Die zwei Gefährten auf dem Weg nach Coburg
Autor: Dominic Buckreus
Seßlach, Donnerstag, 12. Mai 2016
Acht Tage und über 250 Kilometer - das ist die Bilanz der Studenten, die von Stuttgart aus zu Fuß zum Pfingstkongress des Coburger Convents gereist sind.
Am Donnerstag Vormittag sitzen sie mit einer Zigarette in der Hand vor dem Seßlacher Rathaus und warten darauf, die letzte Etappe ihrer Tour endlich hinter sich zu bringen. Erschöpft sehen Pascal Böhnlein (23) und Alexander Zeiler (28) nicht wirklich aus - sie lächeln und freuen sich, dem Ziel ganz nah zu sein. Doch das Aufstehen dauert schon ein bisschen länger, und als sie beginnen zu laufen, kommt höchstens ein Humpeln dabei heraus. Kein Wunder, denn sie haben auch fast 250 Kilometer in den Beinen. Die zwei Studenten sind vorige Woche am Vatertag in Stuttgart aufgebrochen und wollen pünktlich zum Start des Pfingstkongresses des Coburger Convents in der Stadt ankommen.
"Ich habe noch nie so etwas Anstrengendes gemacht", sagt Böhnlein. Morgens um sechs aufstehen, die Blasen an den Füßen vom Vortag behandeln und bandagieren, schnell etwas essen und um sieben ist Abmarsch.
Letzte Gelegenheit genutzt
Im Schnitt zehn Stunden pro Tag haben sie zurückgelegt, an den ersten beiden Tagen sogar 14, sagt Zeller. Ihre letzte Etappe nach Coburg wollen sie aber etwas ruhiger angehen. Warum haben die Aktiven der Landsmannschaft Württembergia zu Hohenheim-Stuttgart sich nicht einfach mehr Zeit genommen? "Wir waren einfach zu übermütig und hatten keine Vorstellung davon", meint er. Dabei hätten sie jemanden fragen können, der es ihnen vorgemacht hat. "Mein Vater hat mir erzählt, dass einer unserer ,alten Herren‘ aus Ochsenfurt 1975 schon einmal so eine Tour nach Coburg gemacht hat und wir fanden diese Idee toll", erklärt Zeller.
"Ich wollte sowieso mal mehr von meiner Heimat sehen, und da ich nächstes Jahr promoviere, dachte ich mir: Jetzt oder nie." Genauso schnell, wie sie die Idee hatten, haben die beiden Agrarwirtschaftsstudenten auch ihre Wanderung geplant: "Wir haben einfach bei Google Maps reingeschaut und überlegt, in welchen Städten wir übernachten könnten", erklärt Böhnlein. Dann haben sie acht Etappen gesteckt und sind losmarschiert.
Dabei haben sie aber die Tücken der Landkarten-Software außer Acht gelassen, die immer den kürzesten Weg sucht. Also fanden sie sich teilweise auf Rücke- oder Pirschwegen wieder: "Wir sind auf Wegen gelaufen, bei denen man gerade so erahnen konnte, dass vor einem halben Jahr mal ein Jäger durchgekommen ist", sagt Böhnlein. "Wir waren beeindruckt, dass die Software diese Strecken überhaupt kennt", ergänzt Zeller. Einmal haben sie sich trotz moderner Navigation dann doch verlaufen. Dann habe sie ein Autofahrer wieder zurück zu ihrem Ausgangspunkt gebracht.
Jeder schulterte etwa 15 bis 20 Kilogramm Marschgepäck, mit Kochset, Schlafsachen, Unterwäsche und guten Klamotten für den Abend. "Das war recht minimalistisch", findet Böhnlein. Trotzdem würde er beim nächsten mal weniger einpacken. Zumal sie sich sowieso unterwegs verpflegt haben. In Supermärkten, beim Bäcker oder Metzger haben sie sich mit Brötchen, Minisalamis oder Dosenwurst eingedeckt. Aber eine gute Nahversorgung haben sie nicht überall vorgefunden: "Es gab viele kleine Orte, in denen es nichts gab. Irgendwann haben wir einfach aus einem Brunnen getrunken, obwohl es kein Trinkwasser war", sagt Zeller.
Von Fremden aufgenommen
Übernachtet haben sie bei Verwandten und Bekannten, ansonsten haben sie "immer Glück gehabt mit den Hotels", sagt der gebürtige Freiburger. Nur in Sulzbach an der Murr seien sie nicht fündig geworden, aber ein junges Ehepaar habe sie nach dem örtlichen Feuerwehrfest aufgenommen. "Wir haben wahrscheinlich so erbärmlich ausgesehen, dass sie Mitleid mit uns hatten", meint Böhnlein und lacht. "Du kommst extrem gut an, wenn du ein Wanderer bist", hat der gebürtige Volkacher (Landkreis Kitzingen) festgestellt. Viele nette Menschen haben sie dabei kennengelernt, etwa eine Pensionärin aus der Schweiz, die von Bern nach Berlin wandert - allerdings lasse sie sich dafür 88 Tage zeit. Ansonsten habe Zeller vor allem die schönen Landschaften und die Natur gefallen, die er gesehen hat. In Herbsthausen (Baden-Württemberg) haben sie sich auf dem Bockbierfest entspannt und eine Brauereiführung mitgemacht. Viel Kraft zum Feiern blieb ihnen auf der Reise allerdings nicht. "Am Abend vielleicht ein, zwei Bier, aber dann fällst du einfach ins Bett", sagt Böhnlein. "Am nächsten Morgen ist der erste Kilometer immer schmerzhaft, aber dann geht es wieder."
Beim Sport nur Zuschauer
"Für uns steht ja eher der sportliche Aspekt im Vordergrund. Das schönste ist, dass du jeden Tag gegen deinen inneren Schweinehund kämpfen musst und dir sagen musst: Ich schaffe das jetzt ", sagt Zeller. Am Donnerstagnachmittag sind die beiden gegen 14 Uhr endlich in Coburg angekommen. Bei ihrem vierten Besuch des Kongresses freuen sie sich vor allem darauf, ihre Verbandsbrüder zu treffen und auf die vielen Sportaktivitäten. "Diesmal schauen wir aber nur zu", sagt Böhnlein. Höchstens beim Luftgewehrschießen wollen sie mitmachen.