Die Silphie macht dem Mais im Coburger Land Konkurrenz
Autor: Rainer Lutz
Waltersdorf, Freitag, 11. Oktober 2013
Auf 7500 Quadratmetern baute Hans Gräbner bei Gereuth die Becherpflanze an. Jetzt wurde die erste Ernte eingefahren.
Dass ein Maishäcksler auf ein Feld nahe dem ehemaligen Gutshof Gereuth rollt, ist in dieser Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Doch dieser hat es nicht auf ein Maisfeld abgesehen. Zusammen mit Traktoren, die große Hänger ziehen, ist er gekommen, um zum ersten Mal im Coburger Land die Durchwachsene Silphie zu ernten, in der immer mehr Fachleute eine Energiepflanze der Zukunft sehen.
Hans Gräbner aus Waltersdorf ist der Silphie-Pionier, der diesen Acker bestellt hat, der zum Grundbesitz des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten gehört. Gräbner ist Imker. Als solcher ist er von der aus Nordamerika stammenden Silphie (oder Becherpflanze) begeistert, deren Blüten seinen Bienen über einen langen Zeitraum reichlich Nahrung bieten. Tatsächlich war der Acker im Sommer dieses Jahres regelrecht umschwärmt.
Pioniergeist
Dass die konventionelle Landwirtschaft in der Region noch nicht so recht für die Silphie schwärmt, ist Hans Gräbner bewusst. Doch wäre er kein rechter Pionier, wenn er sich davon entmutigen ließe. Mit strahlenden Augen berichtet er von immer besser gelingenden Versuchen, die Silphie zu säen. Dass sie nämlich bisher Pflanze für Pflanze in den Boden gebracht werden muss, gilt als größtes Hemmnis für den großflächigen Anbau. Gräbner hat das nicht abgeschreckt: "Wir haben auf rund 7500 Quadratmetern Fläche 30 000 Pflanzen eingebracht und die sind alle aufgegangen", berichtet er stolz.
Im ersten Wuchsjahr kam die Fläche nur der Insektenwelt zugute, denn geerntet werden kann erst im zweiten Jahr. Den vollen Ertrag liefert die Silphie ab dem dritten Jahr.
Was Hans Gräbner so zufrieden sein lässt, ist das erreichte Ergebnis auf einem, an sich als sehr ungeeignet geltenden lehmigen Boden. "Auf dem Acker ist die letzten 20 Jahre nie was Gescheites gewachsen", schildert der Imker seine eigene Beobachtung. Zum schlechten Boden kam auch noch das ungünstige Wetter, unter dem in diesem Jahr auch das Mais zu leiden hatte. Gerade den möchte Gräbner an so vielen Stellen wie möglich durch die Silphie ersetzt sehen.
Die - sollte sie gesät werden können - einige Vorteile zu bieten hat. Sie muss über viele Jahre nicht neu gesät oder gepflanzt werden, sondern wächst immer wieder aus der Bestockung. Wenig Dünger im Frühjahr genügt und auch Pflanzenschutzmittel sind nur sehr begrenzt nötig. Der Ertrag kann nach einer Veröffentlichung der Zeitschrift "Topagrar" aus diesem Sommer mit dem von Mais mithalten.
Da haben Bauern im Coburger Land noch Bedenken: "Ein Landwirt aus der Region hat mir erst zugesagt, aber dann wollte er meinen Acker doch nicht abernten", sagt Hans Gräbner, während der Häcksler einen dicken Strahl zerkleinerter Silphie-Pflanzen auf den Hänger bläst. "Er meinte, da käme nur ein halber Hänger voll zusammen", fügt Gräbner hinzu und grinst, denn schon nach einer guten Hälfte des Ackers ist zu erkennen, dass auch ein ganzer Anhänger nicht reicht. Am Ende wird Hans-Jürgen Scheler vom Agrarbetrieb im thüringischen Ehnes Hans Gräbner telefonisch mitteilen, dass auf seinem Dreiviertel Hektar großen Acker gut 20 Tonnen geerntet wurden.
Wenn die Pflanze im kommenden Jahr ihre volle Bestockung erreicht hat und die Witterung besser ist als heuer, dann rechnet der erste Coburger Silphie-Bauer trotz des schlechten Bodens mit deutlich über 30 Tonnen Ausbeute.
"Wenn wir früher hätten ernten können, dann wäre es heuer schon mehr gewesen", ist auch Scheler überzeugt. Durch den späten Erntezeitpunkt hat die Silphie schon zurückgesetzt und an Masse verloren.Er kann sich gut vorstellen, den Anbau dieser Pflanze bei Ehnes auf größeren Flächen zu versuchen. Auch für ihn ist entscheidend, dass die Pflanze gesät werden kann. Doch genau das soll in mehreren Versuchen in den neuen Bundesländern schon mit steigendem Erfolg gelungen sein.
Andere Anbauversuche
Optimistisch ist auch der Regensburger Energieversorger Rewag. Zusammen mit dem Biogas-Unternehmen Schmack startete Rewag einen Anbauversuch auf drei Hektar Ackerland. Wie erwartet wurde im ersten Sommer kein Ertrag erzielt. Im zweiten Jahr (heuer) wurde mit 40 Tonnen pro Hektar gerechnet. In den kommenden Jahren der Nutzung geht Rewag von 50 Tonnen Ernte aus.
"Topagrar" zitiert Schmack-Geschäftsführer Tino Weber: "Wir sehen in der Durchwachsenen Silphie eine attraktive Ergänzung zu herkömmlichen Energiepflanzen. Sie verbindet ökologische und ökonomische Vorteile in besonderem Maße." Dass es lange dauert, bis der Silphie-Acker den ersten Ertrag liefert, wird auch weiterhin für Zurückhaltung bei den Landwirten in der Region sorgen. Doch auf begrenzten Flächen, bei denen Interesse an arbeitsextensiver Nutzung besteht, könnte ein Flickenteppich mit kleineren Silphie-Flächen in der Feldflur erheblichen ökologischen Nutzen bringen. Wie weit sich diese noch recht neue Pflanze etablieren kann, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie der Anbau möglicherweise gefördert wird. Ein Aspekt, den Hans-Jürgen Scheler für den Agrarbetrieb in Ehnes bereits im Hinterkopf hat.
Dass ein direkt an die Versuchsfläche der Silphie in Gereuth angrenzender Maisacker ein recht erbärmliches Bild bietet, stärkt Hans Gräbner in seiner Überzeugung, das die Silphie gerade bei schlechten Bedingungen dem Mais einmal den Rang ablaufen wird. Einen Partner für die Ernte im kommenden Jahr muss er sich jedenfalls nicht mehr suchen. Scheler hat schon zugesagt.