwandel die Rede. Den gebe es in der Stadtverwaltung, allerdings unabhängig von der Frauenförderung: Weg von der Behörde, hin zum Dienstleistungsbetrieb, bestätigt Regina Eberwein. "Ziel ist, dass wir bürgerorientierter arbeiten und an einem Strang ziehen." Das verändert auch intern die Abläufe: "Herrschaftswissen sollte es nicht mehr geben", betont Eberwein. Informationen werden innerhalb des Amtes 20 sofort weitergegeben, wenn das wichtig ist, bestätigt Ute Pflaum.

Und wie ist es mit den Stadtfinanzen? Läuft es dort anders, seit die Frauen die Finanzwirtschaft managen, Stichwort "schwäbische Hausfrau"? "Entscheiden muss die Politik", sagt Regina Eberwein diplomatisch. Ihre Abteilung könne nur die Rahmenbedingungen vorgeben, sagt Andrea Angermüller, Leiterin der Abteilung Planung und Steuerung. Kämmerin Eberwein fasst zusammen: "Am Sparen führt für die Stadt kein Weg vorbei."