Die wechselvolle Geschichte eines Hauses, das eigentlich zwei sind
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Donnerstag, 03. Juli 2014
Am Coburger Marktplatz stehen viele markante Gebäude - doch bei einem ist die architektonische Besonderheit auf den ersten und zweiten Blick gar nicht zu erkennen. Spannend ist auch die wechselvolle Geschichte seiner Mieter.
Detlev Petz hat eine ganz enge Beziehung zu dem Haus. "Dort oben", sagt er und deutet auf ein Fenster im zweiten Stock, "dort bin ich geboren!" Coburg, Markt 7. Wer genau hinschaut, entdeckt am selben Gebäude aber auch die Hausnummer 8. "Es sind ja auch eigentlich zwei getrennte Häuser", erklärt Detlev Petz und setzt zum Erzählen an - und schon im nächsten Moment sind wir eingetaucht in die spannende Geschichte eines besonderen Gebäudes im Herzen Coburgs.
Von Tchibo bis Tredy
Beginnen wir im Jahre 1875, als das Vorgängergebäude wegen Baufälligkeit komplett abgerissen werden musste. Aber: Auch schon dieses damalige Gebäude bestand, und zwar seit 1605, eigentlich aus zwei Gebäuden. Das wurde dann auch beim Neubau 1875 beibehalten. Die linke Hälfte (Hausnummer 7) gehörte Detlev Petz' Ururgroßmutter Sophie Petz, die rechte Hälfte dem Rotgerbermeister Heinrich Aumüller. In der "7", die ihren Hauseingang direkt zum Marktplatz hatte, betrieb die Familie Petz ein Geschäft; der Name "Woll Petz" ist älteren Coburgern noch immer ein Begriff. In der "8", in die man - wie heute - von der Nägleinsgasse aus eintritt, waren im Laufe der Jahrzehnte unter anderem ein Juweliergeschäft (Hieronymus Fischer) sowie "Kaiser's Kaffee-Geschäft" angesiedelt. Letzteres passt zur jüngeren Vergangenheit, denn von 1962 bis Ende 2013 war dort erneut ein Kaffeeröster beheimatet, zunächst Eduscho, das später von Tchibo übernommen wurde. Voraussichtlich im Herbst 2014 zieht das Modegeschäft "Tredy" ein.
Aber noch einmal zurück ins vergangene Jahrtausend: 1995 war es, als Edmund Fischer, der Eigentümer des Hauses Nummer 8, verstarb und sich seine Kinder zum Verkauf entschlossen. Für Detlev Petz, der mittlerweile das Haus Nummer 7 geerbt hatte, ergab sich dadurch eine große Chance: "Ich habe die ,8' gekauft!" Das Haus, das eigentlich zwei Häuser ist, war somit zumindest, was die Besitzverhältnisse betrifft, erstmals seit 1605 wieder eins.
Auch baulich gaben sich dadurch neue Optionen. So konnte der bisherige Eingang der "7" geschlossen werden - zu Gunsten einer breiteren Front für den Bäcker, der dort Mitte der 1990er Jahre einzog. "7" und "8" haben seitdem einen gemeinsamen Eingang von der Nägleinsgasse; durch einen Gang gelangen Besucher dann in das Treppenhaus der "7".